Wie geht es dir in deiner Rolle als SPORT1-Experte? Fehlt es dir ab und an selbst mit zu kämpfen?
Alex Hofmann: Nein nicht mehr wirklich. Nach dreieinhalb Jahren bin ich gewissermaßen in meine neue Aufgabe reingewachsen. Das erste Jahr war gewiss nicht leicht, weil man die Jungs interviewen muss, nachdem man sie vorher auf der Rennstrecke am liebsten hinter sich gelassen hätte. Dementsprechend war das ziemlich schwer. Mittlerweile kann ich aber sagen, dass es gut ist. Ich habe damit eine gute Alternative zum Profi-Rennsport gefunden. Mein Leben hat sich auch geändert, daher passt das ganz gut rein und schließlich bin ich damit noch immer mit den Leuten in Verbindung.

Bist du selbst glücklich mit der Übertragung im TV oder gibt es da noch Verbesserungspotential?
Alex Hofmann: Verbesserungspotential gibt es immer, das ist gar keine Frage. Die Medienbranche hat wie jedes andere Geschäft auch aber gewisse Limits und das ein oder andere muss dabei eingehalten werden, wie z.B. die Werbezeiten bzw. deren Länge. Oder es drohen manchmal auch Programmkollisionen mit dem "Doppelpass". Aus redaktioneller Sicht haben wir eine super Truppe, die versucht das Maximum herauszuholen und immer das Beste zu geben. Dementsprechend macht die Zusammenarbeit Spaß und ich hoffe, dass man das spürt. Insgesamt bin ich mit den Übertragungen schon sehr zufrieden.

Neben dem Job bei SPORT1 testest du noch die Superbike-Aprilia. Wie schwer ist es, beides zu vereinen? Machst du noch andere Dinge, von denen man nichts weiß?
Alex Hofmann: Eigentlich geht es ganz gut. Zu dieser Jahreszeit ist es natürlich sehr zeitintensiv: Von Assen bin ich am Montag direkt nach Aragon geflogen, um dort wieder zwei Tage zu testen und schaffe es dann am Donnerstag gerade noch rechtzeitig zum Sachsenring zu kommen, um dort wieder drei Tage zu arbeiten. Es ist daher nicht immer leicht, beide Jobs zu vereinen. In den letzten drei Jahren hat das aber eigentlich immer ganz gut funktioniert. Momentan bin ich nebenbei hauptsächlich Daddy und genieße mein Leben, aber die zwei Jobs reichen ja auch schon aus.

Außerdem bist du viel unterwegs. Vermisst du deine Familie dann sehr?
Alex Hofmann: Dieser Beruf hat natürlich Vor- und Nachteile. In der Sommerzeit ist es hart, da man viel unterwegs ist, aber wenn ich dann zu Hause bin, gilt meine Zeit ausschließlich der Familie. Dafür hat man dann im Winter mehr frei als bei einem 'normalen' Job. Es hat also alles ein Für und Wider. Das passt alles schon, so wie es ist.

Welches Motorrad hat dir während deiner aktiven Karriere am besten gefallen?
Alex Hofmann: Ich muss leider sagen, dass die Aprilia während meiner Karriere das beste Motorrad war, also mehr oder weniger erst in meiner Testfahrer-Karriere. Das ist meiner Meinung nach das beste Motorrad, mit dem man auch Rennen gewinnen könnte. In der MotoGP-Zeit war es nicht ganz so toll. Die Kawasaki und meine private Ducati waren nicht wirklich Traumfahrzeuge, aber das kann man sich jetzt nicht mehr aussuchen. Die Aprilia ist wirklich das beste Bike.

Auf der RSV4 ist Alex Hofmann am liebsten unterwegs, Foto: Aprilia
Auf der RSV4 ist Alex Hofmann am liebsten unterwegs, Foto: Aprilia

Liegt das an den ganzen Neuerungen?
Alex Hofmann: Das ist eine Kombination aus allem. Aprilia hat ein gutes Konzept, perfekte Motoren – und natürlich ist zum Beispiel auch die Elektronik viel weiter als noch vor ein paar Jahren. Es ist einfach das Gesamtpaket – wie man ja auch in der Superbike-WM sieht. Das Bike hat schon einen Titel gewonnen und liegt auch momentan in der Weltmeisterschaft ganz gut. Also denke ich schon, dass es ein gutes Produkt ist.

Wie findest du als ehemaliger Fahrer die ganzen Änderungen von 990ccm auf 800 und jetzt wieder auf 1000?
Alex Hofmann: Man muss sagen, dass die Entscheidungen in den letzten Jahren nicht immer ganz glücklich waren. Vielleicht hätte man vorher mehr überlegen sollen, wo wirklich das Problem liegt und damit viel Geld sparen können. Ich glaube aber auch, dass es zwischen der MSMA [Herstellervereinigung] und der Dorna da ein kleines Kommunikationsproblem gab. Eigentlich sollten die Ingenieure, die Techniker und die Werke darüber entscheiden und die Dorna ließ ihnen bis dato freien Lauf. Das könnte ein Fehler gewesen sein, nun nehmen sie die ganze Sache selbst in die Hand und legen die Spielregeln alleine fest. Das ist meiner Meinung nach auch ein Schritt, der gegangen werden muss, denn wenn man die Hersteller fragt, dann haben die immer eigene Ideen, mit denen sie meinen, am besten dazustehen. Da alle unter einen Hut zu bekommen ist teilweise fast unmöglich.

Denkst du, dass die Rookie-Regel wirklich wegen Marc Marquez außer Kraft gesetzt wurde? Wie viel Einfluss hat Spanien generell auf die Weltmeisterschaft?
Alex Hofmann: Das ist ein Fakt. Genauso haben die Deutschen eine bessere Fußballmannschaft als die Schweizer, weil das Interesse einfach größer ist und mehr Menschen dahinterstehen. Spanien ist im Motorradbereich momentan einfach die Nummer eins und das liegt nicht nur an der Dorna. In Spanien schauen vier bis fünf Millionen die Rennen an, der Marktanteil liegt bei 30 Prozent. Sie haben die meisten Sponsoren, die besten Rennstrecken, das beste Wetter. Es ist also nur eine logische Konsequenz. Unser Sport ist in Deutschland leider immer noch eher ein Randsport. Auch finanziell dreht sich die ganze MotoGP-Welt um Spanien. Wenn man den Fall mit Marc Marquez objektiv betrachtet, konnte man sich vorstellen, dass es so kommt – Regel hin, Regel her. Die Sponsoren, die man hat, muss man glücklich machen und dafür muss eben auch einmal eine solche Entscheidung getroffen werden.

Hat dich Casey Stoners Rücktrittsverkündung überrascht? Wie wird er seine 'Rente' verbringen?
Alex Hofmann: Das war leider mehr als abzusehen. Allerdings hat mich ein wenig überrascht, dass es so früh kam. Ich dachte, er hängt noch ein Jahr dran. Für ihn wird es ziemlich entspannt: Er wird sich auf einer Farm in Australien niederlassen, kauft sich ein paar Cross-Maschinen, ein Go-Kart und genießt das Leben. Mal sehen, welche Events er dann veranstalten wird – vielleicht sogar Autorennen. Langweilig wird's ihm sicher nicht.

Wer wird dieses Jahr Weltmeister in allen drei Klassen?
Alex Hofmann: In der MotoGP muss ich mittlerweile Jorge Lorenzo sagen. Vor der Saison hätte ich noch auf Casey Stoner getippt, aber der ist momentan zu unzufrieden mit seiner Honda. Lorenzo ist gut auf sein Bike eingeschossen. Ich glaube, er hat das beste Paket. In der Moto2 wird es am Ende Marc Marquez machen, obwohl ich auch Pol Espargaro ganz oben auf meiner Liste habe, denn er fährt momentan wirklich stark. In der Moto3 tippe ich auf Sandro Cortese.

Wer ist dein persönlicher Lieblingsfahrer?
Alex Hofmann: Vom Fahrstil her ist es noch immer Casey Stoner, aber der verlässt uns ja jetzt leider. Beim Hinschauen stockt einem schon ab und an der Atem, trotzdem werde ich ihn und seinen Fahrstil auf jeden Fall vermissen.

Valentino Rossi ist zwar auf dem Papier nicht mehr die Nummer 1, bei den Fans aber schon. Was würdest du an seiner Stelle machen? Bei Ducati bleiben? Läuft er Gefahr, sein Gesicht zu verlieren, wenn er beispielsweise zu Honda zurückwechselt und dort nicht gleich gewinnen kann?
Alex Hofmann: Ich glaube Ziel Nummer eins ist es, sich so sehr auf die Ducati zu konzentrieren, dass sie es irgendwie hinbekommen, den italienischen Traum zu erfüllen. Ob das funktioniert, ist schwer zu sagen. Wir müssen an den nächsten drei Rennwochenenden aber noch beobachten, ob es nun wirklich ein Schritt nach vorne ist oder nicht. Wenn er wirklich noch einmal vorne fahren will, dann muss er wechseln. Rossi würde sein Gesicht nicht verlieren: Er hat dann eben ein Mal ein Abenteuer ausprobiert, das nicht funktioniert hat - schließlich hat er schon so einige Abenteuer hinter sich. Es wäre auf jeden Fall für den Sport das Allerbeste. In Le Mans wurde das zuletzt bewiesen: Wenn Rossi im Regen überholt, dann springen die Fans auf der Tribüne auf, wenn sich die anderen gegenseitig überholen, dann ist es relativ leise und still. Es wäre auf jeden Fall schön, wenn er wieder vorne mitfährt.

Wo siehst du den großen Unterschied zwischen Marc Marquez und Valentino Rossi? Beide haben einen harten Fahrstil (Marquez gegen Lüthi/Espargaro, Rossi gegen Gibernau). Marquez wird dafür bestraft, Rossi wurde dafür gefeiert...
Alex Hofmann: Valentino Rossi hat sich natürlich immer besser verkauft. Die ganzen Manöver von Marquez sind wirklich grenzwertig, weil er extrem aggressiv fährt und sehr wenig Rücksicht auf sein Umfeld nimmt. Rossi ist eben der Marketing-König, der sich auch in solchen Extremsituationen besser präsentiert. Die Aktion gegen Gibernau damals in Spanien war natürlich hart, aber am Ende trifft die Rennleitung in wenigen Sekunden die Entscheidungen.