Warum wir alle die MotoGP so lieben, stellte der Rennsonntag in Silverstone einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis. Durch die drei Klassen hinweg boten die Piloten Racing, Action, Gänsehaut, Emotionen und Spannung pur. Nachdem sich der Dunst über der britischen Traditionsstrecke so langsam verflüchtigt hat, wagen auch wir noch einmal einen 'zweiten Blick' zurück auf das sensationelle Rennwochenende...

Rossi: Rekord aufgestellt, Fluch gebannt...trotzdem traurig

Dass Erfolg nicht immer glücklich macht, zeigte MotoGP-Veteran Valentino Rossi mit seiner Reaktion auf den ewigen Startrekord in der MotoGP. Mit nun 246 Rennen in der Zweirad-Königsklasse liegt der 35-jährige Italiener vor Alex Barros (245) alleine an der Spitze dieser Bestenliste: "Ich bin sehr stolz und das ist eine große Auszeichnung. Denn es bedeutet, dass ich mich hier schon eine sehr lange Zeit halte", verriet Rossi. "Aber es ist wohl der Rekord, den ich am wenigsten mag, denn er bedeutet, dass ich schon sehr alt bin. Es ist eigentlich also ein trauriger Rekord", fügte der neunfache Weltmeister lachend an. Über diese schlimme Trauer half dann wohl nicht einmal der erste Podestplatz in Silverstone im vierten Anlauf hinweg...armer Doktor!

Boxer Marquez: Wirkungstreffer untermauert klaren Punktsieg

Marc Marquez und Jorge Lorenzo lieferten sich einen Kampf am Limit, Foto: Yamaha
Marc Marquez und Jorge Lorenzo lieferten sich einen Kampf am Limit, Foto: Yamaha

An Marc Marquez scheint wahrlich ein guter Boxer verloren gegangen. Wäre die aktuelle MotoGP-Saison ein Boxkampf, hätte der unangefochtenen Leader soeben einen souveränen Punktesieg ins Ziel gebracht. Elf der zwölf Runden entschied Marquez für sich - doch damit nicht genug. Um bei den Ringrichtern auch den letzten Zweifel an seinem Sieg auszuräumen, setzte Marquez kurz vor Ende dann noch einmal einen klaren Wirkungstreffer! Im knallharten 'Duell der Giganten' gegen Erzrivale Jorge Lorenzo verhalf dem Honda-Superstar ein doppelter Intensivkontakt an den äußeren Grenzen der Fairness zum entscheidenden Manöver in der Schlussphase. Beide Piloten waren sich jedoch einig: "That's Racing!"

Riese Rabat: So wird man(n) Weltmeister!

Nach seinem Traumstart in die Moto2-WM mit vier Siegen aus den ersten sieben Rennen schien bereits früh klar: Tito Rabat kann sich auf dem Weg zum Titel nur selber stoppen. Insgesamt nur 34 Punkten aus drei enttäuschenden Auftritten in Assen, am Sachsenring und in Indy warfen jedoch berechtigte Zweifel an der mentalen Stärke des Spaniers auf: Aus dem furchtlosen Racer schien ein mutloser Sicherheitsfahrer geworden, der nur noch mit dem Rechenschieber auf die Strecke geht und auf Ankommen fährt. Nachdem ausgerechnet Teamkollege Mika Kallio bis auf sieben Zähler heranrückte, zündete Rabat jedoch wieder seinen Turbo. Dem souveränen Triumph in Brünn ließ er in Silverstone mit einer wahnsinnigen Aufholjagd "das Rennen seines Lebens folgen" - entriss Kallio so kurz vor dem Ziel noch den sicher geglaubten Sieg. Chapeau, Tito!

Mit einem harten Manöver kämpfte sich Tito Rabat gegen Mika Kallio zum Sieg, Foto: Marc VDS Racing
Mit einem harten Manöver kämpfte sich Tito Rabat gegen Mika Kallio zum Sieg, Foto: Marc VDS Racing

Rechenkünstler Rins: Große Fortschritte beim 'kleinen Einmaleins'

Er kann es also doch! Nachdem das Rennen in Brünn große Fragezeichen hinsichtlich der mathematischen Fähigkeiten Alex Rins' aufgeworfen hatte, bewies der Moto3-Vizeweltmeister, dass er sehr wohl zählen gelernt hat. Nur zwei Wochen, nachdem er in Führung liegend eine Runde zu früh in Jubelstürme ausbrach und statt des Siegeschampagners als Neunter letztlich nur Wasser (und Brot) in seiner Teambox vorfand, sicherte sich Rins in einem Milimeterkrimi den ersten Saisonsieg. Mit elf Tausendstelsekunden vor Teamkollege Alex Marquez bekam er die Zielflagge geschwenkt - und verbannte somit endgültig die bösen Brünn-Dämonen. Respekt Alex, So kommt nicht jeder zurück!

Tänzer Bastianini: 'Prügelopfer' beweist Diskotauglichkeit

Ein neuer Star am Moto3-Himmel? Enea Bastianini stand 2014 bereits drei Mal auf dem Podest, Foto: Gresini
Ein neuer Star am Moto3-Himmel? Enea Bastianini stand 2014 bereits drei Mal auf dem Podest, Foto: Gresini

Was für ein Tag für Moto3-Pilot Enea Bastianini! Nur zwei Wochen nach seinem sensationellen zweiten Platz in Brünn durchlebte das 16-jährige italienische Supertalent ein wahres Wechselbad der Gefühle. Nach zwischenzeitlicher Führung und einer beherzten Fahrt in der vierköpfigen Spitzengruppe musste sich Bastianini in einem Herzschlagfinale um lediglich 72 Tausendstelsekunden geschlagen geben - und wurde somit hinter Alex Rins und Alex Marquez Dritter. Doch mit der knappen Niederlage nicht genug: Auf der Ehrenrunde schoss der unachtsame Karel Hanika Bastianini kurzerhand unsanft vom Bike, als dieser soeben Rennsieger Rins gratulierte. Trotzdem ließ sich die 'Bestia' die jugendliche Freude nicht verderben - und hüpfte tanzend aufs Podest zur Siegerehrung.