Colin, die Sommerpause scheint dir und Forward gut getan zu haben. In Indianapolis und Brünn warst du im Qualifying jeweils schnellster CRT-Fahrer und bist im Rennen hinter Aleix Espargaro jeweils zweitbester geworden. Seid ihr mit dem Bike nun endlich so weit, dass ihr die ART-Jungs von Aspar ernsthaft herausfordern könnt?
Colin Edwards: Espargaro hat ein gutes Paket und ist meistens voran. Ich würde es lieben, wenn ich tatsächlich Kopf an Kopf mit ihm wäre - aber so ist es leider nicht ganz. Du fährst dir immer den Arsch ab und gibst was du kannst. Seit Indianapolis ist aber ein klarer Aufwärtstrend zu erkennen. Wir sind mit einem Paket gestartet, das nicht einmal nahe an diese Jungs herankam, haben das Motorrad in den letzten paar Rennen aber gar nicht mehr allzu sehr anrühren müssen und haben nun eine gute Basis.

Wo gibt es nach wie vor Probleme?
Colin Edwards: Unser größtes Problem ist: Der Motor liebt es geradeaus zu fahren, aber die Kurven sind immer noch ein Problem. Körperlich ist das einfach sehr anspruchsvoll.

Mit deinen 39 Jahren bist du der erfahrenste Rider im Feld. Werden wir dich 2014 weiterhin in der MotoGP sehen?
Colin Edwards: Ihr seht mich mit Sicherheit bei irgendeinem Team wieder. (ein breites Grinsen zieht sich über Edwards' Gesicht)

Würdest du gerne bei Forward bleiben?
Colin Edwards: Ja, das wäre meine erste Wahl. Ende 2011 wollten wir hier gemeinsam etwas schaffen und aufbauen, das Bestand hat. Es gibt genug Teams, die hier die Hosen runterlassen müssen, für ein Jahr kommen und dann plötzlich ohne Geld da stehen und wieder gehen. Der Ansatz für nächstes Jahr mit den Kunden-Yamahas sieht sehr vielversprechend aus.

Wie sehr würde dich eine Rückkehr auf eine Yamaha freuen?
Colin Edwards: Sehr! (er hebt den rechten Daumen nach oben) Meinen ersten Vertrag mit Yamaha hatte ich 1986, als ich im Alter von zwölf Jahren noch Motocross gefahren bin. Yamaha gehört quasi zu meiner Familie und hat mich immer gut behandelt.

Edwards fuhr drei Jahre für Yamaha und vier für Tech 3, Foto: Milagro
Edwards fuhr drei Jahre für Yamaha und vier für Tech 3, Foto: Milagro

Wie sehr warst du in diesen Deal involviert?
Colin Edwards: Wir sind im vergangenen Jahr in Sepang zusammengesessen und hatten die Idee, dass wir uns doch eine Yamaha organisieren könnten. Ich bin also zu Nakajima (General Manager Motorsport Development) in die Box gegangen und habe ihn gefragt, welche Möglichkeiten es gäbe, eine Yamaha zu bekommen. Ich wollte das schon für 2013, aber das war leider noch nicht möglich. Wie sehr ich in diesen Deal involviert war? So tief drin, wie man nur sein kann!

Wie konkurrenzfähig könnte das Yamaha-Paket nächstes Jahr sein? Werden die Kunden-Motorräder näher an den Prototypen sein als die aktuelle Generation der CRT?
Colin Edwards: Ich denke, es wird alles viel knapper zusammen liegen. Den CRT-Bikes fehlen im Durchschnitt zwei bis drei Sekunden auf die Spitze. Mit dem Paket für nächste Saison kommen wir - so hoffe ich - vielleicht bis auf eine halbe Sekunde heran.

Was geht dir durch den Kopf, wenn du die junge Garde - allen voran Marc Marquez - beobachtest, die noch nicht einmal geboren waren, als du deine ersten Schritte im Motorsport gemacht hast?
Colin Edwards: Es ist phänomenal, was den Jungs alles gelingt und es ist eine Freude, ihnen zuzusehen. Marquez ist ein schneller Mann mit der richtigen Einstellung: Er lächelt immer, hat ein freundliches Wesen und liebt seinen Beruf. Er ist vor allem keine Primadonna - im Gegensatz zu manch anderem Fahrer. Er weiß, dass er kein Arschloch sein muss, nur weil er ein Motorrad schneller fahren kann als die meisten Menschen. Das gibt es heutzutage leider nicht mehr allzu oft. Ich bin schon auf seine weitere Rennsport-Karriere gespannt.

Wenn du dir einen Teamkollegen für nächstes Jahr aussuchen könntest, wer wäre das?
Colin Edwards: Mein Team hat einst meinen Namen genutzt um Reputation zu bekommen. Jetzt benötigen die Fahrer den Namen des Teams, um in ihrer Karriere voranzukommen. Wenn ich an das Team und den weiteren Aufbau denke, wünsche ich mir Nicky Hayden. Wir würden es mit dem Informationsaustausch leichter haben und könnten viel Entwicklungsarbeit in diesem Jahr erledigen. Aleix Espargaro oder Eugene Laverty wären aber auch eine gute Wahl.

Du und Nicky sind gemeinsam mit Ben Spies die letzten Mohikaner der USA in der MotoGP. Wann bekommt ihr wieder Zuwachs?
Colin Edwards: Es gibt ein paar Talente, spontan fällt mir da jetzt Cameron Beaubier oder Joe Roberts ein. In den nächsten zwei Jahren sehe ich zwar keinen, der es in die MotoGP schaffen könnte, aber es gibt ein paar Leute, die es in ein paar Jahren schaffen könnten.

Wie groß ist der Nachteil, den Fahrer aus den USA gegenüber den Europäern haben, die mehr Strecken kennen?
Colin Edwards: Es ist definitiv ein kleiner Nachteil, aber in erster Linie geht es um die richtige Einstellung. Die amerikanische Einstellung ist einfach: Ich reiße dir den Kopf ab und sch**** hinein. So lange man das glaubt, kannst du dich auch ohne diese Vorkenntnisse durchsetzen. Wenn du schon so ankommst und mit eingezogenen Schultern kleinlaut meinst: 'Ich werde versuchen, das Rennen zu gewinnen', kannst du es gleich lassen.