Die Samurai sollen lernen, sich in der Konzentration auf den Kampf frei zu machen - Angst und alle störenden Gedanken auszublenden. Ein Schwertmeister drückt es im 17. Jahrhundert so aus: Ein Erleuchteter brauche keine Anweisungen. Er handle frei und spontan. Denn er besitze als Mann große Erkenntnis und große Tatkraft. Das Schwert des Samurai am Gürtel des zum Kampf gerüsteten Kriegers ist Ausdruck von Stolz und der Persönlichkeit seines Besitzers.

"Vor einem Monat begann ich schon mit meinem Designer darüber zu reden. Ich mag den Geist der Samurai. In Aragon haben mein Bruder [Alex Marquez] und Hector [Martin, persönlicher Betreuer] die Idee zum ersten Mal gebracht. Ich habe gesagt: 'Ok, wenn ihr es vorbereitet, dann werde ich alles mitmachen.' Mein Bruder hat mir dann alles erklärt, als ich auf der Auslaufrunde an die Stelle kam. Ich war total nervös, weil ich nicht wusste, was passiert. Sie wussten aber, dass ich die Samurai mag. Das war schön", beschrieb Marc Marquez.

Das Schwert des Samurai ist Symbol für seine Tapferkeit, Macht und Autorität. Passender hätte die Aktion zur Feier des zweiten MotoGP-Titels von Marquez wohl nicht ausfallen können. Der Spanier hat den Geist eines Samurai, er ist ein Kämpfer, steckt zurück, wenn es nötig ist und greift an, wenn die Zeit gekommen ist. Mit dem zweiten Platz beim Japan Grand Prix erfüllte er vor allem seinen Bossen einen Traum: Honda gewinnt den Titel zum ersten Mal zu Hause.

Nach dem Rennen hielt Marquez in Kurve drei an, wo sein Bruder bereits mit drei traditionell gekleideten Freunden wartete, die dem Titelverteidiger ein Samurai-Schwert überreichten. Marquez kniete sich damit hin und ließ sich von den begeisterten Japanern auf der Bühne feiern und das zu recht. Marquez zeigte - zugegebenermaßen auch ohne das historische Schwert - Tapferkeit, Macht und Autorität und erfüllte seine japanischen Arbeitgeber, seine Crew, seine Familie und seine Fans mit Stolz. Wir gratulieren mit einer tiefen Verneigung.

Zu spät zum Zaubern

Ja, in Japan drehte sich alles um den alten und neuen Weltmeister. Wie Jorge Lorenzo bemerkte: "Er war die ganze Saison über der beste Fahrer und hat den Titel mehr als verdient." Dem können wir uns nur anschließen. Dennoch wollen wir auch den Mallorquiner nicht vergessen. Lorenzo gewann wieder einmal das Rennen, in dem sich Marquez zum Champion erklärte und er damit nahezu komplett unterging.

Keiner fährt so präzise wie Jorge Lorenzo, Foto: Yamaha
Keiner fährt so präzise wie Jorge Lorenzo, Foto: Yamaha

Doch was Lorenzo in Motegi zeigte war genau das, was wir eigentlich schon die ganze Saison über vom zweifachen MotoGP-Champion sehen wollten: Saubere Linien, ein unaufhaltsames Tempo und eine Präzision, wie sie kein anderer im Feld der Königsklasse auf die Strecke zaubern kann. Sehr schade, dass der Yamaha-Fahrer seine Magie erst so spät in dieser Saison wieder zum Leben erwecken konnte. Aber vielleicht lernt er aus seinen Fehlern zu Saisonbeginn und wird 2015 wieder zum richtig gefährlichen Gegner des Samurai.

Ein großes Lob geht auch an Valentino Rossi, dem es gelang das unglaublich hohe Tempo von Lorenzo und Marquez bis zum Ende mitzugehen - trotz Fingerschmerzen und nach seinem heftigen Sturz im letzten Rennen. Der Yamaha-Pilot hätte alles gegeben, um der Konkurrenz auf der heimischen Strecke den Triumph zu versauen. Leider sollte es nicht ganz reichen. Für Dani Pedrosa reichte es nicht einmal zum Podest. Sah der kleine Spanier am Samstag noch aus, als könnte er seinem Teamkollegen die Tour versauen, sah er im Rennen keinen Stich. Zumindest konnte er aber noch genügend WM-Zähler retten, um nun Punktgleich mit Rossi zu liegen und noch nicht hinter ihm.

Randgeschichten

Neben WM-Punkten gab es am Wochenende auch Strafpunkte - und zwar zu Recht für zwei Fahrer in der MotoGP. Wer sich wie wir gewundert hat, warum Yonny Hernandez die letzte Runde im Rennen nicht beendete, bekommt hier die Auflösung: Aleix Espargaro hat den Pramac-Piloten klassisch abgeschossen. Ein Bild dazu gab es leider nicht, aber definitiv nicht die feine englische Art, einen Zweikampf für sich zu entscheiden.

Dabei sehen sie so sypathisch aus, diese Japaner, Foto: Milagro
Dabei sehen sie so sypathisch aus, diese Japaner, Foto: Milagro

Und definitiv nicht die feine japanische Art war Hiroshi Aoyamas Umgang mit seinen Landsleuten. Als der Lokalmatador im dritten Freien Training am Samstag stürzte und sein Bike unbedingt wieder auf die Strecke bringen wollte, halfen ihm die Streckenposten nicht bei seinem Vorhaben - obwohl es bei Aoyama zumindest an der Sprachbarriere nicht hätte hapern sollen. Aus reiner Verzweiflung schlug der Aspar-Pilot einem Streckenposten ins Gesicht. So beeindruckend kreativ die japanischen Fans sind und so freundlich alle Japaner auch wirken: Beim Umgang miteinander herrscht wohl ein rauerer Ton als gegenüber Gästen. Wieder was gelernt.