Das Rennen auf Phillip Island war eine Mischung aus Triumph und Tragödie. Zunächst zum Schönen: Casey Stoner gewinnt nach seiner Verletzungspause sein Heimrennen. Er hat im Training und Qualifying alle stehen gelassen und fuhr unter der australischen Sonne zu seinem sechsten Heimsieg...
Shuhei Nakamoto: Ja, er fuhr großartig. Es ist nur normal, wenn man erstaunt ist, dass dieser Mann kurz vor dem Rücktritt steht. Es gab keinen einzigen Fahrer, der nicht das Gefühl hatte, dass Casey an diesem Wochenende einfach eine Klasse besser war - er schien alle so mühelos hinter sich zu lassen. Der erste Trainingstag war kalt, es gab starke Winde und nieselte zwischendurch und dennoch fuhr Casey Zeiten wie im Vorjahr im Qualifying. Am zweiten Tag war das Wetter weiter wechselhaft, doch Casey blieb so schnell. Er hatte gerade das Qualifying begonnen, als die Maschinen ihn in der Haarnadel abwarf - das war eine Kombination aus harten Reifen und welliger Oberfläche.

Es ging ihm aber gut und er fuhr bald Rundenzeiten in der Mitte der 1:29er. Regen verhinderte dann einen letzten Angriff auf eine noch schnellere Zeit, aber auch so konnte Casey mit unangefochtenem Vorsprung die Pole feiern. Das Wetter mag uns davon abgehalten haben, im Qualifying alles zu zeigen, die Zeiten bei diesen Bedingungen bis in die Mitte der 1:29er zu drücken, ist aber ziemlich bemerkenswert. Er musste das nur halten, um zu gewinnen. Am Renntag kam dann die Sonne heraus, die Bedingungen waren perfekt und eigentlich musste sich Casey das Rennen nur noch abholen.

Es war das dritte Rennen in drei Wochen, bei dem Stoner auf einem nicht gesunden Knöchel fuhr. Wenn man sich ansah, wie er jeden Tag des Wochenendes bestimmte, würde man nie glauben, dass dieser Mann immer noch Probleme hat, auf dem Bein zu gehen. Er lieferte eine Leistung, die seine Fans auf der ganzen Welt in Erstaunen versetzt haben muss - vor allem seine Hochgeschwindigkeits-Slides in der nun nach ihm benannten Kurve...
Shuhei Nakamoto: Ja, seine Verletzung ist noch nicht voll ausgeheilt und er konnte auch die Reha nicht abschließen, bevor er wieder auf die Strecke ging. Bei drei Rennen direkt hintereinander könnte man annehmen, dass er im dritten Rennen die meisten Probleme hat, aber Phillip Island war wohl die beste der drei Strecken, um mit einer Verletzung am rechten Knöchel zu fahren - viel einfacher als Motegi oder Sepang. Die Strecke geht gegen den Uhrzeigersinn, die meisten Kurven gehen nach links und es gibt wenige Abschnitte, wo schnelle Richtungswechsel verlangt werden. Weil es auf dem Kurs eine Reihe von Hochgeschwindigkeits-Kurven gibt, liefert die durch den Wechsel von 800cc auf 1000cc gesteigerte Motorleistung bessere Rundenzeiten.

Casey Stoner begeisterte die australischen Fans, Foto: Honda
Casey Stoner begeisterte die australischen Fans, Foto: Honda

Nach dem ersten Training sagte Casey, dass er bessere Zeiten holte als er erwartet hatte. Er dachte, das liegt an den größeren 1000cc-Motoren, doch die Beschleunigung war auch besser und er hatte das Gefühl, es sei einfacher, die Slides zu kontrollieren. Ich würde sagen, dass unsere Ziele das ganze Jahr über in diesen Kommentaren zusammengefasst sind. Das war sein fünfter Sieg in dieser Saison. Dani und Jorge haben jeweils sechs Siege, daher würde es mir sehr gefallen, wenn Casey mit ihnen gleichziehen, das letzte Rennen gewinnen und mit einem Highlight zurücktreten könnte.

Stoners Heimsieg hat das australische Publikum begeistert. Pedrosas Sturz in Runde zwei hat den Spanier derweil aus dem WM-Rennen geworfen. Er zeigte nicht die zuletzt übliche Strategie, dass er bis zur Mitte des Rennens abwartet und die Situation analysiert, bevor er in der zweiten Hälfte seine Pace erhöht und davon zieht. Diesmal hatte er wohl ziemlich sicher keine Chance gegen Stoner, aber es gab die Hoffnung, dass er einen starken Auftritt haben und den WM-Kampf gegen Lorenzo verlängern würde. War der Druck zu groß?
Shuhei Nakamoto: Wir hatten gehofft, der Titelkampf würde bis zum letzten Rennen noch nicht entschieden sein, daher sind wir alle enttäuscht. Das Problem war diesmal, dass wir das Setup der Maschine nicht so hinbekamen, wie wir das wollten, also ging er nicht mit dem Selbstvertrauen in das Rennen, das man zum Siegen braucht. Ich glaube nicht, dass er Stoner hätte schlagen können, aber er gab dieses Wochenende alles, um vor Jorge zu bleiben. Das Training am ersten Tag lief glatter als erwartet und Dani fuhr recht locker Zeiten wie im Vorjahr im Qualifying.

Weil es ein Problem mit der Traktion des Hinterreifens gab, versuchten wir am zweiten Tag zwei Maschinen mit verschiedenen Spezifikationen. An der einen war die Traktion etwas schlechter, aber die Balance war gut, die andere hatte gute Traktion aber schlechte Balance. Das brachte uns keinen Hinweis, in welche Richtung wir gehen sollen. Letztendlich schafften wir gute Runden mit einem ordentlichen Schnitt, wir hatten nur keine guten Einzelzeiten. Auch im Warm-Up am Sonntag fuhr Jorge echt schnelle Zeiten, er hat aber meist viele Probleme mit zerfallenden Reifen, wodurch er den Speed später zurücknehmen muss. Jorge zog am Start dann aber so stark weg, dass Dani so oder so einen harten Kampf vor sich gehabt hätte. Seine Strategie war es, so bald wie möglich vor Jorge zu kommen.

Das frühe Überholmanöver lag also nicht an Ungeduld, sondern war sein Plan?
Shuhei Nakamoto: Das ist richtig. Auf der ersten Runde kam er an Jorge vorbei, um sich die Führung zu schnappen. Casey wäre wohl später an ihm vorbeigegangen, aber ich denke, er hätte es geschafft, Jorge hinter sich zu halten. Dann aber verlor er in der zweiten Runde die Maschine in der Haarnadel. Eine kleine Fehleinschätzung beim Bremsen brachte ihn neben die Linie, er traf eine Bodenwelle und die Maschine rutschte von ihm weg. Das ist zu schade - was passiert ist, ist passiert, aber die Dinge hätten anders ausgesehen, wäre er angekommen. Im Gespräch mit Dani nach dem Rennen entschieden wir, dass es immer noch sein Ziel sei sollte, Valencia zu gewinnen - ein siebter Sieg würde ihn zu dem Fahrer mit den meisten Erfolgen in diesem Jahr machen.

Dani Pedrosa wollte von Anfang an angreifen, Foto: Honda
Dani Pedrosa wollte von Anfang an angreifen, Foto: Honda

Bis zum Sommer gingen wir in jedes Rennen und dachten: 'Dani hat diesmal eine Chance.' Ab Mitte der Saison änderte sich das zu: 'Das ist sicher für Dani.' Ich gehe davon aus, dass er nächstes Jahr genauso gut fahren wird und ich habe ihm gesagt, wenn er so weitermacht, dann wird der Titel 2013 ihm gehören. Persönlich glaube ich, auch wenn er in San Marino nicht gestürzt und aus dem Rennen keine Punkte geholt hätte, wäre er auf Phillip Island dennoch vor einer schwierigen Aufgabe gestanden; auf einer Strecke, an der er immer Probleme hat. Im Ende war es Pech, das seine Chancen zunichtemachte, aber dass er so lange im Kampf um die Weltmeisterschaft war, zeigt den hohen Level, auf dem er jetzt ist. Das ist für nächste Saison extrem vielversprechend. Wenn man Champion sein will, kann man es sich aber natürlich nicht leisten, bei bestimmten Bedingungen oder auf bestimmten Strecken schwach zu sein.

Honda hat jetzt sehr gute Chancen, den Konstrukteurs-Titel zu holen...
Shuhei Nakamoto: Ja, wir haben 21 Punkte Vorsprung vor dem letzten Rennen, also ist der Konstrukteurs-Titel ziemlich sicher. Wir geben aber immer noch alles für den Sieg, da es nun mein Ziel ist, die Saison mit zwölf Rennsiegen abzuschließen. Casey und Dani oder Dani und Casey - mir ist beides recht, solange Repsol Honda die Saison mit einem Eins-Zwei-Sieg abschließt. Wir treffen bereits Vorbereitungen für nächstes Jahr und es ist nicht gerade einfach, eine Maschine zu bauen, die die jetzige übertrifft. Wir werden einfach weiter Sekundenbruchteile an Rundenzeit wettmachen. Wenn ich mir unsere Fahrer ansehe, dann hat Stefan [Bradl] dieses Jahr seinen fahrerischen Level echt verbessert. Alvaro [Bautista] hatte Probleme mit seinem Setup, aber das hat er nun ziemlich im Griff. Marc Marquez wird nächstes Jahr zu unserem Aufgebot stoßen und ich freue mich darauf, zu sehen, wie er die MotoGP angeht.