So ungern es die Fans von Jorge Lorenzo und Marc Marquez auch hören wollen: Valentino Rossis Sieg in Misano war das Beste, was der MotoGP passieren konnte. Die Atmosphäre und Stimmung während und vor allem nach dem Rennen auf dem Misano Word Circuit Marco Simoncelli wird zweifellos in dieser Saison ihresgleichen suchen. Weder Lorenzos vierter Sieg in Folge in Misano noch der mögliche Rekord von Marquez mit zwölf Siegen in einer Saison hätten den neutralen Fans und weltweit Millionen Zuschauern vor den TV-Geräten einen derart unvergesslichen Moment bescheren können -von den Tifosi an der Strecke ganz zu schweigen.

Die abertausenden Tifosi in Misano sorgten für pure Gänsehautstimmung, Foto: Yamaha
Die abertausenden Tifosi in Misano sorgten für pure Gänsehautstimmung, Foto: Yamaha

Außer dem grandiosen Triumph des 'Dottore' hatte der Sonntag in San Marino durch alle Klassen hinweg jedoch noch einiges mehr zu bieten, was eines genaueren 'zweiten Blicks' bedarf. Wir haben für euch in unserer Auslaufrunde wieder einmal alles Wissenswerte aus einem etwas anderen Blickwinkel zusammengefasst...

Juhu! Auch Marquez ist nur ein Mensch

In der langen Geschichte unserer Spezies war es noch keinem Menschen vergönnt, Kontakt zu Lebensformen aus dem fernen Weltall aufzunehmen. Bei Betrachtung der Leistungen des Marc Marquez in dieser Saison kam das eine oder andere Mal jedoch bereits der Gedanke auf, dass sich die Außerirdischen vielleicht doch schon unbemerkt bereits unter uns gemischt haben. Nachdem er seinem ersten 'Fauxpas' mit Platz vier in Brünn durch sechs Session-Bestzeiten und dem Sieg in Silverstone den Anstrich einer Ausnahme verpasste, die die Regel bestätigt, bewies Marquez in Misano: Auch ich bin nur ein Mensch! Das erleichterte Seufzen aus den Fanlagern der Herren Rossi, Lorenzo und Pedrosa dürfte hingegen wohl tatsächlich einige Aliens auf entfernten Planeten aus dem Schlaf gerissen haben.

Der Tag der Doppelsiege: Bier, Bier und ein Party-Telefon

Das Rennergebnis der drei Klassen sorgte für ein Novum in dieser Saison: Sowohl in der Moto3, der Moto2 als auch der MotoGP siegten Teamkollegen. Bei den 'Kleinsten' herrschte über das gesamte Rennen hinweg ein spannender Zweikampf zwischen den Estrella-Galicia-Piloten Alex Rins und Alex Marquez, den ersterer mit der Lächerlichkeit von 42 Tausendstelsekunden Vorsprung für sich entschied. Nicht nur, dass Rins die Nummer 42 auf seinem Bike spazieren trägt, ist dabei erwähnenswert. Ebenso gilt es hervorzuheben, wie herzlich und fair sich die beiden WM-Rivalen nach dem Rennen noch auf den Bikes gratulierten und auch auf dem Podest ausgelassen miteinander feierten. Liegt das etwa am alkoholfreien spanischen Bier?

Bittere WM-Rivalen, faire Sportsmänner und super Teamkollegen: Alex Marquez und Alex Rins, Foto: Estrella Galicia
Bittere WM-Rivalen, faire Sportsmänner und super Teamkollegen: Alex Marquez und Alex Rins, Foto: Estrella Galicia

Bei Moto2-Dominator Marc VDS herrscht zwischen den beiden Piloten Tito Rabat und Mika Kallio im Vergleich dazu jedoch eher Eiszeit. Und das nicht nur, weil mit dem Finnen Kallio ein 'Iceman' in den WM-Kampf der Teamkollegen involviert ist. Während Rabat auch im kommenden Jahr für das Team des niederländischen Biermoguls Marc van der Straaten an den Start geht, wittert der bereits 31-jährige Kallio, der im kommenden Jahr durch Alex Marquez ersetzt wird, wohl die letzte und einzige Chance seiner Karriere auf den Weltmeistertitel. Dass außer einer kurzen Gratulation für den Teamkollegen nach Niederlagen da eher 'Düster-Stimmung' herrscht, ist allerdings verständlich. Nach ein paar Bier werden sich die beiden aber auch gestern sicher wieder lieb gehabt haben.

Das Verhältnis der Yamaha-Superstars Valentino Rossi und Jorge Lorenzo ist - zumindest vor der Kamera - wie immer vorbildlich und von großem Respekt geprägt. Lorenzo freute sich für Team und Teamkollegen, auch wenn er zum vierten Mal in Serie am ersten Saisonsieg vorbeischrammte. Rossi hingegen lobte sämtliche Mitglieder der 'Big4' als die härtesten Kontrahenten seiner Karriere. Durch den Hauptsponsor Movistar können sich die Yamaha-Piloten sicher auch privat stundenlang umsonst mit Komplimenten eindecken - oder dann doch geheim ihrem Ärger Luft machen?

Bradl, Bradl, Bradl! So wird das nichts mit den Top-10!

Stefan Bradl hat nach Misano allen Grund, niedergeschlagen zu sein, Foto: LCR Honda
Stefan Bradl hat nach Misano allen Grund, niedergeschlagen zu sein, Foto: LCR Honda

Nach einer beeindruckenden Saison 2013 schien Stefan Bradl auf dem richtigen Weg, sich in der zweiten Spitzengruppe der MotoGP zu etablieren. In diesem Jahr läuft es für den einzigen Deutschen in der Zweirad-Königsklasse hingegen alles andere als rund. Nach 13 von 18 Rennen liegt Bradl lediglich auf dem neunten Gesamtrang, punktgleich mit Tech-3-Pilot Bradley Smith. Klar ist der Honda Production Racer im Vergleich zur Konkurrenz nicht auf dem Niveau der Satelliten RC213V des Vorjahres, jedoch ließ auch Bradl selbst in dieser Saison leider zu oft die nötige Klasse vermissen. Bereits vier punktelose Rennen nach Stürzen sowie die Nullnummer trotz 'Pole Position' beim Heimspiel auf dem Sachsenring sprechen leider eine nicht ganz undeutliche Sprache...

Kritik an der Rennleitung: Folgers Strafe lächerlich!

Die Regeln waren für alle Piloten bereits im Vorfeld klar definiert: Wer die Strecke verlässt, um abzukürzen oder sich so durch eine bessere Rennlinie einen Vorteil zu verschaffen, muss den Hintermann passieren lassen. Bei einem engen Kampf oder nur geringem Vorsprung ist gegen diese Regel auch aus meiner Sicht absolut nichts einzuwenden. Im Fall Jonas Folger stellte sich die Situation jedoch leicht anders dar. Mit knapp fünf Sekunden Vorsprung auf Rang acht war Folger als Siebter unterwegs, als die Rennleitung ihm für eine Abkürzung bei der Einfahrt auf die erste Gegengerade die fällige Strafe auferlegte.

Jonas Folger war nach seiner überzogenen Strafe verständlicherweise am Boden zerstört, Foto: AGR Team
Jonas Folger war nach seiner überzogenen Strafe verständlicherweise am Boden zerstört, Foto: AGR Team

Folger, der zu diesem Zeitpunkt im letzten Renndrittel rasant unterwegs war, hatte per Reglement fünf Runden Zeit, die Strafe abzuleisten. Jedoch hätte er sich nicht nur um fünf Sekunden und eine Position zurückfallen lassen müssen, sondern wäre Gefahr gelaufen, gar noch weitere Plätze zu verlieren, da hinter ihm nicht ein Pilot, sondern eine Kampfgruppe aus mehreren Bikes unterwegs war. Wie die Rundenzeiten im Anschluss zeigten, hatte Folgers 'Shortcut' nicht die geringste Auswirkung, schon gar nicht die eines Vorteils. Erst zu spät kappierte Folger, was die Rennleitung von ihm wollte. Obwohl er sich bereits hatte zurückfallen lassen, musste er anschließend noch eine Durchfahrtsstrafe auf sich nehmen, verpasste so gar die Punkte.

Meine Meinung dazu muss ich mir jetzt leider aber aufsparen, da das Internet der heutigen Zeit leider weder vergisst, noch verzeiht. Das Wort lächerlich hätte in meinem Kommentar aber sicher einen angemessenen Platz gefunden...