Wenn die Bilder eines MotoGP-Wochenendes über die Bildschirme flimmern, stehen um jeden Fahrer in der Startaufstellung und in den Boxen ständig zahlreiche Menschen herum, die geschäftig ihren Aufgaben nachgehen. Aber wie viele Leute wuseln eigentlich an jedem Rennwochenende bei Jorge Lorenzo in der Box herum und für was sind sie zuständig? Und: Herrscht in der Garage eines Privatteams, wie jenem von Toni Elias, weniger Trubel? Für was sind all die Leute alle zuständig? Das Motorsport-Magazin hat sich auf die Suche nach Antworten begeben...

Teamvergleich: Werk vs Privat, Foto: adrivo Sportpresse
Teamvergleich: Werk vs Privat, Foto: adrivo Sportpresse

Werksteam: Yamaha

Beginnen wir mit den wichtigsten Leuten der Crew von Weltmeister Jorge Lorenzo im Yamaha-Werksteam:

Massimo Meregalli

Massimo Meregalli ist seit November des vergangen Jahres der Teamleiter und erklärt selbst, was das bedeutet: "In meinem Job dreht sich alles um das Team. Wenn ich im Büro sitze, konzentriere ich mich auf die Organisation aller möglichen Dinge, von der Transportlogistik bis hin zu den Grafiken für das Teamdesign an Motorrädern, Trucks und in der Box." An der Rennstrecke konzentriert sich Meregalli mehr auf Ben Spies und seine Crew, denn Jorge Lorenzo ist bei Wilco Zeelenberg in den besten Händen.

Wilco Zeelenberg

Wilco Zeelenberg ist Teamchef und sein Ziel beim Dienstantritt war es, mehr aus dem Team auf Lorenzos Seite der Box herauszuholen. Valentino Rossi auf der anderen Seite galt als Vorbild, denn der hatte die Truppe um sich herum schon immer sehr gut aufgestellt. Bei Lorenzo schien das komplizierter. "Wir haben sehr viele verschieden starke Charaktere und nachdem der vorhergehende Teamchef [Masao Furusawa] weg war, hatte das Team viele Probleme. Also brauchten sie jemanden, der diese Lücke füllte", erklärt Zeelenberg. Mittlerweile kenne jeder seine Rolle und baue seinen starken Charakter gut in die Fahrer- und Teamstruktur bei Yamaha ein.

Doch das ist noch nicht das Einzige, denn Zeelenberg hat verschiedene Aufgaben. "Das Wichtigste ist aber, die Jungs an einem Rennwochenende in ihren Positionen so schnell wie möglich zum Arbeiten zu bringen", erklärt er. Sobald Lorenzo irgendetwas von sich gibt, schlägt der Teammanager Alarm. Außerdem greift er bei Meinungsverschiedenheiten ein. "Ich höre zu, denn alle hier sind sehr professionell und steuern nach kurzer Zeit meist von selbst die richtige Richtung an."

Ramon Forcada

Ramon Forcada ist Renningenieur und damit eine der wichtigsten Personen im Team, denn er versucht gemeinsam mit Lorenzo, das Material so gut wie möglich auszureizen. Dabei ist er neben dem Fahrer selbst die wichtigste Person im Team. Denn Forcada leitet die gesamte Gruppe, die für die Motorräder zuständig ist. Er überwacht alle Entscheidungen, die das Motorrad betreffen, egal, ob es um Motor, Getriebe, Aufhängung oder Reifen geht. Er hat das letzte Wort. Daneben ist Forcada aber auch maßgeblich am Erfolg des Fahrers beteiligt. Zusammen mit Lorenzo definiert er die Rennstrategie und stimmt das Motorrad im Verlauf des Rennwochenendes auf die Gegebenheiten der Rennstrecke ab, um so in der entscheidenden Phase des Rennens ein optimales Bike zur Verfügung zu haben. Da die Motorräder an sich von der Leistung her sehr ähnlich sind, entscheiden selbst kleinste Veränderungen über Sieg oder Niederlage. Daher ist die Sachkenntnis des Crew Chiefs extrem wichtig, der anhand von Erfahrungswerten die richtige Entscheidung trifft. "Ramon Forcada ist großartig, ich muss mir da nicht viele Sorgen machen, denn er hat eine Menge Erfahrung", urteilt Teammanager Zeelenberg.

Ein eingespieltes Team, Foto: Milagro
Ein eingespieltes Team, Foto: Milagro

Davide Marelli

Davide Marelli ist zuständig für das Data Recording. Darüber wird immer viel gesprochen, aber nur die wenigsten wissen, worum es sich dabei handelt. Es betrifft nämlich alles, was elektrisch ist und beginnt schon beim Aufbau der Box und dem Netzwerk. Am Motorrad ist Marelli für alle elektrischen Systeme verantwortlich, und das sind nicht wenige. Eine der wichtigsten Aufgaben an einem GP-Wochenende ist die Elektronikeinstellung des Motors, die im Team besonders zwischen Fahrer und Renningenieur abgesprochen wird und auf den Daten basiert, die vorher gesammelt wurden. Am Motorrad gibt es zahlreiche Sensoren, welche die Informationen von Chassis und Motor übermitteln. Marelli vergleicht dann die Daten und die Aussagen von Lorenzo, um das Setup des Motorrads und das Gefühl des Piloten für die Leistung zu verbessern. Seit den 800ccm-Maschinen ist der Spielraum für Fehler enorm gesunken und für einen Fahrer wird es immer schwieriger, verlorene Zeit zum Beispiel durch einen Wheelie, wieder gut zu machen.

Marelli muss also dafür sorgen, dass Lorenzo eine Maschine bekommt, die ein Maximum an kontrollierter Kraft bietet, welche er effektiv nutzen und daraus die höchste Beschleunigung holen kann. Das funktioniert am besten mit kleinen Hilfsmitteln wie der Traktions- und Wheelie-Kontrolle. Wichtig ist natürlich auch die Bremsleistung, denn es gibt auch verschiedene Arten der Motorbremskontrollen. Außerdem muss der Data-Recording-Mann auch den Kraftstoffverbrauch bedenken.

Juan Llansa Hernandez, Javier Ullate, Valentino Negri & Walter Crippa

Juan Llansa Hernandez, Javier Ullate, Valentino Negri und Walter Crippa sind Lorenzos Mechaniker. Die Boxenwerkstatt ist das Zentrum ihrer Welt auf der Rennstrecke. Sie gehen verschiedensten Aufgaben nach, unter anderem wechseln sie das Öl und die Bremsflüssigkeit, überprüfen die Gabeln und wechseln auch mal einen Motor. Bei einem Test nehmen die Techniker die Motorräder auch einmal komplett auseinander und setzen sie anschließend wieder zusammen.

Privatteam: LCR Honda

Privat, aber gut aufgestellt, Foto: LCR Honda
Privat, aber gut aufgestellt, Foto: LCR Honda

In der Box des Satellitenteams ist nicht viel weniger los. Die Aufgaben der verschiedenen Teammitglieder bleiben jedoch gleich oder zumindest ähnlich.

Lucio Cecchinello

Lucio Cecchinello ist Teamchef und Teambesitzer, hält daher die ganze Crew zusammen.

Christophe Bourguignon

Christophe Bourguignon startete seine Karriere als Motocross-Mechaniker und ist seit 2008 als Renningenieur bei der LCR-Truppe angestellt.

Brian Harden

Brian Harden kam 1999 mit Auszeichnung vom Ingenieursstudium in die MotoGP. Nach Kenny Roberts, Jeremy McWilliams, Kenny Roberts Junior und Randy de Puniet kümmert er sich jetzt um die Daten von Toni Elias.

Xavier Casanovas

Xavier Casanovas begann seine Mechaniker-Karriere gemeinsam mit Casey Stoner 2006 beim LCR Honda Team in der Königsklasse.

Joan Casas

Bevor er vor fünf Jahren zum Team von Lucio Cecchinello kam, arbeitete Joan Casas als Mechaniker in der Superbike-Weltmeisterschaft.

Christopher Richardson

Christopher Richardson war Rennfahrer in Nordirland, ist aber seit 2002 bei LCR als Mechaniker und Kraftstoffverantwortlicher angestellt.

Am Ende wird deutlich: Obwohl es oft so aussieht, steckt in einem MotoGP-Werksteam nicht viel mehr Personal als in einem Privatteam. Lucio Cecchinello vereint im direkten Vergleich zwar die Rollen von Massimo Meregalli und Wilco Zeelenberg ein, hat seine Gruppe aber fast genauso stark aufgestellt wie die Japaner. Yamaha schlägt das LCR-Team nur um einen Mann bei der Anzahl der Mechaniker. Erfolg oder Niederlage liegen letztlich also noch immer am Motorrad und am Können des Fahrers sowie seiner Crew.