Jeder spricht vom Setup und der Abstimmung des Motorrads. Aber was genau werkeln die Fahrer und Igenieure an ihren Maschinen? Das Motorsport-Magazin bat Stefan Kurfiss zur Technikstunde, seines Zeichens Chefmechaniker und Fahrwerkstechniker von Sandro Cortese und Marc Marquez.

Die Wissenschaft vom Fahrwerk, Foto: adrivo Sportpresse
Die Wissenschaft vom Fahrwerk, Foto: adrivo Sportpresse

MSM: Wie beginnt Eure Abstimmungsarbeit an einem Rennwochenende?
Stefan Kurfiss: Das Perfekte Motorrad gibt es nicht. Auf vielen Strecken besitzen wir bereits ein Setup aus dem Vorjahr oder von Testfahrten. Somit können wir Erfahrungswerte vorweisen. Darauf bauen wir das Motorrad für den Freitag auf. Danach läuft die Abstimmung fahrerspezifisch ab. Der eine Fahrer hat diesen Fahrstil, der andere wiegt mehr, man muss das Motorrad auf den Fahrer abstimmen.

Wie beeinflussen das Wetter und die Temperaturen die Fahrwerksabstimmung?
Stefan Kurfiss: Sollte es extreme Temperaturunterschiede geben, also mittags sehr heiß und morgens sehr kalt, macht man für das Vormittagstraining etwas die Dämpfung auf, damit die Gabel und das Federbein etwas besser arbeiten. Davon abgesehen gibt es aufgrund der Temperaturen keine großen Veränderungen. Anders verhält es sich im Regen. Dann wird das Setup komplett umgestellt.

Wie groß ist der Faktor Fahrer bei der Abstimmung. Gibt es Fahrer, die zum Beispiel eher ein härteres oder weicheres Setup bevorzugen?
Stefan Kurfiss: Die Fahrer benötigen nicht unbedingt ein härteres oder weicheres Setup. Viele Fahrstile sind unterschiedlich. Wenn ein Fahrer in der Kurve länger auf der Bremse bleibt, benötigt er ein härteres Fahrwerk, aber das ist von Strecke zu Strecke verschieden. Jeder Fahrer hat seine Eigenheiten.

Der Fahrstil entscheidet über das Setup, Foto: Milagro
Der Fahrstil entscheidet über das Setup, Foto: Milagro

Sandro ist in Jerez mit einem defekten, hinteren Dämpfer auf Platz 11 gefahren. Wie war das möglich?
Stefan Kurfiss: Zunächst müssen wir klären: Es war kein Dämpferdefekt, sondern die Umlenkung ist durchgebrochen. Der Dämpfer hat weiterhin funktioniert, nur wurden die Kräfte durch ihn nicht mehr aufs Fahrwerk übertragen. Sandro ist danach gnadenlos langsamere Rundenzeiten gefahren - pro Runde über zehn Sekunden. Er konnte den 11. Platz nur dadurch retten, dass er die ersten Rennrunden so flott unterwegs gewesen war und zu den Plätzen 12-14 über eine Minute Vorsprung hatte. So konnte er sich ins Ziel retten. Normalerweise kann man mit so einem Fahrwerk keine guten Rundenzeiten fahren.

Wie groß sind die Fahrwerksunterschiede zwischen den drei GP-Klassen 125cc, Moto2 und MotoGP?
Stefan Kurfiss: Das kann man ganz schlecht vergleichen. Die Gewichte der Motorräder und die Reifen sind ganz anders. Die MotoGP ist eine Herausforderung. Jeder Fahrer hat seine eigenen Wünsche und Vorstellungen vom Fahrwerk. Für die Moto2 ist es noch etwas früh, um exakte Aussagen zu treffen. Dort buhlen verschiedene Hersteller um die Gunst der Fahrer und Teams, dabei kristallisiert sich langsam heraus, dass Suter und Kalex sehr gut funktionieren. Aber wir müssen abwarten, wie es sich bei den Fahrwerken weiterentwickelt. Dementsprechend werden auch die Federelemente auf die Fahrwerke angepasst und verbessert. Noch sind die Fahrwerke zu unterschiedlich, damit eine Öhlins- oder Showa-Gabel in jedem Chassis funktioniert. Bei den 125ern laufen fast alle auf Öhlins-Federelementen. Somit gibt es eine Basisvorgabe für die Abstimmung. Alles andere bleibt den Teams überlassen, die sich in einem gewissen Fenster bewegen. Es ist aber kein dramatischer Unterschied.

Ohne ein perfektes Setup sind Podiumsplätze nicht möglich., Foto: Milagro
Ohne ein perfektes Setup sind Podiumsplätze nicht möglich., Foto: Milagro

Das Interview mit Stefan Kurfiss stammt aus unserem Printmagazin Motorsport-Magazin. Mehr Technikhintergründe, Interviews und Reportagen lesen Sie im Motorsport-Magazin - im gut sortierten Zeitschriftenhandel oder am besten direkt online zum Vorzugspreis bestellen: