Marcel, das Meeting am Sachsenring könnte zu einem wichtigen Eckpunkt deiner Karriere werden. Was war passiert und wie geht es dir?
Marcel Schrötter: Das stimmt. Ich habe am Sachsenring mein letztes Rennen für Mahindra bestritten, da das Team und ich uns geeinigt hatten, in Zukunft getrennte Wege zu gehen. Seit dieser Entscheidungsfindung fühle ich mich wieder besser und vor allem erleichtert. Der Entschluss, das Team zu verlassen, war nach den Geschehnissen der letzten Zeit nicht mehr zu umgehen. Ich hatte mich damals für das Team entschieden, da die Mannschaft finanziell gut aufgestellt war und die Ziele in der indischen Konzernzentrale hoch gesteckt waren. Platzierungen unter den ersten Fünf wurden zu diesem Zeitpunkt angestrebt. Diese Vorstellungen wurden aber schnell zur Utopie, da uns für solche Ergebnisse die nötigen technischen Voraussetzungen gefehlt haben. Es wurde in der Folgezeit sehr oft viel versprochen, aber die Verbesserungen ließen weiter auf sich warten.

War der technische Rückstand so eklatant?
Marcel Schrötter: Der technische Rückstand war zu Beginn meiner Zeit im Team nicht zu groß. Da es allerdings kaum Verbesserungen in diesem Bereich gab, ist uns die Konkurrenz enteilt. Das Fahrwerk des Motorrads ist eigentlich in einem guten Zustand, vor allem im Trockenen. Der eigentliche Schwachpunkt des Bikes ist der Motor. Die fehlende Leistung unten heraus war mit Sicherheit der gravierendste Mangel. Negativ war auch die aggressive Leistungsentfaltung, die der Charakteristik eines Zweitaktmotorrads sehr ähnelte. Die dadurch entstandene Fahrbarkeit der Mahindra ließ jegliches Vertrauen in das Motorrad verschwinden. Durch den fehlenden Speed auf den Geraden musste ich beim Bremsen und in den Kurven ständig das eigentliche Limit überschreiten. Die vielen technisch bedingten Ausfälle in den Trainings und Rennen taten dann ihr Übriges.

Mahindra verfügt in Italien über ein Testteam. Warum gab es keine Verbesserungen?
Marcel Schrötter: Mahindra besitzt ein Testteam in der Italienische Meisterschaft, allerdings werden dort noch die alten Achtellitermaschinen eingesetzt. Über den Sinn, dass dort keine Moto3-Bikes entwickelt werden, kann man sich natürlich streiten. Ein Vorschlag von mir war, im ersten Jahr mit Motoren von Honda zu fahren und das eigene Triebwerk in Ruhe zu entwickeln. So hätte man die Mahindra-Farben öfters in den Top 10 gesehen und wäre im zweiten Jahr dieser neuen Klasse mit besser vorbereiteten Maschinen und Motoren an den Start gegangen. Die Weltmeisterschaft ist in meinen Augen definitiv nicht der richtige Platz, um eine solche Konstruktion ohne größere Vorlaufzeit zu entwickeln. Ein richtiges Moto3-Testteam mit einem erfahrenen Testfahrer wäre da der richtige Weg gewesen.

Marcel Schrötter sparte nicht mit Kritik, Foto: Mahindra Racing
Marcel Schrötter sparte nicht mit Kritik, Foto: Mahindra Racing

Du hast im Verlauf der Geschehnisse nicht mit öffentlicher Kritik in den Medien gespart...
Marcel Schrötter: Es hatte sich im Laufe der Zeit eine Menge Frust angestaut. Es wurde wie gesagt immer sehr viel versprochen, aber nichts eingehalten. Es kam kein neues Motorrad und der Fortschritt am aktuellen Bike war auch sehr überschaubar. Ich war in den Interviews immer sehr direkt, habe aber stets die Wahrheit gesagt. Solche Aussagen kommen natürlich bei den Verantwortlichen nicht gut an.

Wann wurde die Entscheidung im Team getroffen und wann hast du die Entscheidung für dich gefällt?
Marcel Schrötter: Für mich selbst wusste ich es schon seit zwei bis drei Rennen. Ich denke, von Seiten des Teams wurde meine Vertragsauflösung zum selben Zeitpunkt beschlossen. Ich hatte in diesen Wochen dem Teamchef meine Meinung über alle bestehenden Probleme gesagt, was ihm sichtlich nicht richtig gepasst hat. Im Gegenzug wurden mir Schwierigkeiten unterstellt, mich zu motivieren und mir die Schuld an der technischen Misere in die Schuhe geschoben. Außerdem wurde mir der Tipp gegeben, einen Sportpsychologen aufzusuchen, um meine Motivationsprobleme zu bekämpfen. In dieser Zeit hat mich mein Berater Harald Eckl in den Gesprächen unterstützt und es wurde in Assen vereinbart, bis zum Sachsenring Klarheit zu schaffen.

Lief die Trennung fair ab?
Marcel Schrötter: Die Trennung vom Team lief sehr fair ab. In diesem Zeitraum habe ich begonnen, mich im Fahrerlager umzuhören, was es für die aktuelle Saison noch für Möglichkeiten gibt. Das Gerücht über meine Eigeninitiative kam natürlich sehr schnell wieder in der Mahindra-Box an, aber das war mir in diesem Moment egal. Mein Teamchef hat mir zu diesem Zeitpunkt seine Hilfe angeboten, mich im Ambrogio-Next-Racing-Team unterzubringen, aber durch das bestehende Reglement war ein Teamwechsel nicht so einfach möglich. Die Teams dürfen in der Saison lediglich Ersatzfahrer verpflichten.

Das Team hat dir bei der Suche nach einem neuen Arbeitgeber geholfen?
Marcel Schrötter: Da Mahindra mit Riccardo Moretti einen starken Fahrer in der Hinterhand hatte, waren alle Rahmenbedingungen schnell besprochen. Ich habe mich mit dem Team über alle finanziellen Angelegenheiten sofort geeinigt. Natürlich war es für den Rennstall auch sehr angenehm, alle anderen Probleme so schnell wie möglich beseitigt zu haben. So kam es zustande, dass mir mein Teamchef behilflich war, so schnell wie möglich wieder Unterschlupf zu finden.

Wie geht es jetzt weiter? Wäre die Moto2 auf Grund deiner Größe nicht eine Option?
Marcel Schrötter: Wie gesagt, Optionen in der Moto3 sind vorhanden. In den Planungen für die Zukunft spielt aber die Moto2 durch meine Körpermaße eine größere Rolle. Gerüchte über eine Ablösung von Max Neukirchner im Team von Stefan und Jochen Kiefer machten ja sofort die Runde. Diese Berichte entbehren allerdings jeglicher Grundlage. Ich werde nach dem Rennen in Mugello in Spanien ein Moto2-Bike testen und danach alle Möglichkeiten mit der nötigen Sorgfalt prüfen.