Ihre Karriere und jene von Casey Stoner waren in den vergangenen Jahren eng verbunden. Wie traurig sind Sie, dass er zurücktritt?
Livio Suppo: Ich habe viel Respekt vor einem Spitzenfahrer, der den Mut hat, auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn zu sagen, er hört auf. Leider ist es meistens so, dass die Spitzenleute es schwer haben, den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören zu finden. Ich glaube, es ist bei ihnen meist so, dass sie glauben, dass sie nicht schlechter werden, sondern einfach nur eine schlechte Saison haben. Dann warten sie und warten sie und warten sie und am Ende ist es dann eher traurig. Das gilt nicht nur für die MotoGP, sondern für jeden Sport.

Wie intensiv haben Sie versucht, Casey zum Bleiben zu überreden?
Livio Suppo: Weil das hier ein sehr gefährlicher Sport ist, ist es sehr schwierig, jemanden zu überzeugen, dass er seine Meinung ändert. Wenn es Tennis wäre, dann gibt es kein großes Risiko, da müsste man nur jemand überzeugen, dass er weiter den Einsatz bringen muss. Wenn man hier jemanden dazu überredet, dass er weiterfährt und dann passiert etwas Schlimmes, ist es etwas ganz anderes. Natürlich haben wir alles uns Mögliche getan. Wir haben ein ökonomisch sehr gutes Angebot zusammengestellt. Wir wussten aber, dass Casey nicht der Typ ist, den man kaufen kann. Auf der anderen Seite ist Geld immer noch Geld; wie erwartet, sprang er aber nicht darauf an.

Jetzt beginnt ein neues Kapitel, Marc Marquez kommt in die MotoGP. Wie spannend finden Sie es, dass er nun in die Königsklasse kommt?
Livio Suppo: Wenn man sich Marcs bisherige Karriere ansieht, so hat er in der 125er und der Moto2 einen unglaublichen Job gemacht. Voriges Jahr holte er beinahe als Rookie den Titel in der Moto2. Diese Saison dominiert er die Weltmeisterschaft. Theoretisch hat er also das Talent, um auch in der MotoGP stark zu sein. Auf der anderen Seite wissen wir alle, dass es eine Sache ist, in der kleinen Klasse schnell zu sein und eine andere, in der MotoGP schnell zu sein. Das ist nicht nur eine Frage des Talents, es ist eine Frage vieler Dinge; von Entschlossenheit und manchmal auch Glück. Es ist daher zu früh, etwas vorherzusagen.

Suppo ist mit Bradls Leistung sehr zufrieden, Foto: Milagro
Suppo ist mit Bradls Leistung sehr zufrieden, Foto: Milagro

Und Dani ist auch noch da. Er hatte ein gutes Jahr und wenn er kein Pech hatte, konnte er zeigen, was er drauf hat. Freuen Sie sich für ihn?
Livio Suppo: Ehrlich gesagt, verdient er es, bis zum letzten Rennen um die Weltmeisterschaft zu kämpfen. 2008 führte er die WM an, als er sich verletzte. Seit seinem Debüt in der WM 2006 war es dieses Jahr das erste Mal, dass er die Vorbereitung und die Saison ohne körperliche Probleme bestreiten konnte. Ich denke, er hat dieses Jahr bewiesen, dass er das Potential hat, um die Weltmeisterschaft zu kämpfen.

Wie zufrieden sind Sie mit Stefan Bradls Leistung in seinem Rookie-Jahr?
Livio Suppo: Sehr, sehr zufrieden. Stefan macht einen sehr guten Job. Natürlich ist es nicht einfach und nächstes Jahr wird er einen weiteren Schritt machen müssen. Dieses Jahr ist ein Lehrjahr, er ist ein Rookie, wir erwarten nichts. Nächstes Jahr muss er einen weiteren kleinen Schritt machen. Wenn man sich aber die erste und zweite Saison von Cal Crutchlow ansieht, dann ist es normal, dass ein Rookie nur schwer sofort superstark sein kann. Es gibt nur wenige Leute im Fahrerlager, die so etwas können: einer ist Valentino, einer ist Dani, einer ist Jorge und einer ist Casey, sonst kann ich mich an niemanden erinnern. Wenn man es mit den normaleren Fahrern vergleicht, dann war Stefan besser als viele von den anderen Topfahrern da draußen - etwa besser als Spies in seiner ersten Saison. Er hat also jedes Potential, um ein ganz starker Fahrer zu werden.

Sollte er mit den Fortschritten weitermachen, ist er dann auch ein Kandidat für eine Werks-Maschine oder einen Platz im Werks-Team?
Livio Suppo: In den nächsten beiden Jahren ist das Werks-Team zu. Aber glauben Sie mir, der Unterschied zwischen dem Werks-Motorrad und dem Satelliten-Motorrad ist beinahe null. Seit dem Vorjahr vertreten wir zudem eine Politik, die von den Ergebnissen abhängt, um neue Teile zu erhalten. Sollte Stefan also nächstes Jahr nach vier Rennen die Weltmeisterschaft anführen - was nicht unmöglich ist, weil die Maschinen zu Jahresanfang gleich sind -, dann würde die Konzentration von HRC ganz auf ihn übergehen. Nur weil er kein Repsol-Fahrer ist, hieße das nicht, dass er nichts Neues bekommen würde.

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