Für das Wochenende in Frankreich waren kalte und nasse Bedinungen angesagt - genau das passierte. Können Sie erklären, wie das die Reifen-Performance in Le Mans beeinflusste?
Shinji Aoki: Die Bedingungen waren wie erwartet, aber das machte es keineswegs einfacher für die Fahrer. Die Asphalttemperaturen waren sehr niedrig, teilweise nur 13 Grad und obwohl wir unsere weichste Mischung mit zu diesem Rennen brachten, bot die Strecke kein hohes Griplevel - das galt besonders morgens. Der allgemeine Konsens der Fahrer war, dass die Aufwärm-Leistung über das Wochenende in Ordnung war, allerdings flogen durch die kühlen Außentemperaturen und den starken Wind einige Fahrer im Training und Qualifying ab. Gleichzeitig bedeuteten die kühlen Bedingungen, dass nur sehr wenige Fahrer den harten Hinterreifen ausprobierten, da den höchstmöglichen Grip und die beste Aufwärmleistung des Hinterrades sicherstellen wollten. Das ist besonders in Le Mans wichtig, da der Kurs ein Stop-and-go-Layout mit vielen Beschleunigungszonen aufweist.

Der Sonntag hielt noch eine andere Herausforderung für die Fahrer bereit, da das Rennen die einzige Phase am Rennwochenende war, als es richitg nass auf der Strecke war. Wenngleich schon das Warm-Up als nass deklariert wurde, regnete es nicht, daher war das stehende Wasser auf der Strecke geringer als zu Beginn des Rennens. Da die Zeit, um ein Regensetup zu finden sehr gering war, entschied sich jeder Fahrer im Rennen für den weicheren Regenreifen.

Tatsächlich entschieden sich alle Fahrer für die weiche Lösung, aber wäre der harte Regenreifen nicht die bessere Option gegen Ende des Rennens gewesen, als die Strecke wieder trockener war?
Shinji Aoki: Einige Fahrer probierten die harte Mischung im Warmup sowohl vorne als auch hinten. Andere Fahrer fuhren in der Aufwärmrunde ein Set harter Regenreifen an. Allerdings war es so kalt und das Grip-Level damit so gering, dass sich jeder Fahrer für die weiche Mischung als bessere Lösung entschied. Meiner Meinung nach war das auch die bessere Entscheidung. Obwohl es zum Ende des Rennens hin trockener wurde, war der Abbau der weichen Reifen noch im akzeptablen Bereich, daher glaube ich nicht, dass der härtere Reifen einen Leistungsvorteil im fortgeschrittenen Rennen geboten hätte. Wäre es ca. fünf Grad wärmer gewesen, glaube ich, hätten einige Fahrer sich für die härtere Variante entschieden und diese Variante hätte ihnen einen Performance-Vorteil - zum Beispiel beim Bremsen - bringen können.

Jorge Lorenzo beklagte sich über fehlenden Grip am Hinterreifen; hatte das etwas mit dem Reifen zu tun?
Shinji Aoki: Es wurde im Rennen klar, dass Jorge Schwierigkeiten hatte, da er die Pace der Führungsgruppe nicht mitgehen konnte. Unmittelbar nach dem Rennen hatte er eine Besprechung mit seinem Reifeningenieur, in welcher das Fehlen des Hinterradgrips erklärte. Wie immer in solchen Situationen untersuchte sein Ingenieur Jorges Rennreifen und fand heraus, dass er gut gearbeitet hatte. Ich untersuchte den Reifen zusätzlich und sprach persönlich mit den Yamaha-Ingenieuren und wir alle kamen überein, dass sein fehlender Grip am Hinterrad nichts mit den Reifen zu tun hatte. Obwohl alle Fahrer mit den gleichen Reifen und bei identischen Bedingungen im Rennen unterwegs waren, erhielten wir viele Verschiedene Kommentare bezüglich des Gefühls auf der Strecke. Wenn das Grip-Level sehr niedrig ist, ist das Setup der Maschine sehr kritisch, da die kleinste Einstellungsänderung einen enormen Einfluss auf die Leistung haben kann. Nichtsdestotrotz war es sehr schade für Jorge, der sich im Warm-Up am Morgen noch so stark zeigte. Wir alle erwarteten ein besseres Ergebnis von ihm, aber er ist ein Champion und ich weiß, dass er schon beim nächsten Rennen wieder zu seiner Höchstleistungen zurückkehren wird.