Herve, das Wichtigste, was wir wissen wollen: Was ist mit der Claiming Rule? Wie sieht das momentan aus?
Herve Poncharal: Was willst du damit sagen, wie sieht es aus? Ich werde dir meinen Standpunkt zur Philosophie der CRT darlegen. Für Details zur Regel, wie sie ist und wie sie sein könnte, musst du zu Mike Trimby gehen. Die Situation ist einmal folgende: Warum machen wir Claiming Rule Teams? Weil jeder zustimmt, sich beschwert und es gleich beurteilt, dass es nicht genug Maschinen im Feld gibt. 17 Maschinen sind nicht genug. Wir haben momentan vier Hersteller: Ducati bringt sechs Maschinen, Honda sechs, Yamaha vier und Suzuki eine. Wir haben Kawasaki verloren, wir haben Aprilia verloren. Natürlich hat die Weltmeisterschaft, die prinzipiell aus Dorna und ihrem CEO Carmelo [Ezpeleta] besteht, mit den Herstellern gesprochen. Es scheint so, dass wenn wir wieder zu 1000cc gehen, Interesse von Herstellern entstehen könnte, die nicht dabei sind. Wir gehen also zurück zu 1000cc, um vielleicht Kawasaki zurückholen, um BMW zu holen, um vielleicht Aprilia zurückgewinnen und so weiter - einfach alle Hersteller, die nicht dabei sind. Darauf hoffen wir aber nur.

Wie sieht das Interesse bei den anderen Herstellern aus?
Herve Poncharal: Sie meinen, wenn ihr zu 1000ccm geht, kommen wir vielleicht. Aber sie sichern das nicht zu. Im nächsten Jahr und der nahen Zukunft müssen wir also etwas machen, das wir unter Kontrolle haben. Ob Hersteller kommen oder nicht, können wir uns nur wünschen. Wir können ihnen einen Anreiz liefern, aber nicht sagen, ihr müsst kommen. Denn sie können tun, was auch immer sie wollen. Sie haben die Freiheit, ja oder nein zu sagen. Wenn wir also mehr Maschinen haben wollen, müssen wir etwas tun, das wir kontrollieren können. Daher dachten wir an diese Regel und haben sie für die MotoGP gemacht und ein wenig auf dem Geist aufgebaut, den wir bereits in der Moto2 erlebt haben.

Die Moto2 erfreut sich großer Beliebtheit, Foto: Repsol
Die Moto2 erfreut sich großer Beliebtheit, Foto: Repsol

Und die Moto2 hat sich ja recht gut etabliert.
Herve Poncharal: Jeder hat uns gesagt, die Moto2 ist nicht gut, das wird nie funktionieren, das wird die Klasse umbringen, die 250er sind besser. Von maximal 20 sind wir auf 40 Maschinen gewachsen. Jede Maschine und jedes Team hat auf dem Papier die Chance, Rennen zu gewinnen, das war bei den 250ern nicht der Fall. Außerdem sind die Kosten stark gesunken, daher haben wir so viele Teilnehmer. Auf Basis dieses Konzepts dachten wir, die Teams können mit kleinen Unternehmen von der ganzen Welt - aber wohl vorrangig aus Europa - ein ordentliches Chassis [für die MotoGP], einen echten Prototypen bauen. Aber der teuerste Teil ist der Motor. Damit der Motor leistbar ist, brauchten wir daher seriennahe Teile, für die es die Möglichkeit gibt, sie stark zu tunen. Das war der Gedanke. Einige Teams waren daran interessiert und daher haben wir damit begonnen. Wir wollten keinen Konflikt mit anderen Serien, so wie das in der Moto2 war, daher dürfen abgesehen vom Motor keine Teile aus der Serie kommen. Die Maschinen müssen also echte Prototypen sein. Für mich ist eine Moto2 auch ein Prototyp, auch wenn der Motor aus der Serie kommt. Das ist es eigentlich. Im Moment wird da noch ein wenig Feinarbeit betrieben, aber das sind Details, die verlangt wurden, denn wir wollen keine zwei Klassen in der gleichen Kategorie, zwischen denen es große Leistungs-Unterschiede gibt. Wir wollen nicht, dass die Werks-Prototypen fünf oder sechs Sekunden schneller sind als die CRTs. Das würde nämlich nur mehr Maschinen an den Start bringen, aber der Show nicht helfen. Wir versuchen, die Leistung auszugleichen. Wir erlauben [den CRTs] zwölf Motoren statt sechs und 24 Liter Sprit statt 21. Wird das funktionieren oder nicht? Das wurde zwischen den Herstellern, den Teams und den Sponsoren besprochen und so sieht es momentan eben aus. Das ist die Philosophie von CRT.

Poncharal meint, dass Änderungen immer Kritiker mitbringen - wie bei der Umstellung von 2 auf 4 Takte, Foto: Milagro
Poncharal meint, dass Änderungen immer Kritiker mitbringen - wie bei der Umstellung von 2 auf 4 Takte, Foto: Milagro

Es gibt dazu kritische Stimmen.
Herve Poncharal: Als wir als Meisterschaft entschieden, von 500cc-Zweitakt zu 990cc-Viertakt zu wechseln, sagten viele Leute, wir wären verrückt und würden die Weltmeisterschaft töten, weil sie einfach Zweitakt bleiben musste und so weiter. Ich denke aber, es war die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit. Als wir entschieden, von 250cc-Zweitakt zur Moto2 zu wechseln, kritisierten uns so viele Leute. Sie schossen gegen das Projekt und meinten, das sei dumm, man könne keine Rennen mit einer Klasse mit Serien-Motoren fahren und so weiter. Du musst aber wohl zugestehen, dass es funktioniert, denn es gibt mehr Maschinen in der Startaufstellung, es gibt mehr Wettbewerb und die Kosten sind geringer. Denn momentan sollte niemand auf der Welt vergessen, dass die Wirtschaft in schlechtem Zustand ist. Wir sollten alle auf Kostenreduktion, Kostenreduktion, Kostenreduktion achten. Das ist das Wichtigste. Wenn man das nicht macht, ist man kein guter Promoter.

Wie geht ihr mit den kritischen Stimmen um?
Herve Poncharal: Jetzt bekommen wir 1000er und die Klasse mit Namen CRT, damit das Feld größer wird. Viele Leute kritisieren das, aber das sind die gleichen Leute, die sagen, 17 Maschinen sind nicht genug. Man kann nicht sagen, 17 Maschinen sind nicht genug, aber nichts machen, damit das Feld größer wird. Wenn wir sagen, wir fahren mit werksunterstützten Prototypen, dann fahren wir mit 17 Maschinen, weil wir da nichts tun können - schließlich können wir Kawasaki, BMW und Aprilia nicht zwingen, einzusteigen, wie ich bereits gesagt habe. Dann sollte aber auch jeder sagen, 17 sind perfekt.

Steht die CRT-Regel mittlerweile komplett?
Herve Poncharal: Momentan wollen wir die CRT-Regel verfeinern, denn es gibt diese Diskrepanz zwischen 12 und sechs Motoren und 24 und 21 Litern Sprit. Da stehen wir im Moment. Es werden auch die Kosten für die Claiming Rule diskutiert. Prinzipiell kennen wir aber das technische Reglement. Es ist ein 1000cc Serienmotor, den man tunen kann, wie man will. Man hat zwölf Motoren statt sechs und 24 statt 21 Litern Sprit. Das Chassis muss absolut Prototyp sein und darf keinen Serienteil enthalten. Das ist es. Ob der Claiming-Preis für den Motor jetzt diesen oder jenen Betrag ausmacht, das ist ein Detail. Wir können mit der Arbeit beginnen.