Wer zwei Fahrer im Alter von 26 und 33 Jahren gegenüberstellt, würde eher damit rechnen, dass der 33-Jährige zurücktritt als der 26-Jährige. Doch manchmal kommt es eben anders und Casey Stoner hat sich zum Aufhören entschieden, während Valentino Rossi noch weitermachen will. Der Italiener musste sogar betonen, bislang noch gar nicht an Rücktritt gedacht zu haben. "Das ist mir in all den Jahren nie in den Sinn gekommen", erklärte er. Aus diesem Grund konnte er Stoners Entscheidung nur schwer nachvollziehen, auch wenn er die Motive des Australiers nicht infrage stellen wollte.

"Die Karriere an der Spitze zu beenden, ist der Traum jedes Sportlers, aber ich denke, der Preis ist zu hoch. Ich denke, man sollte aufhören, wenn man es nicht länger will; das werde ich machen. Aber es ist schwer für mich, in ihn hinein zu schlüpfen. Jeder Fahrer ist anders, nicht nur im Charakter, sondern auch in seiner Motivation für den Rennsport. Das Fahren der Maschine war für mich immer ein Privileg. Mein Vater Graziano ging mit mir fahren, wenn ich gut war und das hat sich auf gewisse Weise nicht geändert. Ich mag diese Welt und ich bin gerne an der Strecke, um die Luft eines Rennwochenendes zu atmen", sagte Rossi.

Positiv vs. negativ

Für den neunfachen Weltmeister geht es darum, die richtige Balance zwischen Vor- und Nachteilen zu finden, weswegen er Stoner auch zustimmen musste, dass es negative Aspekte im Motorradsport gibt. "Etwa der Druck und die unfaire Kritik, die man manchmal erhält; und jene, die sich freuen, wenn man stürzt oder sich verletzt. In der Minute, in der diese Aspekte die positiven überwiegen, ist es richtig, aufzuhören. Ich hatte großartige Kämpfe mit Casey und ich hätte gerne die Gelegenheit gehabt, mit ihm in der Zukunft noch öfter zu fahren", meinte der Italiener.

So aber sieht die Zukunft anders aus, auch für Rossi, der plötzlich die Karotte eines freien Honda-Platzes vor der Nase hat. Einen möglichen Wechsel zurück zu seinem ersten Königsklassen-Arbeitgeber wollte er aber noch nicht besprechen, dafür sei es zu früh, betonte er. "Es wird entscheidend sein, was in den kommenden Monaten passiert. Es gibt viele Fahrer mit auslaufenden Verträgen und die Verwirrung wird wachsen. Es ist schwer zu sagen, was passieren wird." Vor allem ist aktuell noch schwer zu sagen, was bei Ducati passiert, immerhin kämpft der Hersteller weiter um den Anschluss an die Spitze.

Halbe Sekunde gesucht

Rossi musste nach den ersten Trainings in Le Mans sogar anmerken, dass die Situation schlimmer sei als in Estoril, da er zu weit von der Spitze oder der zweiten Gruppe weg war. "Wir müssen etwas schneller werden. Wir kämpfen beim Beschleunigen und in den Schikanen, wo ich viel Zeit verliere. Heute habe ich zwei verschiedene Setups probiert und werde morgen entscheiden, welches ich verwende. Wir brauchen mehr Traktion. Ich mag diese Strecke und die Bedingungen waren heute in Ordnung. Unser Ziel ist es, die Pace um eine halbe Sekunde zu senken und dann zwei gute Qualifying-Runden zu fahren. Wenn es regnet, können wir stärker sein, aber auch dann wird es nicht fantastisch."