"Himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt" - Johann Wolfgang von Goethe hätte die Saison des Yamaha Werksteams schon vor über 200 Jahren am treffendsten beschreiben können. Denn die Japaner feierten 2012 mit Jorge Lorenzo einen weiteren WM-Titel und litten gleichzeitig mit Ben Spies, der das Pech in diesem Jahr gepachtet zu haben schien und am Saisonende nur auf dem zehnten Gesamtrang landete.

"Ich habe auf der Strecke all meine Energie hineingesteckt und am Ende konnte ich das Rennen gewinnen. Dieser Sieg hier ist einfach wundervoll", jubelte Lorenzo schon nach dem ersten Saisonrennen in Katar. Sein Teamkollege hingegen finishte in den ersten beiden Rennen nur als Elfter, gefolgt von einem ernüchternden 16. Platz in Estoril. In Le Mans kämpfte der Texaner, der schon seit Saisonbeginn vom Pech heimgesucht wurde, mit Wasser in seinem Helm. "Die Dinge liefen nicht, egal ob das mein Fehler war, ob es Probleme mit der Maschine gab oder einfach nur Pech war", sagte er nach den ersten Rennen. Der Mallorquiner hingegen beendete bis Assen kein Rennen außerhalb der Top-2 und sammelte fünf Siege.

In Assen folgte Lorenzos Tiefpunkt. Im Rennen schoss ihn Alvaro Bautista nach zu spätem Bremsen schon in der ersten Kurve ab. Der WM-Führende war außer sich: "Alvaros Manöver war verrückt. Ich habe mich nach dem Vorfall mit ihm getroffen, er hat sich entschuldigt und wir haben uns die Hand gegeben, aber meiner Meinung nach war das noch nicht genug, um diesen Vorfall zu rechtfertigen." Aber kein Grund zur Sorge für den späteren Weltmeister: Schon auf dem Sachsenring war er zurück auf dem Podest und sammelte mit ersten und zweiten Plätzen weiter fleißig Punkte.

Pech im Unglück

Ab Barcelona ging es auch für Spies aufwärts. Mit zwei fünften und zwei vierten Plätzen konnte er sein Potential zeigen und fühlte sich immer sicherer - bis zum ersten Ausfall in Laguna Seca. Dort stürzte der Amerikaner ausgerechnet beim Heimrennen durch eine kaputte Schwinge. "Unten in der Corkscrew rutschte mir die Maschine unter dem Hintern einfach weg. Ich hatte absolut keine Kontrolle mehr." Auch der zweite Heim-GP brachte Spies nicht mehr Glück: In Indianapolis schied er mit Motorschaden aus. "Das ist mein dritter technischer Defekt in dieser Saison, ich denke, jemand schuldet mir Geld dafür. Mein Glück war ziemlich beschissen."

Ben Spies wurde 2012 vom Unglücksraben beschattet, Foto: Milagro
Ben Spies wurde 2012 vom Unglücksraben beschattet, Foto: Milagro

In Brünn folgte der nächste Sturz für den Texaner und nachdem es in Misano und Aragon mit fünften Plätzen wieder bergauf zu gehen schien, folgte mit Stürzen beim Japan und Malaysia Grand Prix das Saisonaus. So verabschiedete sich Spies auch frühzeitig von Yamaha: "Mir fehlen die Worte. Wir hatten so eine harte Saison mit so viel Pech. Wir haben da draußen immer 100 Prozent gegeben und es war mein Wunsch und der des Teams, auf Phillip Island so weiterzumachen. Ich habe am Sonntag einen schweren Schlag bekommen und nach den Tests ist es klar, dass ich Verletzungen habe, die sofort behandelt werden müssen. Es ist enttäuschend, jetzt in die USA anstatt nach Phillip Island zu fliegen, doch es ist wichtig, so schnell wie möglich die richtige Behandlung zu erhalten."

Für das letzte Rennen 2012 in Valencia organisierte Yamaha mit Katsuyuki Nakasuga einen Ersatz für den verletzten Amerikaner. Nakasuga nutzte seine Chance bestmöglich und schaffte es unter den gemischten Wetterverhältnissen auf den zweiten Platz - was Pechvogel Spies die ganze Saison über nicht gelungen war. Strahlend beschloss der Japaner nach dem Rennen: "Jetzt muss ich erst einmal Englisch lernen."

Lorenzo ist gewachsen

Lorenzo fuhr derweilen munter weiter um Top-Positionen, feierte im Laufe der zweiten Saisonhälfte allerdings nur einen Sieg in Misano, während er sich in allen anderen Rennen mit dem zweiten Platz - oft hinter Dani Pedrosa - abfinden musste. Auf Phillip Island bejubelte der Mallorquiner mit seinem Team bereits den zweiten MotoGP-Titel. "Ich lernte meine Limits kennen, ich habe mich in dieser Hinsicht sehr verbessert. Als ich in die MotoGP kam lief Vieles schief, aber ich konnte aus meinen Fehlern lernen und ich habe bewiesen, dass ich gewachsen bin."

Den letzten GP des Jahres wollte der 25-Jährige ruhig angehen und rechnete sich damit sogar größere Chancen aus. Das spanische Wetter machte ihm allerdings einen Strich durch die Rechnung: Lorenzo flog beim Versuch James Ellison zu überrunden heftig ab und konnte das Rennen nicht beenden, hatte etwas später aber wieder ein Lächeln auf den Lippen: "Ich bin jetzt wirklich froh, dass ich schon auf Phillip Island den Titel sichern konnte. Wäre die Meisterschaft noch offen gewesen und ich wäre hier gestürzt, hätte ich jetzt sicher nicht mehr lachen können."