Hiroshi Aoyama ist und bleibt der letzte 250ccm-Weltmeister der Geschichte und er ist und bleibt ein sympathischer Kerl. Der Japaner, der lange genug in Europa gelebt hat, um sich auch die hiesigen Eigenschaften, für japanische Verhältnisse "Entgleisungen", wie Lachen und Lächeln angewöhnt hat. Er ist außerdem einer der letzten Japaner im Grand Prix-Zirkus, wohingegen die Motorradweltmeisterschaft früher mit seinen Landsmännern nur so übersät war.

Man erinnere sich an Namen wie Masao Azuma, Kazuto Sakata, Tomomi Manako, Masaki Tokudome, Youichi Ui, Noboru Ueda, Hisoyouk Kikuchi, Yoshiaki Katoh, Noboyuki Osaki, Takashi Akita und Kazuhiro Takao - alles Namen, die zum Beispiel 1998 in der 125er-Klasse wenigstens ein Mal in die Punkte fahren konnten.

Doch diese Zeiten sind vorbei. "Vor zehn Jahren hatten wir so viele Japaner. Die Gründe dafür sind nicht so einfach", sagte der heutige MotoGP-Pilot Aoyama der GPweek. "Zuerst denke ich, dass sich einfach die wirtschaftliche Lage verändert hat. Außerdem gibt es keine Werksteams mehr im japanischen nationalen Rennsport. Zuvor konnte ein guter Fahrer von einem Privatteam in ein Satelliten-Team und dann ins Werksteam aufsteigen." In Japan gab es im wahrsten Sinne des Wortes eine Karriereleiter zu erklimmen. Die ist jetzt nicht mehr existent. "Mit den Werksteams haben sie vor rund neun Jahren aufgehört, als ich noch japanische Meisterschaft fuhr. Aber ich hatte Glück, denn ich bekam zwei Jahre GP-Rennen durch das Honda-Stipendium." Und die japanischen Talente seien mittlerweile keineswegs verschwunden, wie Aoyama findet. "Das Level mag vielleicht ein kleinwenig niedriger sein, aber ein paar der jungen Fahrer sind richtig gut."

Aoyama hat sich 2011 mit der Vorjahres-Honda die Top Five zum Ziel gesteckt , Foto: Milagro
Aoyama hat sich 2011 mit der Vorjahres-Honda die Top Five zum Ziel gesteckt , Foto: Milagro

Unmöglich denken macht es unmöglich

Doch Aoyama hat sich erst einmal auf sich selbst und seine MotoGP-Karriere zu konzentrieren. Der Japaner liegt nach dem Le Mans-Wochenende auf dem siebten Gesamtrang, sein Highlight bisher war der vierte Platz im Regenrennen von Jerez. "Ich will in den Top Five sein", sagt er selbstbewusst. "Denn es gibt neun Werks-Fahrer, darum wäre es, wenn ich in diesen Bereich komme, die Top Five, ein wirklich richtig gutes Resultat. Es ist nicht einfach, aber wenn du denkst, dass es unmöglich ist, dann wird es unmöglich. Ich denke wir haben den Speed."

Aoyama ist auf eine Art ein Genussmensch. Allerdings überhäuft er sich nicht gerade mit großen Geschenken. Auf die Frage, was er sich als letztes schönes geleistet habe, antwortete er: "Keinen Ferrari leider. Ich erinner mich an nichts, was ich mir gekauft habe. Ich mag essen." Dabei koche er bei sich zuhause sogar selbst. "Aber ich bin ein Mann und kein Profi, darum kannst du dir vorstellen…", spielte er auf die Küchenverhältnisse nach seiner Kunsterprobung an. Darum gehe er in Barcelona gern in ein gutes japanisches Restaurant. Dort gäbe es, da Barcelona eine Hafenstadt ist, besonders guten und frischen Fisch. "Und sehr gute japanische Köche", fügte er an.

Japan-Katastrophe: Dache zuerst es sei ein Film

Die Katastrophe aus Erdbeben, Tsunami und Atomaren Problemen in Fukushima erlebte und erlebt der 29-Jährige mit gemischten Gefühlen. "Ich war in Barcelona auf dem Flughafen auf dem Weg zum Barcelona-Test und ich sah im Fernsehen die großen Wellen in die Insel schwimmen. Zu erst dachte ich, es sei ein Film. Dann war ich wirklich schockiert." Es folgten Minuten, Stunden und Tage der Ungewissheit. "Ich rief meine Familie an, aber es gab keine Verbindung, daher konnte ich nicht checken [wie es ihnen geht]." Erst nach ein paar Tagen erreichte Aoyama seine Liebsten. "Ich fand heraus, dass meine Familie und Freunde okay waren."

In Aoyamas Augen ist die Gefahr für seine Angehörigen aber noch nicht gebannt. "Wir leben 200 Kilometer von dem Atomkraftwerk entfernt", gibt er zu bedenken. "Letzte Woche war ich in Japan. Ich blieb ein paar Tage. Es sieht aus, als sei alles normal. Aber jeder macht sich Sorgen über die Radioaktivität. Die Sache ist die, dass du sie nicht riechst, nicht fühlst und nicht sehen kannst. Ich sah draußen Kinder spielen und Leute mit ihrem Hund spazieren, es sah alles sehr normal aus. Ich war überrascht. Das ist nicht so gut. Wir werden in 20 Jahren noch einmal sprechen."