Du warst jetzt nur kurze Zeit in der MotoGP, aber wo siehst du die Unterschiede zwischen den beiden Fahrerlagern?
Jonathan Rea: Das MotoGP-Fahrerlager ist etwas mehr auf Show ausgerichtet. Es ist größer, die Hospitalities sind größer, die Leute tragen größere Sonnenbrillen. Die Fahrer hier sind sehr gut, einige der besten Fahrer der Welt sind in diesem Fahrerlager und die Maschinen sind die besten der Welt. Das Traurige ist, das Racing ist nicht so eng und aufregend. In Brünn sahen wir eines der besten Rennen der Saison, aber es gibt keinen Kampfgeist und das ist traurig für mich. Die MotoGP ist aber das Höchste, das Beste vom Besten. Hier will ich sein, um mich mit den Besten der Welt zu messen.

Würdest du auch sagen, das macht die MotoGP so besonders für dich, dass sie immer das Beste war?
Jonathan Rea: Ja, sicher. Ich mag die World Superbikes, das macht Spaß und ist ein schöner Ort. Ich habe eine gute Verbindung zu den Fans, denn dort ist es viel offener für die Besucher. Aber als ich jung war, sah ich die Superbikes nicht an, ich sah mir die Grands Prix mit Doohan und Schwantz und Abe und so weiter an. Das war Straßenrennsport für mich. Superbike war dann der Weg, den ich einschlug und es war schön. Ich habe viele Superbike-Rennen gewonnen.

Die Briten lieben Motorradsport. Eines ihrer Lieblingsrennen ist die TT auf der Isle of Man. Was macht sie so besonders?
Jonathan Rea: Ich lebe auf der Isle of Man und das ist einfach Geschichte. Das ist Tradition und vor vielen Jahren war es noch ein WM-Lauf. Die Art von Fan dort ist völlig anders. Es gibt den Isle of Man TT Fan und es gibt den Silverstone GP-Fan, die sind völlig verschieden. Für mich ist das Fahren auf normalen Straßen gefährlich, aber das Spektakel ist unglaublich. Wenn man auf die Spitze von Bray Hill fährt und sich den Start ansieht, dann stellen sich einem die Nackenhaare auf, wenn es losgeht. Diese Jungs sind keine Motorradfahrer, das sind Krieger. Das ist eine coole Sache. Ich weiß aber nicht, warum es so berühmt ist. Als ich jung war, ist mein Vater mitgefahren und früher begann man einfach auf Straßen oder Rundstrecken zu fahren. Ich hatte das Glück, durch Red Bull die Chance auf Rundstrecken-Rennen zu bekommen. Das war wohl etwas glücklich, denn ich bin ein paar Mal gestürzt und bei der Isle of Man TT will man nicht stürzen.

Carl Fogarty gilt für Jonathan Rea als großes Vorbild, Foto: HondaProImages
Carl Fogarty gilt für Jonathan Rea als großes Vorbild, Foto: HondaProImages

Es gab viele tolle britische Fahrer. Gab es jemanden, zu dem du besonders aufgesehen hast?
Jonathan Rea: Für mich waren das wohl Joey Dunlop und Carl Fogarty. Ich war etwas jung, um wirklich zu verstehen, wie gut Joey war. Doch mein Großvater war einer der ersten Sponsoren von ihm, bevor er zu Honda kam. Aber als ich mich für Motorräder zu interessieren begann, war Fogarty einer der Jungs, der echt den britischen Geist verkörperte. Er war ein Kämpfer, er gab auf der Strecke alles und das inspirierte mich. Ich wollte nicht wie er sein, aber es war eine inspirierende Geschichte, dass es ihm egal war, nicht der Mr. Nice Guy zu sein. Er war ein Racer, er gewann vier Superbike-Weltmeisterschaften und jetzt ist es recht cool, weil ich mit Carl befreundet bin. Er ist ein netter Kerl.

Jetzt steht schon einige Zeit fest, dass du 2013 in der World Superbike bleiben wirst. Ärgert es dich ein bisschen, dass du den Sprung in die MotoGP (noch) nicht geschafft hast?
Jonathan Rea: Nein, ich bin wirklich auf die neue Herausforderung in der World Superbike gespannt und ziemlich motiviert, denn mein Team wird in diesem Winter viel am Bike machen. Für mich ist das Timing, in die MotoGP zu kommen, einfach nicht perfekt. Die Situation war nicht ganz leicht, ich bin als Ersatz für Casey wie ein Wildcard-Fahrer gestartet. Ich denke aber, dass die Tür für mich in der GP für die Zukunft jetzt offener steht, bevor ich diese Möglichkeit bekam.

Was ist das Erste, was du nach Saison-Ende machen wirst?
Jonathan Rea: Ich kann es kaum erwarten, mit meinen Freunden zu Hause ein Bier trinken zu gehen, meinen Hund, meine Familie zu sehen, einfach ein normaler Mensch zu sein, zum Essen auszugehen, normale Dinge zu tun. Nach fünf Wochen werden Flughäfen und Hotelzimmer wirklich langweilig, also freue ich mich auf die richtigen Dinge des Lebens.

Wie hast du das Reisen während der sechs Wochen logistisch gemeistert? Hast du ab und an zu Hause angehalten und ein paar neue Sachen in den Koffer geworfen?
Jonathan Rea: Nein, ich bin direkt von Rennen zu Rennen gereist. Ich blieb immer zwei Tage nach den Rennen vor Ort, ich war also zwei Tage in Misano, dann zwei Tage in Portugal und zwei Tage in Barcelona, bevor ich nach Magny-Cours fliege, um mich zu erholen und dann weiterzumachen.

Schätzt du dich glücklich, in zwei Klassen gleichzeitig fahren zu können, während einige Fahrer nicht einmal eine ganze Saison fahren dürfen?
Jonathan Rea: Ja, ich bin schon glücklich, dass ich diese Möglichkeit habe, zu fahren, aber ich wache jetzt nicht morgens auf und denke mir 'Hey, schaut mich an, ich bin so cool und fahre in zwei Klassen!' Ich bin dankbar für die Möglichkeit, aber es ist keine leichte Aufgabe. Ich genieße es, eines der besten Motorräder der Welt in wohl dem besten Team der Welt pilotieren zu dürfen. Das ist aber nicht mein Job, das ist nur eine Chance. Gleichzeitig komme ich zu meinem Team in die Superbike zurück und bringe viele Informationen mit, die ich in der MotoGP gelernt habe.

Was lernt man denn in der MotoGP für die Superbike?
Jonathan Rea: Das Essen… [lacht] Zum Beispiel das Anwenden der Bremsen, also das Spielen auf der Bremse, auch die Elektronik. Mein Elektroniksystem in der Superbike ist viel gewöhnlicher als das in der MotoGP, also kann ich viel dazulernen, um es in der Superbike zu verbessern.

Jonathan Rea könnte sich keinen anderen Job vorstellen, Foto: Repsol Honda
Jonathan Rea könnte sich keinen anderen Job vorstellen, Foto: Repsol Honda

Was würdest du sowohl in der MotoGP als auch in der Superbike-WM verbessern, wenn du FIM-Präsident wärst?
Jonathan Rea: Das Gute daran ist, ich bin nicht dieser Typ und es ist nicht meine Aufgabe, über solche Sachen nachzudenken. Ich weiß nicht genügend über die GP, um das zu kommentieren. Von außen gesehen ist die GP ein bisschen langweilig, weil die Lücke zwischen GP- und CRT-Bikes so groß ist, aber das ist das Einzige, was mir dazu jetzt einfallen würde. Es ist nicht meine Aufgabe, das zu ändern. In der Superbike würden mir so einige Dinge einfallen, aber dafür bezahlen sie ja diese Leute, das zu tun und ich werde dafür bezahlt, am Gashahn zu drehen.

Wann hast du eigentlich angefangen Motorrad zu fahren?
Jonathan Rea: Mit drei Jahren auf einem kleinen 50ccm Motocross Bike. Rennen bin ich dann mit fünf zum ersten Mal gefahren. Generell saß ich bis ich 15 war, auf der MX-Maschine. Mit 16 Jahren wechselte ich und startete in der 125ccm Klasse in der britischen Meisterschaft.

Kannst du dir vorstellen irgendeinen anderen Job auszuüben?
Jonathan Rea: Nein, weil ich faul bin. Ich arbeite nicht gern von 9.00 bis 17.00 Uhr. Ich wache gern an einem Montagmorgen nach dem Rennen auf und denke daran, dass drei Stunden Fahrradfahren das einzige ist, was ich zu tun habe, während meine Freunde für acht Stunden in einem Büro sitzen. Ich kann mir das sinnlose Fernsehprogramm reinziehen und dann Fahrradfahren gehen. Also nein, ich kann mir nicht vorstellen, irgendetwas anderes zu machen. Ich habe wirklich viel Glück und bin so gesegnet, dass ich dieses Leben leben kann, denn das ist eine wirklich glückliche Situation.

Welche Rennstrecke gefällt dir am besten?
Jonathan Rea: Eine Strecke in Großbritannien, Brands Hatch, die gefällt mir am besten. Portimao in Portugal ist auch cool, es ist wir eine Achterbahn, es geht hoch und runter, man hat blinde Kurven, es macht einfach so viel Spaß. Dabei ist der Kurs trotzdem technisch anspruchsvoll für uns Fahrer, aber wenn man dort schnell ist, hat man ein echt gutes Gefühl.

Was macht deiner Meinung nach einen erfolgreichen Motorradfahrer aus?
Jonathan Rea: Ich denke, dass es ganz hilfreich ist, etwas Talent zu haben. Man muss aber auch sehr zielstrebig sein, viel arbeiten und intelligent sein, denn im Motorradsport auf diesem Niveau muss man clever sein, um das Bike schneller zu machen, ein gutes Setup hinzubekommen und so. Diese Dinge braucht man meiner Meinung nach.

Welcher Mensch, den du im Laufe deiner Karriere getroffen hast, hat dich am meisten fasziniert?
Jonathan Rea: Ihr werdet lachen, aber Hugh Hefner hat mich immer total fasziniert! Ich kann einfach nicht verstehen, dass ein Mensch wie er mit seinen 80 Jahren den ganzen Tag lang mit 20-jährigen tollen Frauen abhängt. Nein, das war ein Spaß! Ich weiß es nicht genau, das klingt vielleicht albern, aber möglicherweise meine Frau. Denn es verging noch nicht ein Tag, an dem sie nicht irgendwas macht, wobei ich realisiere, dass sie immer noch ziemlich cool ist. Ich verbringe natürlich viel Zeit mit ihr. Ansonsten gibt es niemand Besonderen, der mich so sehr fasziniert.

Jonathan Rea hat schon so einige Verletzungen erlitten, Foto: Hannspree Ten Kate Honda
Jonathan Rea hat schon so einige Verletzungen erlitten, Foto: Hannspree Ten Kate Honda

Bist du auch an anderen Sportarten interessiert?
Jonathan Rea: Ja, Motocross! Ich habe mein eigenes MX-Team in der britischen Meisterschaft.

Was ist deine schönste Rennerinnerung?
Jonathan Rea: Als mein Vater und ich immer in einem kleinen Van zu den Rennen gefahren sind, im Van geschlafen haben und zusammen Motocross gefahren sind. Dabei hatte ich den meisten Spaß, die Rennen waren damals noch nicht so wie heute, keine riesen Show mit Ledersofas und sowas in einer Hospitality. Mein Dad und ich haben einfach das getan, was wir liebten und das hat am meisten Spaß gemacht.

Was war dein schlimmstes Rennerlebnis?
Jonathan Rea: Ich denke die Nächte, die ich nach Verletzungen im Krankenhaus verbracht habe. 2004 war ich lange im Krankenhaus nach einem sehr komplizierten Bruch des Oberschenkels. Die Ärzte sagten mir damals, dass ich mit dem Rennfahren aufhören muss, weil mein Bein nie wieder stark genug wäre, Motorrad zu fahren. Das war so ziemlich der Tiefpunkt meiner Karriere.

Was motiviert dich jeden Tag aufs Neue?
Jonathan Rea: Ein besserer Mensch zu sein und der Versuch, alle meine Träume zu verwirklichen.

Was ist dein größter Traum?
Jonathan Rea: Weltmeister zu sein natürlich! Und nach einer langen, guten, sicheren Karriere einmal aufzuhören und eine großartige Familie um mich zu haben.

Was würdest du deinem Kind erzählen, wenn es sagt: 'Papa, ich will Motorradrennfahrer werden'?
Jonathan Rea: Ich würde sagen: 'Ab ins Auto, wir fahren zu einem Motorradladen und werden dort ein Bike für dich finden!' Ich würde nie mein Kind in diese Richtung zwingen, aber ich habe so viele tolle Leute getroffen und hatte so viel Spaß in dieser Welt. Wenn mein Kind das Gleiche machen will, würde ich das natürlich unterstützen.

Würdest du etwas anders machen, wenn du die 25 Jahre deines Lebens noch einmal leben könntest?
Jonathan Rea: Ja, da gibt es viele Sachen, die ich anders machen würde. Aber ich blicke nicht zurück, sondern nach vorn. Von meinen Fehlern habe ich gelernt.

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