Jorge Lorenzo stürzte völlig unverschuldet schon in der ersten Kurve in Assen. Yamaha legt Beschwerde ein - Alvaro Bautista wird dafür bestraft, dass er den Mallorquiner abgeräumt hat. War Bautistas nicht geglücktes Überholmanöver wirklich so hart, dass man ihn dafür bestrafen müsste? Für mich sah es eher nach einem normalen Rennunfall aus, der Gresini-Fahrer hatte sich lediglich verbremst. Das kann passieren, keine böse Absicht. Dumm natürlich, dass er gerade den Weltmeister von 2010 damit rausgekegelt hat, der sich in der Meisterschaft schon einen anständigen Vorsprung rausgefahren hatte. Dieser ist mit Casey Stoners Sieg nun dahin.

Nun muss Bautista auf dem Sachsenring als Letzter starten. Aber wer genau hat etwas davon? "Wenn die Fahrer für solche Dinge nicht bestraft werden, dann werden sie weiter solche verrückten Dinge wie heute machen", sagte Lorenzo aufgebracht. Ich bin allerdings fest überzeugt, dass Bautista derartige Abenteuer auch ohne Strafe zu vermeiden versuchen wird. Zumal ja auch ihm Punkte durch die Lappen gingen.

Dabei sollte man sich nur einmal kurz an das vergangene Jahr zurückerinnern. Wie viele Fahrer hatte Marco Simoncelli 2011 um WM-Zähler gebracht? Wie viele 'Opfer' hatten sich damals beschwert, dass der Italiener ordentlich bestraft werden soll? Aber viel wichtiger ist: Wie viele von denen hatten sich am 23.Oktober des letzten Jahres unendlich über ihre eigenen Forderungen und Worte geärgert und wünschten das alles rückgängig machen zu können? Nicht einmal daraus scheinen die MotoGP-Piloten gelernt zu haben, Super Sic ist längst vergessen. Sicher überwiegt in einem solchen Moment der Ärger und das zu Recht, aber man sollte seine Wortwahl gerade nach dem tragischen Unfall im letzten Jahr wohl etwas besser überdenken.

Angst vor zu viel Kritik

Nichtsdestotrotz, Bautista ist bestraft und Lorenzo gleich doppelt. Denn der Mallorquiner verlor nicht nur wichtige 25 Punkte im Kampf um die WM-Krone, sondern auch noch einen der wertvollen sechs Motoren für eine Saison. Dabei war sein dritter Motor erst neu eingebaut. Nun habe ihm die Rennleitung schon zugesagt, eine Ausnahme zu machen und ihm einen Ersatzmotor zu gestatten.

Jorge Lorenzo schafft es dank seines guten Gefühls auf der M1 wohl auch ohne die 25 Punkte zum Titel, aber gelingt das auch mit nur noch drei Motoren?, Foto: Yamaha Factory Racing
Jorge Lorenzo schafft es dank seines guten Gefühls auf der M1 wohl auch ohne die 25 Punkte zum Titel, aber gelingt das auch mit nur noch drei Motoren?, Foto: Yamaha Factory Racing

Leider kann die Rennleitung eine solche Entscheidung nicht alleine fällen. Es bedarf der Zustimmung der Grand Prix Kommission. Die wird Gerüchten zufolge aber nicht einwilligen. Warum? Regeln sind nicht zum Brechen da und wenn einer eine Ausnahme macht, dann kommen immer mehr Leute und wollen eine Sonderbehandlung. Vielleicht steigen damit auch wieder Spanier-werden-bevorzugt-Diskussionen an, gerade nachdem die Rookie-Regel erst wieder abgeschafft wurde, um Marc Marquez und seinen Sponsoren einen Weg ins Honda-Werksteam zu ebnen.

Allerdings sollte gerade die Grand Prix Kommission doch genug Autorität besitzen, um eine Ausnahme zu gestatten. Schließlich war der Unfall von Lorenzo unverschuldet und damit auch sein zerstörter Motor. Wenn - selbst gegen Saisonende - noch weitere Fahrer um diese Behandlung bitten, sollte die Kommission doch in der Lage sein, die jeweiligen Situationen abzuwägen und danach zu entscheiden und nicht von vornherein keine Ausnahme zulassen.

Kein Spiel gegen die Regeln aus Angst vor zu viel Kritik? Schließlich wird auch ein Schiedsrichter ständig von Teams und Fans auf dem Fußballrasen ausgebuht, weil er eine Entscheidung getroffen hat, die dem Einen oder Anderen nicht zusagt. Aller Kritik zum Trotz - sein Pfiff ist Gesetz. Fraglich nur, warum Rennleitung und Grand Prix Kommission sich nicht gegen Kritiker durchsetzen können, wenn es um einen ungerechten Vorfall geht.

Fakt ist: Bautistas Strafe hilft niemandem. Ein siebter Motor würde Lorenzo helfen. Vielleicht sollte er sich lieber darüber beschweren.