Wenn in der Vergangenheit in der Königsklasse des Motorradsports die Titelentscheidung im letzten Rennen fiel, hielt das Schicksal oft die verrücktesten Ereignisse bereit. Häufig spielten sich große Dramen aufgrund von Defekten, Stürzen oder Kollisionen ab. Nicht selten wurde der letzte Grand Prix der Saison aber auch zur Triumphfahrt für den kommenden Weltmeister. Auch in dieser Saison ist beim Großen Preis von Valencia noch alles möglich. Wir zeigen euch, was beim Saisonfinale für Marc Marquez noch schief laufen, oder wie er den Titel einfahren kann.

Szenario eins: Technischer Defekt für Marquez

Zugegeben, eine Variante die bei den äußerst seltenen schwerwiegenden Defekten im Motorradsport, insbesondere der MotoGP, unwahrscheinlich erscheint. Doch derart ausgeschlossen ist sie gar nicht. Fünf Motoren stehen jedem Piloten zur Verfügung, sowohl Marquez als auch Lorenzo haben bereits alle ihre Aggregate benutzt. Lorenzo hatte im Qualifying von Valencia bereits Probleme mit seinem bevorzugten Motor und musste auf sein Ersatzbike wechseln. Ein Motorschaden ist also im Bereich des Möglichen. Sollte das Marquez mit seiner Honda passieren und Lorenzo Vierter oder besser werden, ist der aktuelle Weltmeister auch der neue.

Szenario zwei: Marquez stürzt

In Assen legte Marquez einen spektakulären Sturz hin, Foto: Milagro
In Assen legte Marquez einen spektakulären Sturz hin, Foto: Milagro

Nicht weniger als 15 Mal flog Marc Marquez in seiner Rookie-Saison ab, zwölf Mal öfter als sein Konkurrent Jorge Lorenzo. Nur einmal, nämlich in Mugello, konnte er ein Rennen aufgrund eines Sturzes nicht beenden. Ob das nun einfach Glück ist oder doch eine unglaubliche Fähigkeit, im entscheidenden Moment Fehler zu vermeiden, sei dahin gestellt. Klar ist aber: Kein Pilot in der MotoGP-Klasse fährt derart aggressiv wie Marquez und trotz seiner hervorragenden Reaktionsfähigkeit kann auch ihm in jedem Rennen ein Crash passieren. Vor allem, wenn man als 20-Jähriger unter derartigem Druck steht wie der Mann aus Cervera. Natürlich kann auch Lorenzo zu Boden gehen, doch in der Regel sitzt der routinierte Weltmeister sicherer im Sattel als sein Gegner.

Szenario drei: Marquez muss ans Ende der Startaufstellung

Dieser Sturz brachte Marquez zwei Strafpunkte ein, Foto: Milagro
Dieser Sturz brachte Marquez zwei Strafpunkte ein, Foto: Milagro

Marc Marquez machte sich in dieser Saison mit seiner aggressiven Fahrweise nicht nur Freunde. Häufig sah die Konkurrenz seinen Fahrstil als zu gefährlich an, zwei Mal wurde er dafür auch bestraft. Nach seinem Sturz unter gelber Flagge in Silverstone, bei dem seine RC213V beinahe die Streckenposten, die gerade Cal Crutchlows Yamaha entfernten, getroffen hätte, bekam er zwei Strafpunkte aufgebrummt. Für seine Kollision mit Dani Pedrosa in Aragon, durch die er seinen Teamkollegen aus dem WM-Kampf genommen hatte, gab es einen Strafzähler in die Akte. Somit fehlt Marquez nur noch ein Punkt auf eine Strafversetzung an das Ende der Startaufstellung. Leistet er sich also am Sonntag im Warm Up einen Fauxpas, könnte ihm diese Bestrafung drohen. Dann würde auf Marquez definitiv ein hartes Stück Arbeit warten, auch wenn er letztes Jahr im Moto2-Rennen bewies, dass er auch vom letzten Platz gewinnen kann.

Szenario vier: Marquez verpatzt den Start

Selten erwischte der WM-Leader den besten Start, Foto: Bridgestone
Selten erwischte der WM-Leader den besten Start, Foto: Bridgestone

Wenn man in dieser Saison eine Schwachstelle bei Marc Marquez ausmachen kann, dann sind es sein Rennstarts. Regelmäßig musste er sich am Start geschlagen geben, nicht selten verlor er mehrere Positionen. Bisher gelang es ihm meist, die verlorenen Plätze relativ schnell wieder gut zu machen. Am Sonntag in Valencia könnte das anders aussehen. Die Strecke an der spanischen Mittelmeerküste ist eng und kurvig, dementsprechend schwierig gestalten sich Überholmanöver. Desweiteren wartet in Reihe zwei mit Valentino Rossi, Cal Crutchlow und Bradley Smith geballte Yamaha-Power. Rossi und Crutchlow sicherten Lorenzo bereits ihre Unterstützung zu, Smith wird kaum aus der Reihe tanzen. Sollte Marquez also durch einen schlechten Start hinter das Trio zurückfallen, hat er ein schwerwiegendes Problem.

Szenario fünf: Marquez dominiert das Rennen

Im Qualifying war Marc Marquez nicht zu schlagen, 0,340 Sekunden brachte er zwischen sich und Jorge Lorenzo. Könnte der WM-Leader im Rennen eine ähnliche Pace gehen und Lorenzo seine technischen Probleme nicht in den Griff bekommen, ist ihm der Sieg wohl nicht zu nehmen. Eine Alleinfahrt Marquez an der Spitze des Feldes ist aber nicht zu erwarten. Das ist definitiv nicht die typische Rennanlage des Rookies. Die Konkurrenz in Führung liegend in Grund und Boden zu fahren ist eher der Stil Lorenzos. Sollte Marquez tatsächlich das gesamte Rennen anführen und mehrere Sekunden Vorsprung auf seine Verfolger herausfahren, würde er den Beobachtern eine neue Seite zeigen.

Szenario sechs: Marquez fährt sicheren vierten Platz ein

Auch das ist nicht der Stil des Überfliegers. Seine Honda um die Strecke zu schleppen kommt für Marquez aber eher nicht in Frage, wie er bereits am Freitag bestätigte: "Ich glaube, mit einem MotoGP-Bike muss man pushen. Wenn man das nicht tut funktioniert das Setup nicht richtig und man bekommt die Reifen nicht auf Temperatur. Ich muss meinen Fahrstil nutzen um so schnell wie möglich zu sein, am Ende des Rennens kann man dann vielleicht auch etwas taktieren." Für dem WM-Leader gibt es also wohl über weite Strecken des Rennens erneut nur volles Risiko.