Schon bevor die Saison begonnen hatte, dürfte Dani Pedrosa gewusst haben, welche Stunde es geschlagen hat. Denn der Spanier war lange Jahre der Hoffnungsträger von Repsol Honda, schaffte es dank seines fragilen Körper aber nie, einen durchwegs guten WM-Angriff zu starten. Da Honda in der 800cc-Ära die Zeit davonlief, wollte man einen zweiten Fahrer haben, den man auf die WM programmieren kann. Also kam Casey Stoner und eigentlich war das Repsol Honda Team für 2011 so geplant, doch da hatte Andrea Dovizioso etwas dagegen und pochte auf seine vertraglich zugesicherten Rechte, die ihm versprachen, bei entsprechendem Abschneiden 2010 wieder im Werksteam unterzukommen.

Das Wunder-Getriebe

Die Honda Racing Corporation (HRC) biss in den sauren Apfel und es gab ein Drei-Mann-Team mit zwei Fahrern, die auf Erfolg angesetzt waren und einem dritten, der eben auch mitmischen durfte. Derlei Diskussionen wurden aber schon während der Wintertests von einem neuen Thema verdrängt, denn Honda war auf einmal stark wie nie zuvor im 800er-Zeitalter. Schnell gingen die Analysen los, bald schien ein neuartiges Getriebe als Ursache für die Steigerung ausgemacht. Zwar räumte Honda ein, das nicht nur das Getriebe einen Unterschied machte, aber die Möglichkeit, zwei Gänge gleichzeitig einzulegen, wie es Honda können soll - aber nie offiziell bestätigt hat -, brachte Vorteile.

Your ambition outweighed your talent, Foto: Milagro
Your ambition outweighed your talent, Foto: Milagro

Letztendlich war es dann aber Stoner, der die größte Geschichte innerhalb des Werksteams schrieb. Er fuhr eine beinahe makellose Saison und verpasste das Podest nur in Jerez, wo er dafür einen der Sprüche des Jahres brachte, nachdem Valentino Rossi sich in Kurve 1 hinein verbremst und ihn abgeschossen hatte. "Your ambition outweighed your talent (Dein Ehrgeiz hat dein Talent überschattet)", warf der Australier dem Italiener entgegen, als der, noch mit Helm auf dem Kopf, zur Entschuldigung an die Repsol-Honda-Box kam. Letztendlich war Stoner über das Jahr hinweg einfach zu konstant und zu stark, um sich von irgendwem die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Er wurde klar Weltmeister und das noch dazu bei seinem Heimrennen auf Phillip Island.

Mehr Anerkennung

2011 war für Stoner aber auch ein wenig das Jahr der Genugtuung, denn nachdem er sich die letzten Saisonen mit Entwicklungsstillstand bei Ducati herumplagen musste und Ende 2010 trotzdem noch Siege aus der roten Diva kitzelte, kam Rossi trotz einer nie dagewesenen Entwicklungs-Anstrengung von Ducati kaum vom Fleck und hatte genau die gleichen Stürze und die gleichen Beschwerden, die Stoner immer gehabt hatte, wobei das dem Australier noch als Gemeckere angelastet wurde. Der Anerkennung von Stoners fahrerischen Qualitäten half Rossis Saison damit um vieles weiter.

Hier ging Dani Pedrosas WM-Chance ein weiteres Mal Richtung Orthopädie, Foto: Milagro
Hier ging Dani Pedrosas WM-Chance ein weiteres Mal Richtung Orthopädie, Foto: Milagro

Der Rest des Werksteams musste mit dem zurechtkommen, was ihm übrig blieb, wobei Pedrosa zu Saisonbeginn durchaus den Eindruck machte, als könnte er Stoner die Stirn bieten. Der Spanier war stark unterwegs - und das obwohl er beim Auftaktrennen in Katar schon Angst hatte, dass seine Karriere in Gefahr ist. Denn eine Platte zur Fixierung einer alten Schlüsselbeinverletzung drückte ihm eine Arterie im Arm ab, weswegen er dort beim Fahren das Gefühl verlor und eine Operation brauchte. Die war ein Erfolg und dank der Verschiebung des Japan Grand Prix konnte er auch noch rechtzeitig genesen, um beim Europa-Auftakt in Jerez wieder voll anzugreifen.

Marquez lauert

Und das tat Pedrosa auch, als es nach Le Mans ging, war der Spanier - auch dank Stoners Jerez-Ausfall - in der Weltmeisterschaft vorne, bevor er in einem Duell mit Marco Simoncelli zu Sturz kam und wieder einmal ein Schlüsselbein entzwei war. Neben den verlorenen Punkten von Frankreich verpasste er noch drei weitere Rennen und damit war der Angriff auf die WM wieder einmal für ihn gelaufen. Pedrosa wird klar sein, dass er nun noch maximal zwei Saisonen hat, um sich im Werksteam durchzusetzen, denn Marc Marquez lauert. 2012 fährt er noch ein Jahr Moto2, wenn er dann aufsteigt, darf er 2013 aber nicht gleich ins Werksteam. So gesehen ist Pedrosa noch etwas geschützt, denn ohne Spanier wäre ein Team mit Repsol als Hauptsponsor undenkbar - und ein Wechsel von Jorge Lorenzo zu Honda wäre eine Sensation.

Einfache Podestbesuche reichen im Honda-Werksteam auf Dauer nicht, Foto: Milagro
Einfache Podestbesuche reichen im Honda-Werksteam auf Dauer nicht, Foto: Milagro

Blieb noch das dritte Rad an der Repsol Honda, das da Dovizioso hieß. Der Italiener war von Jahresanfang an so etwas wie der Außenseiter im Team und egal wie wichtig es ihm auch war, die Saison vor Pedrosa zu beenden, letztendlich war klar, wer die beiden besten Fahrer im Team waren. So gelangen Pedrosa trotz seiner Verletzungspause neun Podestplätze, darunter drei Siege, während Dovizioso sieglos blieb und nur sieben Mal auf dem Podest stand. Trotzdem war der Italiener ein Ausbund an Konstanz und ein eifriger Lieferant von Top-5-Resultaten, doch am Ende seiner vierten MotoGP-Saison und der dritten im Werksteam hatte man mehr von ihm erwartet.

Bye bye Honda

Sein Landsmann Simoncelli hatte dementgegen in seinem zweiten Jahr echtes Potential gezeigt. Er holte seine ersten Pole Positions und seine ersten Podestplätze. Deswegen zog Dovizioso letztendlich auch den Kürzeren, als er neben einem Honda-Werksmotorrad für 2012 auch noch das passende Salär forderte. Der jüngere, schnellere und charismatischere Simoncelli erhielt den Zuschlag, bevor er in Malaysia tragisch aus dem Leben schied. Dovizioso entschied sich derweil, Honda den Rücken zu kehren, obwohl er seine gesamte GP-Karriere - vom allerersten Antreten 2001 abgesehen - für den Hersteller gefahren war. Für den Italiener geht es 2012 bei Tech 3 Yamaha weiter, Stoner und Pedrosa werden sich derweil ein neues Duell um die Team-Vorherrschaft liefern - vielleicht bleibt der Spanier ja einmal gesund.