Casey Stoner auf eins war keine Überraschung., Foto: Milagro
Casey Stoner auf eins war keine Überraschung., Foto: Milagro

Die ersten beiden Testtage für die Saison 2011 sind passe, die ersten Runden in neuen Lackierungen und auf neuen Motorrädern abgespult. Und auch wenn die beiden Valencia-Tage sicher noch nicht als Indikator für das neue Jahr gelten können, ist ein genauerer Blick auf die Ergebnislisten, das Getestete und die Fortschritte lohnenswert.

Stoner auf Anhieb stark

"Wann ist der Stoner eigentlich zuletzt so viele Runden auf ein Mal gefahren?" Das war nicht nur eine Frage, die sich in der Motorsport-Magazin.com-Redaktion gestellt wurde. Fakt ist, dass er Australier von Ducati zu Honda gewechselt ist und sich auf Anhieb wohl gefühlt hat. Insgesamt 107 Runden spulte er an den beiden Tagen ab und zeigte sich am Ende mehr als begeistert von der Honda. "Es gibt nicht viel, mit dem ich nicht zufrieden bin", sagte er am Mittwochabend, nachdem er die Bestzeit des zweiten Tages abgeliefert hatte, wenngleich die noch einen hauch langsamer als Jorge Lorenzos Runde vom Dienstag war.

Stoner und Honda, das wird in 2011 eine gefährliche Mischung. Doch das war auch im Vorfeld schon klar. Auf die Frage, ob Ducati-Rennsportchef von Casey Stoners Leistung überrascht sei, antwortete der Italiener am Dienstagabend: "Ja, ich hatte ihn auf eins erwartet." Doch Stoner ließ es erst einmal ruhiger angehen und gewöhnte sich dennoch schnell an die Honda. Die Mängelliste des 25-jährigen ist an der RC212V nicht sehr lang: Gefühl in der Kurvenmitte, Balance, Elektronik und Motorbremse. "Mit ein wenig mehr Erfahrung, können wir die Probleme beheben."

Und das wichtigste: Stoner scheint mit der Honda mehr das Gefühl zu haben, alles unter Kontrolle zu haben. "Sogar wenn ich ein wenig rutsche ist es nicht weiter wild und das ist eine angenehme Änderung für mich." Was zu beweisen wäre, denn in 2010 war er wieder einmal auch des Öfteren im Kiesbett zu sehen. Sollte die Honda aber doch besser auf der Straße liegen und solcherlei Rutscher besser abtun können, als die Ducati, dann ist er zu 100 Prozent ein Titelkandidat in der neuen Saison.

Lorenzo mit Minimal-Job, Spies stärker denn je

Kommt da noch wer? Jorge Lorenzo blieb auch beim Test schnell., Foto: Milagro
Kommt da noch wer? Jorge Lorenzo blieb auch beim Test schnell., Foto: Milagro

Jorge Lorenzo an beiden Tagen auf eins und zwei zu sehen überraschte niemanden. Der frisch gebackene Weltmeister ist nach wie vor gut drauf und spulte mit 78 Runden eher ein Minimalprogramm ab. Und die Hauptsache waren dabei auch noch Reifentests von Bridgestone. Die Reifen seien nicht merklich besser gewesen, hätten sich aber anders angefühlt sagte er. Mit dem Test war Lorenzo insgesamt zufrieden und nun freue er sich auf ein paar freie Tage. "Ich bin ein bisschen geschafft, deshalb freue ich mich auf die Erholung und werde dann stark ins nächste Jahr starten", meinte er. Wenn er sich nun nicht auf seinem Ruhm ausruht, ist er auch 2011 wieder ein ernst zu nehmender Titelkandidat.

Vielleicht noch nicht um die WM-Krone, aber um Rennsiege könnte Ben Spies fahren. Der Neuling im Werksteam zeigte beim Test ganz klar auf, dass Material eben doch eine Rolle spielt. In der zweiten Reihe der MotoGP war der US-Amerikaner schon in der zweiten Saisonhälfte angekommen, doch das letzte Quäntchen nach vorn fehlte noch. Dieses Quäntchen von meist einer halben Sekunde sind nun nur noch zweieinhalb Zehntel. Tendenz steigend. Grundlegend ist die Werks-Yamaha ja nichts Anderes, als sein Satelliten-Bike aus dem Tech 3-Team, doch bieten sich in der offiziellen Truppe natürlich viel mehr Möglichkeiten - beim Personal, in der Technik, in der Entwicklung. Und das letzte bisschen, was am Material fehlen könnte, das umfährt Spies gekonnt, wie er es in der Superbike WM, zugegeben auf einem anderen Level, schon bewiesen hat.

0,256 Sekunden. Was Spies heuer auf die Spitze fehlte, hatte er beim ersten Superbike WM-Test 2009 exakt Vorsprung., Foto: World SBK
0,256 Sekunden. Was Spies heuer auf die Spitze fehlte, hatte er beim ersten Superbike WM-Test 2009 exakt Vorsprung., Foto: World SBK

Etwas für abergläubische: Ben Spies verlor am Mittwoch 0,256 Sekunden auf die Bestzeit von Casey Stoner. Bei seinem ersten Test in der Superbike WM im Januar 2009 in Portimao führte er die Zeitenliste an - mit 0,256 Sekunden Vorsprung auf Shane Byrne.

Überraschungen des Tests

Stoner an der Spitze war keine sonderlich große Überraschung, vielmehr wurde er dort erwartet. Marco Simoncelli nur knapp vier Zehntel hinter der Spitze war auf eine Art eine Überraschung, auf die andere aber der logische Schritt. Nach seinem positiven Aufwärtstrend in den letzten Saisonrennen erhält auch er für die neue Saison echtes Werksmaterial - und konnte es sofort umsetzen. Im Qualifying am Samstag war er zwar noch einen Tick schneller als an den beiden Testtagen, doch nicht wesentlich. Hart gesagt für den Italiener positiv: Er stürzte am Mittwoch und blieb unverletzt. Positiv daran ist, dass er eben unverletzt blieb und der Fakt, dass er gestürzt ist. Denn das heißt: Er lotet die Limits langsam aus, will wissen wo die sind. Und wenn er dieses Limit-Gefühl dann etwas besser als auf der 250er hinbekommt, dann liegt in 2011 nicht nur das erste Podest in Reichweite.

Die eigentliche Überraschung der Tests: Karel Abraham., Foto: Milagro
Die eigentliche Überraschung der Tests: Karel Abraham., Foto: Milagro

Weitere Überraschungen kamen von Alvaro Bautista und Randy de Puniet. Wobei. Bei Bautista auf der Suzuki kann man in der Winter-Testsaison kaum von einer Überraschung sprechen. Aufmerksamen Beobachtern ist über Jahre hinweg aufgefallen, dass Suzuki immer dann stark ist, wenn um die goldene Ananas gefahren wird. Einige Male waren sie schon heiße Titelanwärter und die Geheimtipps für die Weltmeisterschaft - doch das endete meist mit dem Ende der Testsaison. Da überraschte der Franzose de Puniet viel mehr, als er sich am Mittwoch auf den achten Rang nach vorn schob und damit bester Ducati-Neuling wurde - auf der privaten Pramac. So weit vorn war das Team leider lange nicht mehr zu sehen.

Eine weitere Überraschung des Tests war der Tscheche Karel Abraham. Gerade mal einen Grand Prix-Sieg hat der Rookie einfahren können - am Sonntag in der Moto2. Doch nur mit einem Sieg auf dem Konto war zum Beispiel auch schon ein Alex de Angelis in die MotoGP aufgestiegen. Bei seinem Testdebüt zog sich Abraham beachtlich aus der Affaire. Rang 16 ist zwar von der Platzierung her nicht überragend, doch sollte man dabei auf den Zeitenrückstand von nur 1,727 Sekunden schauen. Mit dieser Zeit wäre er am Sonntag zwar auch als Letzter losgeknattert, doch vergleiche man es einmal mit dem ersten Auftritt von Gabor Talmacsi letztes Jahr in Barcelona: Der verlor dort im zweiten freien Training noch fünf Sekunden auf die Spitze.

Sicher hinkt ein solcher Vergleich, doch ist es nicht zu verachten, wenn einer an zwei Testtagen gleich einmal runde 1,3 Sekunden schneller wird. Doch nun beginnt für den Ducati-Neuling die schwere Aufgabe, denn bis zu den Top-Platzierungen ganz vorn fehlt noch einmal ungefähr genauso viel, aber grundsätzlich ein gelungener Einstand. Und ganz anders gesagt: Dass Abraham bei seiner zweiten Ausfahrt auf der Ducati nur 0,032 Sekunden langsamer als Valentino Rossi sein würde, davon hätte er wohl selbst nicht geträumt.

Kein Auge auf die Rundenzeiten: Valentino Rossi., Foto: Milagro
Kein Auge auf die Rundenzeiten: Valentino Rossi., Foto: Milagro

Rossi lässt es ruhig angehen

Und damit sind wir beim wohl wichtigsten Thema des Tests: Valentino Rossis Debüt auf der Werks-Ducati. Auf eine Art für manch einen Enttäuschend, auf der anderen Seite absolut nicht überzubewerten. Der Italiener ließ es ruhig angehen, lernte sein neues "Mädchen" erst einmal kennen. Der 15. Rang vom Mittwoch hebt den neunfachen Weltmeister sicher weniger an, als manchen Beobachter. Er analysiert halt in Ruhe - und gibt Ducati die Marschrichtung für den Winter, für die Entwicklung.

Trotzdem klappte einigen die Kinnlade herunter, als man die Platzierung des Italieners las. Viele hatten erwartet, dass er trotzdem gleich wieder in den Top Fünf zu finden sein würde. Doch dem war nicht der so. Nun kommen die Kritiker auf den Plan, die ihm nachschreien, dass er es entweder nicht mehr kann oder dass eben doch nur Stoner mit der Ducati schnell sein kann. Sollte das wirklich der Fall sein, dann hat Ducati zwei Möglichkeiten: Ein zu Rossi passendes Motorrad bauen oder aber das Geld nehmen und damit nach Stoner werfen, damit der zurückkommt.

Weit zurück: Toni Elias., Foto: Milagro
Weit zurück: Toni Elias., Foto: Milagro

Doch Rossi und Burgess werden gemeinsam mit Preziosi und Co eine siegfähige Ducati hinbekommen, so viel ist sicher. Die Frage ist nur, wie schnell sie damit sein werden, in Zeiten des Testverbotes. Wenn seine Karriere etwas gezeigt hat, dann dass man einen Rossi niemals abschreiben darf - oft zum Ärgernis der Konkurrenz.

Einfach nur enttäuschend bei diesem Test blieb Moto2-Weltmeister Toni Elias. Rang 17, rund 2,7 Sekunden Rückstand auf die Spitze und eine Sekunde auf Karel Abraham vor ihm.