Dramatischer hätte das Moto2-Rennen in Silverstone nicht sein können: Silverstone-Dominator Sam Lowes wurde von Johann Zarco von der Strecke gerammt, der lachende Dritte war Tom Lüthi, der am Ende einen ungefährdeten Sieg einfahren konnte.

Der Start: Von der Pole ging Sam Lowes ins Rennen, der bisher alle Sessions dominiert hatte. Den Holeshot aber schnappte sich Jonas Folger, der von Startplatz drei aus einen Blitzstart hinlegte. Lowes reihte sich hinter ihm ein, Zarco fuhr als Dritter durch die erste Kurve. Schon Ende der ersten Runde aber übernahm Lowes die Führung.

Schnell suchte Lowes sein Heil in der Flucht nach vorn, während Zarco sich erst nach zwei Runden an Folger vorbei quetschen konnte und von diesem dann unablässig bedrängt wurde. In der vierten Runde hatte Lowes bereits eine kleine Lücke zu Zarco gerissen, gleichzeitig musste Folger auch noch Morbidelli und Marquez vorbei lassen. Ebenfalls in dieser Verfolgergruppe mischen Syahrin und Lüthi mit. Unter Druck des heranpreschenden Morbidelli holte Zarco Lowes prompt in der folgenden Runde wieder ein.

In Runde sechs blies Lüthi zum Angriff: Er überholte Folger und dann sogar Morbidelli und setzte sich hinter Lowes und Zarco auf Rang drei. Wenig später zwängte er sich an Zarco ebenfalls vorbei, zwei Kurven später schnappte er sich auch Lowes und übernahm die Führung, da waren noch elf Runden zu fahren. In Lüthis Schlepptau quetschte sich auch Zarco an Lowes vorbei, einige Kurven später musste der Brite auch Morbidelli passieren lassen.

Lüthi versuchte, sich an der Spitze abzusetzen, und hatte mit neun Runden auf der Uhr schon neun Zehntel Luft auf Zarco, der wiederum zwei Zehntel vor Morbidelli lag. Lowes fing sich wieder und presste sich an Morbidelli vorbei, der acht Runden vor Schluss abreißen lassen musste. Folger fiel bis auf Rang sieben zurück.

Sieben Runden vor Schluss büßte Lüthi seinen Vorsprung wieder ein, die drei Führenden lagen plötzlich wieder innerhalb einer halben Sekunde, und Lowes hatte einen Heimsieg definitiv noch nicht abgeschrieben, in jeder Kurve attackierte er Zarco. Auch Morbidelli holte wieder auf.

Anfangs der fünftletzten Runde verbremste sich Zarco, Lowes musste extrem weit gehen und schon befanden sich Morbidelli und sogar Nakagami wieder in Schlagdistanz. Lüthi behauptete sich weiter an der Spitze, Zarco kam gerade so nicht nahe genug heran, um ein Manöver gegen ihn zu setzen. In der folgenden Runde kostete ein Geplänkel zwischen Morbidelli und Nakagami die beiden wieder den Anschluss, während Lowes wieder an Zarco dran war. Sofort drängte er sich innen am Weltmeister vorbei, der wollte mit einem viel zu optimistischen Manöver kontern und es kam zur Kollision. Lowes stürzte, Zarco konnte als Siebter weiterfahren, und Lüthi hatte plötzlich eine große Lücke hinter sich. Hinter ihm balgten sich Nakagami, Morbidelli und Syahrin nunmehr um die verbleibenden Plätze auf dem Podium, Folger konnte als Fünfter mit etwas Rückstand nur zusehen.

Die Platzierungen: Der Siegt war Lüthi nicht mehr zu nehmen, in der Verfolgergruppe setzte sich Morbidelli vor Nakagami durch. Syahrin holte als Vierter sein bestes Saisonergebnis vor Folger. Zarco kam noch als Sechster ins Ziel, wurde durch seine Strafe aber auf Rang 22 rückversetzt, dahinter landeten Baldassarri, Rins, Corsi, Pasini und Axel Pons. Schrötter erkämpfte Rang elf vor Cortese, die restlichen Punkte gingen an Vierge, Simon und Kent. Raffin wurde Siebzehnter, Mulhauser landete auf Rang 24.

Die Zwischenfälle: Riesenpech hatte Cortese schon vor dem Start, sein Motorrad ging aus und musste in die Boxengasse geschoben werden. Er schaffte es gerade noch rechtzeitig in die Aufwärmrunde, musste aber von ganz hinten starten. Schon nach wenigen Kurven ging Isaac Vinales zu Boden, sein Rennen endete in Kurve neun. In Runde fünf stürzte Marquez im Kampf ums Podium in Turn 14.

Vier Runden vor Schluss rammte Zarco Lowes von der Strecke, beide konnten zwar weiterfahren, verloren aber jegliche Chancen auf eine gute Platzierung. Der Vorfall wurde von der Rennleitung untersucht, gegen Zarco wurde eine Strafe von 30 Sekunden verhängt.

Das Wetter: Zwar hingen zum Rennstart der Moto2 weiterhin dunkle Wolken über Silverstone, diesmal hielt der britische Himmel seine Schleusen aber geschlossen. Der Asphalt blieb trocken, mit 18 Grad allerdings auch nicht sonderlich warm. Die Lufttemperaturen hielten sich ebenfalls bei mageren 19 Grad, dazu wehte eine steife Brise.

Die Analyse: Hätte man Alex Rins nach seiner Trainingsverletzung und dem miserablen Qualifying gesagt, dass er nach dem Großbritannien GP nur noch zehn Zähler Rückstand auf Zarco im WM-Klassement haben würde, hätte er das wohl kaum geglaubt. Die WM ist damit wieder völlig offen. Tatsächlich hat sich Zarco das aber ganz alleine zuzuschreiben, sein Manöver, noch nicht einmal in der letzten Rennrunde, war völlig fehlplatziert und kostete Lowes möglicherweise sogar den Heimsieg. Tom Lüthi war am Ende der große Profiteur, er fuhr ein kluges Rennen, achtete auf die Reifen und holte somit nur zwei Wochen nach seinem schweren Brünn-Crash seinen zweiten Saisonsieg.