Fernab spanischer MotoGP-Strecken und asiatischer Superanlagen gibt es sie noch: Naturrennstrecken und Stadtkurse mit Nervenkitzel-Garantie.

Die härtesten Strecken der Welt, Foto: adrivo Sportpresse
Die härtesten Strecken der Welt, Foto: adrivo Sportpresse

Rennsport war schon immer ein Treffpunkt von Widersprüchen, in der modernen Zeit wird es aber um so deutlicher. Fahrer und Veranstalter wollen Sicherheit, Fans mögen den Hinweis nicht, dass Rennsport gefährlich ist und dennoch stöhnen alle Beteiligten zur gleichen Zeit darüber, dass neue Strecken grundsätzlich zu langweilig sind und zu wenig Spektakel liefern. Da ist es kaum verwunderlich, dass sich nur wenige Fahrer zweimal bitten lassen, wenn es um Veranstaltungen wie TT Isle of Man, Stadtrennen auf dem Linnaring oder halsbrecherische Fahrten über irische Landstraßen geht, denn hier gibt es ihn noch, den ultimativen Nervenkitzel.

5 Frohburger Dreieck

Frohburg an sich ist ein idyllisches Örtchen in Sachsen, grün mit tollen Wanderpfaden und für Ornithologen soll es ein Paradies sein. Aber einmal im Jahr, traditionell im September, wird es richtig laut, wenn Motorräder von der 'Schnappsglasklasse' bis 250cc, mit und ohne Seitenwagen oder der Supersport 600, sich auf die Naturstrecke des Frohburger Dreiecks wagen. Seit 1989 freut man sich wieder über internationale Beteiligung, damals zu Gast der legendäre Joey Dunlop, nach dem das Rennen mittlerweile benannt wurde, jährlich finden die "Joey Dunlop Open" statt. 2010 feiern die Veranstalter bereits ihr 50-jähriges Jubiläum. Mittlerweile fährt man nicht mehr über Pflasterstein, sondern stellt die Rundenrekorde auf Asphalt auf, aber die Felder links und rechts der Startaufstellung und rund um den Kurs sind geblieben. Auch wird hier gern bei Dämmerung gefahren, bis fast in die Dunkelheit hinein, ganz ohne Flutlicht.

Rico Penzkofer auf dem Frohburger Dreieck, Foto: Toni Börner
Rico Penzkofer auf dem Frohburger Dreieck, Foto: Toni Börner

4 Horice - 300 Kurven von Gustav Havel

Die Naturstrecke um Horice, Tschechien, ist dieser Tage sehr beliebt, doch zu Zeiten vor dem Mauerfall hatte sie einen noch höheren Kultstatus. Rennfans konnten hier nicht nur Fahrer aus den östlichen Gebieten bestaunen, sondern es gab eine viel breitere internationale Beteiligung. Einzigartig zu dieser Zeit. Horice ist eine Berg- und Talbahn, die nicht nur Vollgaskurven hat, sondern auch einige, die man nur im ersten Gang fahren kann. Es geht stückweise über Landstraßen, dann durch das Städtchen mit engen, buckligen Straßen, meist bergauf, vorbei an Häuserreihen der Innenstadt. 300 Kurven werden im Übrigen nicht absolviert, mit 20 ist man gut dabei. Die erste Kurve nach Start/Ziel ist nicht nur für Fahrer eine Mutprobe, auch als Zuschauer sollte man dort nur stehen, wenn man bereits Erfahrung als Live-Rallyefan hat, denn die Zweiradfahrer kommen einem verdammt nah. Einen zusätzlichen Nervenkitzel bietet das Wetter, nicht selten erschwert Regen die Rennen oder sorgt für größere Verschiebungen im Zeitplan.

3 Ulster - Dundrod Circuit

Das erste Ulster Rennen in der Nähe von Belfast, Nordirland, wurde bereits 1922 ausgetragen, tausende Fans säumten die Straßen von Donnerstag bis Samstag, um das Spektakel zu verfolgen. Damals wie heute fühlt man sich in 'Der Doktor und das Liebe Vieh' Szenerien versetzt. Enge Landstraßen, grober Asphalt, über Teile eines RAF Flugplatzes und die Loanends Primary School bot auf dem Originalkurs den Platz für die Boxengasse. Die ersten beiden Punkte sind auch heute noch der Fall, obwohl der Ulster GP unterdessen auf drei verschiedenen Strecken ausgetragen wurde und aufgrund des zweiten Weltkrieges und Krisen in Nordirland immer wieder gestrichen wurde. Seit 1953 fährt man auf der Dundrod Variante, die 2001 das letzte Mal modifiziert wurde. Der Streckenrekord für den 11.934 km langen Kurs liegt bei 3:19.903 Minuten, aufgestellt von Conor Cummins, der eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 214.499 km/h hinlegte. Erfolgreichster Teilnehmer ist Joey Dunlop mit 24 Siegen.

Connor Cummins hält den Streckenrekord auf dem Dundrod Circuit, Foto: iomtt.com
Connor Cummins hält den Streckenrekord auf dem Dundrod Circuit, Foto: iomtt.com

2 Tandragee 100

Obwohl Tandragee in Nordirland ein Ort mit gerade einmal 3.500 Einwohnern ist, dürfte er Motorradfans sehr bekannt sein. Mit halsbrecherischem Tempo geht es über schmale, kurvenreiche Landstraßen. Die Strecke ist durchzogen von kleinen Erhebungen und mit extrem schnellen Kurven, die an Weiden, Mauern und Häusern vorbei führen. 2009 feierte das Tandragee 100 50-jähriges Jubiläum, doch die Freude darüber hielt nicht lang an, denn 2010 wurde das für den 1. Mai angesetzte Rennen gestrichen. Offiziellen Angaben zu Folge aus wirtschaftlichen Gründen, doch auch der Ruf nach mehr Sicherheit dürfte eine Rolle spielen. 2008 forderte die Strecke das Leben von Martin Finnegan, ein Jahr davor war es John Donnan. Diskussionen gibt es vor allem um die künstlichen Schikanen, die die Fahrer eigentlich langsamer machen sollten. Sicherheitskommissare und Beobachter meinen allerdings, dass gerade diese die Fahrer gefährden.

1 Macau - Guia Circuit

Die engen Gassen von Macau sind legendär, Foto: CGPM
Die engen Gassen von Macau sind legendär, Foto: CGPM

Im südlichen Teil von Macau, China, kommt es schon einmal vor, dass sich Motorradfahrer an Mauern anlehnen, um eine Kurve wirklich so eng wie möglich zu nehmen. Wenn es über die langen Geraden und durch die engen Kurven auf unebener Asphaltdecke geht, muss das eben schnell sein. Wie sonst kommt man bei einer Länge von 6.2 km zu einem Streckenrekord von 2:25.170 Minuten, der von Suart Eaton gehalten wird? Macau ist einer der anspruchsvollsten Kurse in der Motorsportwelt, ein Garant für Nervenkitzel, aber aufgrund der Highspeed-Geraden und scharfen Kurven eben auch gefährlich. Michael Rutter, der in Macau sechs Mal gewinnen konnte, sagt über seine Lieblingsstelle direkt nach Start/Ziel: "Die ist extrem schnell und wenn du auf einer fliegenden Runde bist, dann ist dein Kopf verdammt nahe an der Streckenbegrenzung. Das gibt dir ein irres Gefühl." Seit 42 Jahren werden in Macau Motorradrennen ausgetragen, obwohl es keinerlei Auslaufzonen gibt, nur manchmal einen Notausgang. 1967 wurde auf der Rennstrecke für Hobby-Fahrer das erste internationale Motorradrennen ausgetragen. Und noch eine Besonderheit zeichnet Macau aus: Der Streckenverlauf ist trotz Zeitenwandel und Sicherheitsvorschriften noch genau so wie 1954 zur Schnitzeljagd.

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