Er strahlt, er schwatzt und vor allem - er siegt. All diese Aspekte hätte man vor kurzem noch nicht in den Mund genommen, um Dani Pedrosa zu beschreiben. Doch heute, besonders nach seinem Erfolg in Brünn, trifft jede dieser Bezeichnungen auf den Spanier zu. Der 26-Jährige scheint endlich in der Weltspitze angekommen zu sein und 2012 zu seinem Jahr zu werden. Erstmals hat der Honda-Pilot die Möglichkeit, sich selbst den WM-Titel zu sichern und aus dem Schatten seiner bisherigen Teamkollegen hervorzutreten.

An ihm führt kein Weg mehr vorbei. Nicht nur auf, sondern auch neben der Strecke tritt der nur 1,58 Meter große Spanier immer mehr in den Mittelpunkt. Der sonst so zurückhaltende und in sich gekehrte Wahl-Londoner stellt sich jedem Interview, gibt ausführlich Antworten, ist zu Späßen aufgelegt und bemüht sich Englisch zu sprechen, auch wenn ihm diese Sprache nicht immer gesonnen scheint und manche Aussagen am Ende doch sein Geheimnis bleiben. Und das Verrückteste: Der introvertierte Dani Pedrosa, der vor kurzem noch mit Blick nach unten undeutliche Aussagen von sich gab, lässt sich nun gern interviewen. Das macht den Spanier sympathisch - wie auch seine Leistung auf der Rennstrecke.

Können und Mut kombiniert

Genau dort scheint der Honda-Pilot aktuell über sich hinauszuwachsen. Zwei Mal infolge stand er zuletzt ganz oben auf dem Podium. In Brünn zeigte er laut eigener Aussage eines seiner besten Rennen – und er stürzte, ohne sich zu verletzten. Auch das war in der Vergangenheit alles andere als normal. Bisher überstand Pedrosa keine seiner Serien ohne größere Verletzungen, die für ihn immer wieder Rückschläge im möglichen Titel-Kampf bedeuteten.

In diesem Jahr kann er in Verbindung mit starkem Material endlich sein Potenzial zu 100 Prozent auf den Asphalt bringen. Das Wissen, auch perspektivisch Hondas Zugpferd zu sein, scheint Pedrosa aufgeweckt und motiviert zu haben. Wie in Brünn zeigt er nicht nur konstante, sondern auch mutige Aktionen, vor denen er in der Vergangenheit noch abgesehen hätte.

Anerkennung unter Landsleuten

Das spürt auch der WM-Führende Jorge Lorenzo. Die beiden Spanier schien einst nicht mehr zu verbinden als der gleiche Pass und die Liebe zum Rennsport. Ein Überholmanöver wie beim letzten Rennen hatte es zwischen den Dauerrivalen bekanntlich einst auch am Sachsenring gegeben. Damals versuchte Rookie Jorge Lorenzo den Katalanen innen zu überholen und wurde dabei von seinem Landsmann geschnitten. Während durch den Zusammenstoß das Rennen für den Mallorquiner beendet war, konnte Dani Pedrosa mit verbogenem Auspuff zum Sieg fahren.

Ein wochenlanger Streit mit bitterbösen Anschuldigen beiderseits war die Folge. Ein normales Gespräch – mit Ausnahme von wilden Sticheleien – schien lange Zeit aussichtslos. Doch auch diese Beziehung hat sich gewandelt: Wo einst noch der diplomatische Händedruck vermittelt werden musste, werden heute öffentlich anerkennende Worte ins Mikrofron gehaucht. Dass zwischen den beiden Piloten keine Liebe entstehen wird, ist klar und wird auch von niemanden erwartet. Schließlich buhlen Jorge Lorenzo und Dani Pedrosa nicht nur um Siege, sondern auch um die Anerkennung und die Zuneigung der spanischen Fans, Medien und Sponsoren.

Beide müssen sich täglich der Dynamik der MotoGP stellen. Dani Pedrosa tut das nun mittlerweile auf absoluter Augenhöhe mit den vermeintlichen Stars der Szene. Denn er ist dort angekommen, wo er von seinem Können her schon lange hingehört: im Kampf um den WM-Titel, der für den Spanier bei nur 13 Punkten Rückstand auf Jorge Lorenzo greifbar nah erscheint. Fakt ist: er hätte ihn sich verdient.