Unglaublich, aber wahr: In den letzten 20 Jahren wurde der Titel in der Königsklasse der Motorrad-WM nur ein einziges Mal erst im letzten Rennen entschieden. Motorsport-Magazin.com musste in den Geschichtsbüchern und MotoGP-Statistiken deshalb ganz schön weit zurückblättern, hat aber die spannendsten Final-Duelle der Geschichte ausfindig gemacht - als kleine Einstimmung auf ein hoffentlich episches letztes Rennen der Saison in Valencia.

2006: Rossi stürzt, Hayden sagt Danke

Die letzte Finalentscheidung erlebten die MotoGP-Fans vor sieben Jahren. Ein konstanter Nicky Hayden (nur zwei Siege, aber zehn Mal auf dem Podium) duellierte sich mit einem wankelmütigen Valentino Rossi (fünf Siege, aber drei Ausfälle), der die WM zuvor fünf Mal in Folge gewonnen hatte. Die Führung in der Meisterschaft wechselte mehrfach, Rossi kam als WM-Leader mit einem Vorsprung von acht Punkten zum Finale. Dort eroberte er die Pole Position, kam am Start aber ganz schlecht weg. Auf Rang sieben liegend rutschte der "Doktor" in Runde fünf zu allem Überfluss auch noch weg. Er nahm das Rennen zwar auf Rang 20 wieder auf und kämpfte sich auf Platz 13 nach vorne, doch da Hayden einen souveränen dritten Rang einfuhr, krönte er sich zum Weltmeister.

1992: Angeschlagener Doohan verliert

Als amtierender Vizeweltmeister dominierte Mick Doohan die erste Saisonhälfte 1992, gewann fünf von sieben Rennen und wurde in den anderen beiden Zweiter. Doch dann kam Assen. Doohan stürzte im Training und verletzte sich das rechte Bein so schwer, dass sogar eine Amputation im Raum stand. Der Australier musste vier Rennen aussetzen, in denen Doppel-Weltmeister Wayne Rainey Punkt um Punkt aufholte. In Interlagos wagte Doohan sein Comeback, wurde nur 13. und da Rainey gewann, hatte dieser vor dem Finale in Kyalami nur noch zwei Zähler Rückstand. Doohan biss die Zähne zusammen und erkämpfte beim Finale einen sechsten Platz. Das war allerdings zu wenig, weil Rainey als Dritter genug Punkte machte, um am Ende seinen dritten Titel bejubeln zu dürfen.

1989: US-Legenden unter sich

Rainey und Lawson: Heute Freunde, damals erbitterte Rivalen, Foto: Milagro
Rainey und Lawson: Heute Freunde, damals erbitterte Rivalen, Foto: Milagro

Der Eine war dreifacher Weltmeister, der Andere der aufstrebende Stern am Yamaha-Himmel. Eddie Lawson und Wayne Rainey duellierten sich um den WM-Titel 1989. Der Abstand des Duos betrug beim Finale im brasilianischen Goiania allerdings 16 Punkte (damals gab es 17 Zähler für Platz zwei und 20 für den Sieg). Rainey eroberte die Pole Position, konnte sein Tempo aber nicht über die Renndistanz von 32 Runden halten. Während sich Kevin Schwantz und Lawson um den Sieg duellierten, fuhr Rainey als abgeschlagener Dritter ins Ziel und musste seine Titelträume damit begraben.

1983: Duell der Generationen

1983 war das Jahr einer großen Wachablöse. Kenny Roberts verabschiedete sich nach sechs Jahren aus der Motorrad-WM, Freddie Spencer hatte sich im Jahr zuvor zum jüngsten GP-Sieger aller Zeiten gekrönt und strebte nun danach, in die Fußstapfen von Roberts zu treten. Das Duo lieferte sich einen furiosen Kampf über die gesamte Saison, in der sie keinem anderen Fahrer einen Saisonsieg überlassen sollten. Zum Finale nach Imola kam Spencer mit fünf Punkten Vorsprung. Roberts Aufgabe in seinem letzten Wochenende in der WM war simpel: Er musste gewinnen und Spencer durfte maximal Dritter werden. Roberts zündete den Turbo, holte die Pole Position und siegte trotz schlechten Starts mit schnellster Rennrunde. Allerdings bekam er keine Schützenhilfe und Spencer fuhr als Zweiter mit nur 1.2 Sekunden Rückstand in Sichtweite zu Roberts ins Ziel und setzte sich die Krone auf - als bis heute jüngster Pilot.

1980 und '81: Mamolas Trauma

Randy Mamola konnte als vierfacher Vizeweltmeister nie einen WM-Titel gewinnen. Besonders hart traf es den US-Amerikaner in den Jahren 1980 und 1981, denn beide Male kam er als WM-Zweiter mit intakten Chancen zum Saisonfinale. Gegen den amtierenden Doppel-Weltmeister Kenny Roberts ging es 1980 mit fünf Punkten Rückstand an den Nürburgring. Mamola sicherte sich die Pole Position, konnte seine Position aber nicht halten und kam nur als Fünfter und damit direkt hinter seinem WM-Rivalen Roberts ins Ziel. Ein Jahr später ging es zum Finale nach Anderstorp, wo es nur noch zwischen den beiden Suzuki-Teamkollegen Mamola und Marco Lucchinelli um den Titel ging. Zwar hatte Mamola diesmal neun Punkte Rückstand, doch sein Teamkollege erwischte kein gutes Rennen und wurde nur Neunter. Mamola schaffte es als 13. aber gar nicht in die Punkteränge und ging erneut leer aus.

1978: Rookie sticht Doppel-Champion aus

Kenny Roberts: Bislang der einzige Rookie, der Weltmeister wurde, Foto: Milagro
Kenny Roberts: Bislang der einzige Rookie, der Weltmeister wurde, Foto: Milagro

Barry Sheene war amtierender Doppelweltmeister als ein Neuling namens Kenny Roberts im Alter von 26 Jahren in der 500cc-Klasse erschien. Durch einen Sieg bei Sheenes Heimrennen in Silverstone kam der US-Amerikaner mit acht Punkten Vorsprung auf den Briten zum Finale an den Nürburgring. Platz vier hätte Roberts bereits zum Titelgewinn im Rookie-Jahr genügt, doch der Yamaha-Pilot fuhr sogar als Dritter auf das Podium. Sheene kam erst zwei Sekunden und einen Rang hinter Roberts ins Ziel und musste ihm zur Weltmeisterschaft gratulieren.

1975: Agostinis letzter Streich

Auf MV Agusta war Giacomo Agostini Ende der Sechziger- und Anfang der Siebzigerjahre der unumschränkte Herrscher der Motorrad-WM. Nach seinem Wechsel auf Yamaha sah das anders aus. 1975 kam er allerdings als WM-Leader für die Japaner zum Saisonfinale nach Brünn. Auf Phil Read, der Agostinis siebenjährige Titelserie in der Königsklasse zwei Jahre zuvor beendet hatte, hatte er allerdings nur einen Zähler Vorsprung. Aufgrund der damals gültigen Streichresultat-Regelung konnte der Brite in Brünn aber maximal noch fünf Punkte machen, während Agostini bis zu 15 holen konnte. Read siegte zwar, doch Agostini reichte dank der Streichungen ein zweiter Platz zu seinem achten und letzten Titel in der Königsklasse.