Tom, du hattest jetzt sieben Rennen, dich an die neue Strukturen in deinem neuen Team zu gewöhnen. Was hat sich für dich geändert im Vergleich zu den Jahren als Solokämpfer?
Tom Lüthi: Viel! Einen Teamkollegen hatte ich ja noch nie - und erst recht nicht auf dem Niveau eines Dominic (Aegerter). Das ist alles neu für mich, aber es ist sehr cool und ich habe mit den beiden Jungs (Aegerter und Mulhauser) viel Spaß. Wir sind ja viel zusammen unterwegs auf Reisen und verbringen daher viel Zeit miteinander. Im Hinblick auf die Arbeit, kann ich mich endlich mit jemandem austauschen. Wir sprechen uns ab: Hey, wie hat sich der Reifen bei dir angefühlt, wie machst du dieses und jenes, in welche Richtung gehst du? Aber auch über Taktik haben wir schon gesprochen. Vor dem Rennen in Mugello etwa, als wir beide in der Startaufstellung weit vorne standen: Wollen wir irgendwie ein bisschen zusammenarbeiten irgendwo? All das habe ich nicht gekannt.

Siehst du dieses neue Schweizer Dream Team also nur positiv?
Tom Lüthi: Ja, bis jetzt nur positiv. Wir sind auf viel breiterer Basis abgesichert, obwohl Dominic eine komplett andere Abstimmung fährt und einen ganz anderen Fahrstil hat. Aber alleine dass sich die Cheftechniker von Robin, Dominic und mit jeden Tag zusammensetzen, bringt gute Erfahrungswerte mit sich.

Wie gehen Fans und Medien in der Schweiz mit dem Team um?
Tom Lüthi: Am Anfang wurde ein bisschen gegen uns geschossen. Nach dem Motto "Das kann nie funktionieren" oder "Wir werden uns gegenseitig zerstören", zwei Alphamännchen und so ein Zeug. Irgendwann habe ich das ausgeblendet und wollte gar nichts mehr davon wissen. Schlussendlich ist es so, dass wir Teamkollegen sind, zusammen arbeiten, aber auf dem Motorrad muss dann jeder seinen Job machen und sich durchsetzen. Es gibt für mich ja nicht nur den Domi da draußen, sondern noch ganz viele andere, die gewinnen wollen.

Gewinnen ist ein gutes Stichwort: Du warst, seit es die Moto2 gibt, jede Saison in den Top-6 der Gesamtwertung. Was würdest du benötigen, um es weiter nach oben zu schaffen?
Tom Lüthi: Der Wechsel zu Kalex ist einer der kleinen Bausteine, die wir suchen. Es braucht nicht mehr viel, denn die Saison hat gut angefangen - vor allem wenn man die verringerten Tests bedenkt. Die Konstanz ist schlussendlich das Wichtigste, die Konstanz, ganz vorne zu sein. Da kommt mir jetzt natürlich Mugello in den Sinn, wo ich das Ding in Führung weggeschmissen habe. Da habe ich wirklich Mist gebaut, wollte zu viel und war übermotiviert. So etwas reißt natürlich genau ein Loch in die eben angesprochene Konstanz. Aber hinterherfahren will ich auch nicht, deshalb muss ich das Limit nach vorne hin suchen.

Lüthi landete im ersten Rennen mit Kalex auf dem Podium, Foto: Milagro
Lüthi landete im ersten Rennen mit Kalex auf dem Podium, Foto: Milagro

Du bist lange Suter gefahren, nun sitzt du auf einer Kalex. Bist du zufrieden mit deinem neuen Bike?
Tom Lüthi: Ich bin sehr zufrieden. Wir hatten zwar Anlaufschwierigkeiten wegen der Tests, die ins Wasser gefallen sind. Dadurch war das Ganze nicht sehr einfach und wir mussten vor allem die ersten drei Rennen ein bisschen als weitere Testphase ansehen und mussten große Schritte machen bei der Abstimmung. Das ist uns vor allem in Jerez und Le Mans aber gelungen.

Wie lässt sich die Zusammenarbeit über all die Jahre mit Suter mit der aktuellen mit Kalex vergleichen?
Tom Lüthi: Das ist schwer zu vergleichen. Ich habe mit beiden Rennen gewonnen, also sind beide gute Motorräder. Bei Suter war natürlich etwas mehr Nähe zum Werk da, weil es weniger Teams gab. Aber auch Kalex hat viel Support an der Strecke und die Unterstützung funktioniert sehr gut. Ich vermisse nichts.

Du hast in dieser Saison die 200-GP-Marke geknackt und gehörst mit 28 Jahren schon zu den routinierten Fahrern im Feld. Wie siehst du deine mittelfristige Zukunft?
Tom Lüthi: Das Ziel ist immer noch die MotoGP-Klasse. Allerdings nur mit dem richtigen Material. Vielleicht wird sich die Klasse ja so verändern, dass es dann irgendwann doch klappt. Ich fühle mich noch nicht zu alt für einen Aufstieg oder den Kampf um den WM-Titel in der Moto2.

Im Hinblick auf gutes Material: Ist es für deine Ambitionen gut für deine Ambitionen, dass die Open-Klasse 2016 abgeschafft wird und nur noch Factory-Bikes unterwegs sein sollen?
Tom Lüthi: Es ist in den letzten drei Jahren viel passiert und ich kann nicht abschätzen, ob nächstes Jahr tatsächlich alles anders wird. Es sieht so aus, als gäbe es bessere Chancen auf gute Motorräder. Allerdings ist auch die Finanzierung ein großes Thema und da hast du es als Schweizer Fahrer nicht so einfach. Das Wichtigste, um den Schritt in die MotoGP zu schaffen, sind aber die Resultate. Und darauf konzentriere ich mich im Moment.