Jonas, du hattest durch deinen überraschenden Teamwechsel sicher eine sehr bewegte Sommerpause...
Jonas Folger: So bewegt war die Pause eigentlich nicht, eher das Gegenteil. Die Verhandlungen über meine Zukunft habe ich gar nicht so direkt mitbekommen. Mein Berater und ich haben in Bezug auf meine Karriere schon vor einiger Zeit vereinbart, dass ich mich komplett auf meine Leistung auf der Strecke konzentriere. Dadurch war ich in die Verhandlungen nicht direkt eingebunden, wurde nur von Christian in relativ regelmäßigen Abständen über den Stand der Dinge unterrichtet.

Der Deal wurde erst sehr spät in der Öffentlichkeit bekannt gegeben...
Jonas Folger: Die Verhandlungen begannen gleich nach Mugello. Eigentlich ging alles sehr schnell, aber wir hatten uns aus verschiedenen Gründen für eine eher diskrete Vorgehensweise entschieden. Einige Gerüchte ließen sich allerdings nicht vermeiden.

Hattest du Angst, es könnte kurz vor der Einigung noch etwas schiefgehen?
Jonas Folger: Da ich in letzter Zeit nicht immer vom Glück verfolgt wurde, waren meine Zweifel irgendwie berechtigt. Wenn man mit einem der besten Teams im Fahrerlager verhandelt, kann immer etwas schiefgehen. In solch einer Situation möchte man die Öffentlichkeit erst informieren, wenn alles zu einhundert Prozent fixiert ist. Bis zu diesem Zeitpunkt war es einfach mein Ziel, auf der Rennstrecke das Beste zu geben und meine Verhandlungsposition zu stärken.

Der Rennstall von Jorge Martinez gehört zu den erfolgreichsten der letzten Jahre, war aber zumeist für junge Spanier reserviert...
Jonas Folger: Das war einer der Gründe, warum ich die Verhandlungen eher skeptisch verfolgt habe. Wir hatten uns schon einige Zeit im Fahrerlager umgehört und bereits Gespräche mit anderen Teams geführt. Irgendwann kamen die ersten Kontakte zur Mannschaft um Gino Borsoi zustande. Mir wurde mitgeteilt, man hätte ein Auge auf mich geworfen. Als es die ersten Verhandlungen gab, wurde mir aber auch schnell klar gemacht, dass ich eine Ausnahme sein werde und meine Verpflichtung mit großen Hoffnungen, aber auch Ansprüchen verknüpft sei.

Jonas Folger fand sich schnell zurecht, Foto: Aspar Team
Jonas Folger fand sich schnell zurecht, Foto: Aspar Team

Es gab schon vorher Verhandlungen mit anderen Teams? Wusste IODA davon?
Jonas Folger: Das Team hat es gemerkt und demzufolge auch gewusst. Gerüchte machen im Fahrerlager schnell die Runde und sind meist nicht zu kontrollieren. Wir hatten uns schnell darauf geeinigt, dass das Team mir bei einem entsprechenden Angebot keine Steine in den Weg legt. Als der Wechsel zu Aspar vollzogen wurde, lief die Trennung sehr fair ab. Im Endeffekt habe ich mich in menschlichen Belangen beim IODA-Team immer wohlgefühlt. Vor der aktuellen Saison drohte mir nach dem Rauswurf bei MZ das Karriereende. Durch das Engagement bei Giampiero Sacchi wurde mir überhaupt erst die Möglichkeit gegeben, weiterhin in der Weltmeisterschaft präsent zu bleiben. Beim Meeting in Indianapolis habe ich die ersten freien Minuten genutzt, um das Team in ihrer Box zu besuchen. Ich habe mich bei allen Teammitgliedern verabschiedet und bei Herrn Sacchi noch einmal für seinen damaligen Einsatz für mich bedankt.

Hattest du aus technischer Sicht bei IODA die Hoffnung komplett aufgegeben?
Jonas Folger: Ehrlich gesagt ja, spätestens nach dem Ausfall beim Heim-GP am Sachsenring. Wir konnten durch die Nässe im Training gut mithalten und eine gute Startposition herausfahren. Ich war für das Rennen hoch motiviert und dann folgte wieder einmal ein technischer Ausfall. Wer mich danach in der Box gesehen hat, kann sich ungefähr vorstellen, wie ich mich gefühlt habe. Ich hatte mit den Tränen zu kämpfen. Die Mannschaft von IODA ist sehr klein, kaum zu vergleichen mit den Teams von KTM und Honda. Für mich gibt es jetzt viel mehr Unterstützung von Technikern und Spezialisten, dadurch kann ich mich besser auf das Fahren konzentrieren. Ein Vergleich meines neuen Teams mit IODA ist nicht möglich. Viele Details, die Infrastruktur oder die wirtschaftliche Situation sind komplett verschieden. Aber wie gesagt, trotz der erheblichen Probleme im technischen Bereich bin ich Giampiero Sacchi für die Zeit in seinem Team sehr dankbar.

Wie war deine Herangehensweise nach dem Wechsel? Hast du dir selbst Druck gemacht?
Jonas Folger: Zum Anfang hatte ich das Geschehene noch gar nicht richtig realisiert. Ich glaubte die ganze Zeit, hier erlaubt sich jemand einen Scherz mit mir. Als ich in Indy das erste Mal die Box betreten habe und die Kalex mit meiner Startnummer gesehen habe, hat es den berühmten Klick gemacht. Natürlich hatte ich Angst, dass nicht gleich alles wie erwartet klappt. Die Top 5 müssen in einem solchen Team die sofortigen Ansprüche sein. Da ich bei Aspar Top-Material zur Verfügung habe, gibt es dann keine Ausreden mehr und man beginnt, sich selbst unter Druck zu setzen. Außerdem konnte ich vor dem Meeting in Indianapolis keine Tests absolvieren, daher wusste ich auch nicht, was mich überhaupt erwartet.

Die Angst war aber unberechtigt, du hast in den ersten zwei Rennen einen dritten Platz und einen Sieg geholt...
Jonas Folger: Ehrlich gesagt, habe ich so einen Einstand nicht erwartet. Allerdings bin ich in einem hoch professionellen Team mit einer unglaublichen Organisation und Disziplin gelandet. Für die meisten Bereiche gibt es Spezialisten und die Kommunikation erfolgt in Englisch. Diese Faktoren erleichtern mir meine Arbeit um Einiges. Ich hoffe, es geht so weiter und wir können uns Schritt für Schritt verbessern. Mit ein paar Kilometern mehr auf der Kalex werde ich mich sicher noch steigern, speziell in der Fahrwerksabstimmung habe ich noch einige Ideen. Durch die Erfolge und den Sieg habe ich aber erst einmal meine Verpflichtung gerechtfertigt und etwas Selbstvertrauen zurückgewonnen.

Wie wirken sich die vergangenen zwei Rennwochenenden mental aus?
Jonas Folger: Das ist eine sehr gute Frage, die vermutlich nur Personen aus meinem Umfeld wirklich richtig beantworten können. Ich persönlich fühle mich selbstbewusster, man geht verschiedene Dinge oder Problem zielstrebiger und offener an. Viele Situationen meistert man viel einfacher und wenn es nur eine Bodenwelle auf der Strecke ist. Eine Steigerung ist aber trotz der Erfolge in Indianapolis und Brünn möglich und auch erforderlich. Zur absoluten Spitze um Sandro, Maverick und Luis fehlen uns noch einige Schritte.

Hast du dir schon Gedanken um deine Zukunft gemacht? Wurde die Saison 2013 in die vergangenen Verhandlungen mit einbezogen?
Jonas Folger: Wir haben uns in den Gesprächen ausschließlich auf die verbleibenden Rennen 2012 konzentriert. Es wurde mir nach den gezeigten Leistungen allerdings schon signalisiert, dass man gern mit mir weitermachen will. Es wird sich zeigen, welche Option für mich die Beste ist, Moto3 oder Moto2. Mit meiner Größe von derzeitig 180 Zentimetern ist die mittlere Kategorie vermutlich die beste Wahl. Allerdings wäre auch eine komplette Saison mit Top-Material bei Jorge Martinez in der Moto3 eine gute Option. Eine genaue Standortbestimmung wird es vermutlich erst zum Ende der aktuellen Saison geben.