Wir spulen zurück. Halt! Nein, weiter... weiter... weiter... Stopp! Ja, genau da. Zugegeben, die guten alten amerikanischen Zeiten sind schon eine Weile her. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass US-Amerikaner in der MotoGP weniger erfolgreich waren als all die anderen Nationen und vor allem heißt das noch lange nicht, dass die großen Triumphe nicht wiederkommen können, obwohl die USA als das Land gilt, in dem Superbike die absolute Vorherrschaft besitzt. Schließlich hat das Land der unbegrenzten Möglichkeiten mit Colin Edwards, Nicky Hayden und Ben Spies auch aktuell einiges in der Königsklasse zu bieten. Einen Nachteil gibt es allerdings: Beim Nachwuchs scheint es zu stocken. Bis es mit Weltmeistern aus den USA weitergeht, lehnen wir uns also zurück und schwelgen noch ein wenig in den guten alten Zeiten. Dazu müssen wir aber noch etwas weiter zurückspulen... Genau, da wären wir - Play.

Take One - Kenny Roberts senior

Der erste Pilot, der über den großen Teich kam und es in der Weltmeisterschaft zu Ruhm und Ehren brachte, war Kenny Roberts senior. Noch in seiner AMA-Siegsaison 1974 machte der heute 60-Jährige zur Dutch TT in Assen einen ersten Abstecher in die 250ccm-Klasse und wurde auf Anhieb Dritter. Mit weniger bescheidenen Erwartungen startete er vier Jahre später seine erste volle Saison. Seine Vorab-Ankündigung, direkt den Titel mitzunehmen, brachte ihm schnell den Namen 'Großmaul Roberts' ein. Doch mit seinem amerikanischen Fahrstil gelang es dem Piloten aus Kalifornien tatsächlich, direkt die 500er-Klasse für sich zu entscheiden. Den ersten Titel für Yamaha konnte er sogar in den folgenden beiden Jahren noch verteidigen. Aus 'Großmaul Roberts' wurde 'King Kenny' und eine Legende in der MotoGP. Obwohl er ab 1983 nicht mehr selbst fuhr, war Roberts noch bis 2008 mit einem eigenen Team in der MotoGP vertreten.

Freddie Spencer war einst der jüngste 500ccm-Weltmeister, Foto: Honda
Freddie Spencer war einst der jüngste 500ccm-Weltmeister, Foto: Honda

Take Two - Freddie Spencer

Frederick Burdette Spencer gewann 1983 im Alter von 21 Jahren als jüngster GP-Fahrer seinen ersten 500ccm-Titel. Zwei Jahre später gelang ihm dieses Kunststück erneut, obendrauf gab's im gleichen Jahr sogar noch den 250er-Titel. Dank seines außergewöhnlichen Fahrstils wurde Spencer nicht nur 'Fast Freddie', sondern hin und wieder auch 'der Außerirdische' genannt. Aufgrund vieler Verletzungen und von Ausfallpech blieben die Erfolge nach dem Doppeltriumph allerdings aus. 1993 versuchte Spencer ein Comeback - mit nur zwei Punkten am Saisonende konnte er allerdings keinen amerikanischen Traum verwirklichen. Dafür eröffnete der Fahrer aus Louisiana vier Jahre später die 'Freddie Spencer's High Performance Riding School' und wurde in den Kreis der MotoGP-Legenden aufgenommen.

Take Three - Eddie Lawson

Mit Eddi Lawson landete nach Kenny Roberts senior der nächste US-Star in den WM-Erfolgsbüchern von Yamaha, nachdem er in der US-amerikanischen Superbike-Meisterschaft bereits zwei Titel auf Kawasaki abgeräumt hatte. Mit der 500er-Maschine sicherte sich der heute 44-Jährige 1984, 1986 und 1988 den WM-Triumph in der Königsklasse. Danach wechselte 'Steady Eddie' zu Honda und konnte auch auf dem japanischen Konkurrenzmodell den Sieg in der 500ccm-Klasse feiern, womit er sich als einer der erfolgreichsten Rennfahrer verewigte. Insgesamt stand Lawson 31 Mal auf der obersten Stufe des 500er-Treppchens. Vor 13 Jahren wurde er in die Hall of Fame der FIM aufgenommen, dazu gab es das Prädikat der MotoGP Legende - ein wahres Happy End.

Take Four - John Kocinski

Schon mit 17 Jahren war John Kocinski Werksfahrer bei Yamaha in der AMA, wo er von 1987 bis 1989 gewann. Schon bei seinem Debüt in der 250er WM sicherte er sich die Pole Position. 1989 startet er zum ersten Mal in der 500er Kategorie. Ein Jahr später trat der Pilot aus Little Rock in Arkansas in vier Serien gleichzeitig an und holte auf Anhieb den 250er Titel. Trotz Siegen und starken Platzierungen reichte es für Kocinski nicht mehr für einen GP-Titel. Dafür triumphierte er 1997 mit Honda in der Superbike-WM. Danach versuchte er sich erneut in der 500er WM, allerdings ohne nennenswerte Erfolge. Zum Ende des Jahres 2003 trat der heute 44-Jährige vom aktiven Rennsport zurück.

Take Five - Wayne Rainey

Sein erstes GP-Rennen fuhr Wayne Rainey 1984, nachdem er seine Karriere im Motocross begonnen und später in der US-amerikanischen Superbike Meisterschaft angekurbelt hatte. Sechs Jahre später gelang ihm der Durchbruch in der WM mit seinem ersten 500ccm-Titel. Diesen konnte der Pilot aus Los Angeles zwei Jahre lang verteidigen. Insgesamt feierte er 24 GP-Siege. 1993 beendete ein heftiger Sturz beim italienischen GP in Misano seine Laufbahn abrupt. Durch einen Bruch des sechsten Brustwirbels war Rainey querschnittsgelähmt. Trotzdem verlor er die Lust am Motorradsport nicht und noch heute besucht der 51-Jährige das eine oder andere MotoGP-Rennen als Yamaha-Botschafter. Auch Rainey wurde in den erlauchten Kreis der MotoGP-Legenden aufgenommen.

Kevin Schwantz war einer der Größten seiner Zeit, Foto: Milagro
Kevin Schwantz war einer der Größten seiner Zeit, Foto: Milagro

Take Six - Kevin Schwantz

Eine weitere MotoGP-Legende ist Kevin Schwantz. Nach Dirttrack-Rennen und AMA Superbike Championship startete er 1987 erstmals in der Weltmeisterschaft. Von Anfang an sorgte der wilde Fahrstil des Texaners für Aufsehen. Damit schaffte er es, 1993 seinen ersten 500ccm-Titel nach Hause zu fahren. Insgesamt feierte er mit dem Suzuki-Werksteam 25 Siege und galt als einer der beliebtesten Rennfahrer der Zweirad-Geschichte. Seine Startnummer 34 wird in der Königsklasse ihm zu Ehren nicht mehr vergeben. Der 48-Jährige ist noch heute oft an der Rennstrecke zu sehen und fördert den Nachwuchs in seiner 'Kevin Schwantz Master-School' - ganz nach dem Motto: "Wenn du Gott siehst, dann musst du bremsen."

Take Seven - Kenny Roberts junior

Kenneth Lee Roberts junior war der Weg in den GP-Sport geebnet. 1993 begann er in der 250ccm-Klasse, wo er im Malboro-Yamaha Team mit der Crew seines Vaters startete. Vier Jahre später stieg er mit dem Team Malboro-Roberts in die 500ccm-Kategorie auf. Aber erst bei Suzuki 1999 fuhr der Pilot aus Kalifornien in die Siegerspur. Im Jahr darauf trat er in die Fußstapfen seines Vaters und sicherte sich 19 Jahre nach dem letzten 500er Titel von Kenny Roberts senior den Titel in der Königsklasse. 'Little Kenny' wurde damit nicht nur der sechste US-Sieger in der 500ccm-Klasse, sondern war auch der letzte Titelträger vor Valentino Rossis Triumphserie. Nach der Rückkehr ins Team seines Vaters und dem Umstieg auf 800ccm 2007 fand Roberts junior seine Motivation nicht wieder und zog sich ab dem Katalonien GP zurück.

Take Eight - Nicky Hayden

Nach dem Ausstieg von Kenny Roberts junior tauchte mit Nicholas Patrick Hayden 2003 ein neuer amerikanischer Star am MotoGP-Himmel auf. Schon in seinem ersten Jahr schaffte er es, als Teamkollege von Valentino Rossi mit der Honda aufs Podest zu fahren und wurde zum Rookie of the Year. Zwei Jahre später gelang dem 'Kentucky Kid' der erste Sieg in der Königsklasse beim Heim-GP in Laguna Seca. 2006 gewann Hayden erneut in den USA und in den Niederlanden. Die zweite Saisonhälfte lief allerdings nicht wie erhofft, Tiefpunkt war das vorletzte Rennen in Estoril, in dem er vom damaligen Teamkollegen Dani Pedrosa abgeschossen wurde. Durch den Sturz von Rossi in Valencia sicherte sich der 30-Jährige im gleichen Jahr trotzdem noch seinen ersten und bislang einzigen MotoGP-Titel. Heute kämpft Hayden wieder an der Seite des Italieners hart um jeden WM-Punkt - allerdings auf Ducati.

Abspann

Nach Hayden folgt eine lange Pause im MotoGP-Film der Vereinigten Staaten. Dass Amerika entdeckt wurde, war erstaunlich. Noch erstaunlicher wäre jedoch gewesen, wenn Amerika nicht entdeckt worden wäre. Marc Twain hätte damit genauso gut die Motorradweltmeister der 'Neuen Welt' meinen können, schließlich zählen diese besonders unter den MotoGP-Legenden noch heute zu den größten Entdeckungen der GP-Geschichte. Vielleicht verstecken sich noch viel mehr Motorrad-Stars hinter den Hollywood Hills, das Drehbuch ist definitiv noch nicht zu Ende geschrieben. Aber wer will schon bis zum Happy End vorspulen, ohne das komplette spannende Schauspiel gesehen zu haben?

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