Kurri Kurri, das klingt wie der Inhalt einer Sprechblase, den sich ein Komikzeichner einfallen lassen könnte, um ein Vogelgeräusch darzustellen. Da gab es beispielsweise schon Gubbel Gubbel bei Asterix und Obelix, um den Laut eines Truthahns nachzuahmen. Kurri Kurri hat mit alldem natürlich nichts zu tun, um zu verstehen, was es ist, darf man nicht wie Asterix und Obelix nach Amerika fahren, sondern muss auf dem Globus anderswo suchen. Also am besten den Erdball auf den Kopf drehen, New South Wales suchen, dort die Hunter Region ausfindig machen und dann Kurri Kurri erblicken.

Bleibt nur die Frage, was hat dieser kleine Ort mit rund 5.600 Einwohnern in einem Artikel auf Motorsport-Magazin.com verloren? Nun, dort hat für Casey Stoner alles angefangen, dort wurde er am 16. Oktober 1985 geboren, nur um später in Southport aufzuwachsen und im Alter von 14 Jahren unter großen Entbehrungen nach Großbritannien zu ziehen, weil er dort schon Straßenrennen fahren durfte und in Australien bis zum Alter von 16 hätte warten müssen.

Casey Stoner gefällt die neue MotoGP nicht mehr, Foto: Milagro
Casey Stoner gefällt die neue MotoGP nicht mehr, Foto: Milagro

Aber schon bis dahin hatte Stoner gezeigt, was in ihm steckt, als er im Motocross unterwegs war. Im Alter von 9 bis 14 Jahren hatte er 41 Motocross-Titel und 70 Regionale-Titel gewonnen. An einem Rennwochenende als er 12 Jahre alt war, fuhr er in fünf Klassen bei allen sieben Runden jeder Kubikzentimeter-Kategorie mit, bestritt also 35 Rennen. Davon gewann er 32 und holte sich fünf der fünf australischen Titel, die es zu gewinnen gab.

So gesehen gab es in seiner Heimat auch nicht mehr viel zu holen und er musste nach Europa, wo er auf der Straße neue Herausforderungen suchen konnte. Und die fand er auch, fuhr zunächst die spanische und britische Meisterschaft mit, bevor er 2002 als Fahrer von Lucio Cecchinello in die 250cc-WM einstieg. Dort wollte sich der Erfolg aber zunächst nicht einstellen, also ging er 2003 in die 125er-Weltmeisterschaft und holte dort seinen ersten Sieg. Als KTM-Pilot konnte er 2004 weiter zulegen, weswegen es 2005 erneut in die 250er ging, wo er nach 2002 und 2003 wieder für Cecchinello fuhr.

Dabei reichte es beinahe für seinen ersten WM-Titel, doch er musste sich Dani Pedrosa geschlagen geben, bevor es für ihn und den Spanier in die MotoGP ging. Schon damals hätte alles anders für ihn laufen können, er war in fortgeschrittenen Verhandlungen mit Yamaha, doch letztendlich wollte der Hersteller ihn nicht, also tat sich Stoner wieder mit Cecchinello zusammen, dessen LCR Team in die MotoGP aufstieg.

Schon im zweiten Rennen eroberte er die Pole Position, im dritten kletterte er auf das Podest, nur um danach öfter zu stürzen als seinen Speed ausspielen zu können. Das war dann wohl auch die Zeit, als Stoner derjenige wurde, der er heute ist. Die Medien bezeichneten ihn schnell als Rolling Stoner, weil er wieder und wieder vom Motorrad rollte.

Für Stoner ist nach dieser Saison alles vorbei, Foto: Repsol Honda
Für Stoner ist nach dieser Saison alles vorbei, Foto: Repsol Honda

Wenn er sich verteidigte, wurden ihm gerne die Worte im Mund umgedreht und er begann damit, jede Journalistenfrage nach ihrem Gefahrenpotential zu beurteilen. Im Jahr darauf sollte es nicht besser werden. Er kam nicht als erste Wahl zu Ducati, aber er kam, da Valentino Rossi sich mit dem Hersteller nicht einig wurde.

Was dann folgte, war eigentlich eine Demonstration von Stoners Können. Er holte zehn Saisonsiege und wurde 125 Punkte vor Pedrosa Weltmeister, der immer als der bessere Fahrer eingestuft wurde. Aber statt seine Leistung zu würdigen, wurde Stoner vorgehalten, er habe doch nur wegen der überragenden Maschine so gut ausgesehen, obwohl sein Teamkollege Loris Capirossi auf gleichem Material kein Land gegen ihn gesehen hatte. Das ärgerte den Australier mächtig und jener Fahrer, der schon als Zwölfjähriger gezeigt hatte, wie entschlossen er sein kann, fühlte sich falsch behandelt.

Damit hatte er wohl auch recht, denn während ein Teamkollege nach dem anderen an der Ducati zerbrach, schaffte es Stoner immer wieder, Top-Ergebnisse aus ihr zu kitzeln, obwohl das Motorrad nicht gerade angenehmer wurde. Zudem hieß es immer, er habe es einfach am besten verstanden, die Elektronik für sich zu nutzen und die Traktionskontrolle richtig einzusetzen. Dabei hat sich mittlerweile herausgestellt, dass Stoner mit fast keinen elektronischen Hilfen fuhr, sondern das Meiste mit seinem Gefühl in der Gashand im Griff hatte.

Doch das konnte und wollte zunächst eben niemand so richtig glauben und immer wenn der Australier sich falsch verstanden fühlte und etwas richtigstellen wollte, wurde ihm das als Gemecker ausgelegt. Als er dann in der Saison 2009 wegen seiner damals noch nicht diagnostizierten Laktose-Intoleranz Rennen verpasste, wurde er noch dazu als schwach hingestellt.

Das zieht sich bis heute, dabei ist er einer der intelligentesten und entschlossensten Piloten, die es gibt - ihn ärgert es sogar, wenn Sportler aufgrund kleinerer Verletzungen zu schnell aufgeben. Wenn er etwas gefragt wird, haben seine Antworten Hand und Fuß, meistens wollen einige Medienvertreter aber dann doch nur den Fuß, weil der die bessere Schlagzeile ergibt - und wieder wird Stoner falsch verstanden. Das hat sogar dazu geführt, dass er in Großbritannien regelmäßig ausgebuht wird, obwohl er gerade in diesem Land seine ersten Gehversuche in Europa gemacht hat.

Das Duell Stoner gegen Lorenzo gibt es nur noch 2012, Foto: Milagro
Das Duell Stoner gegen Lorenzo gibt es nur noch 2012, Foto: Milagro

Doch Stoner ist in den letzten Jahren mutiger geworden, er ist auch erwachsener geworden. Er hält sich mit seinen Antworten nicht zurück, weil er ohnehin weiß, dass es keinen Sinn hat. Nach wie vor macht er kluge und überlegte Aussagen und mittlerweile schaffen es auch die meisten, sie ebenso klug und mit Stoners vollem Argument zu übertragen. Wie vieles hat er sich das hart erarbeitet.

So hart, wie er sich auch den zweiten MotoGP-Titel im vergangenen Jahr erwarbeitete. Dabei stand zu befürchten, dass ihm erneut nachgesagt würde, er habe ihn nur wegen der starken Maschine gewonnen - und vielleicht noch, weil Dani Pedrosa verletzt war. Aber selbst dafür schien Stoner schon gerüstet. Denn zum Zeitpunkt seines zweiten Titelgewinns im letzten Jahr wusste er bereits, dass er im Winter Vater werden würde. Auf seine damals anstehende Vaterschaft angesprochen, zeigte er allen, wie er die ganze GP-Welt sieht: "Endlich habe ich das Gefühl, es gibt etwas Wichtiges in meinem Leben." Motorsport-Leidenschaft ist eben auch für Stoner nicht alles, er hat ja nicht nur Kurri Kurri im Kopf.