Bühne frei für die Piloten der Moto2 und Moto3. Nur wenige Tage nach dem MotoGP-Testauftakt in Malaysia trafen sich auch die mittlere und kleine Klasse der Motorrad-Weltmeisterschaft für ihren offiziellen Testauftakt 2015. Auf dem Circuit de la Comunitat Valenciana Ricardo Tormo prüften insgesamt 61 Piloten ihre Frühform und Arbeitsgeräte auf Herz und Nieren.

Nahe der kalten und verregneten spanischen Hafenstadt Valencia lief jedoch keinesfalls alles nach Plan. Stürze, Defekte, Ausfälle und schlechte Testbedingungen standen ebenso auf der Agenda wie spektakuläre Debüts, Überraschungen und starke Rundenzeiten. Motorsport-Magazin.com wirft noch einmal einen zusammenfassenden Blick auf die drei Test-Tage und beantwortet die wichtigsten Fragen:

Wer setzte die positiven Glanzlichter?

Dass die Motorrad-Weltmeisterschaft immer schneller wird, ist bei weitem kein Geheimnis. Wie auch beim Testauftakt der MotoGP in Sepang setzten die Piloten der kleineren Klassen beeindruckende Einzelzeiten - und das, obwohl nur der Dienstag Bedingungen für eine Zeitenhatz bot.

Moto2-Weltmeister Tito Rabat ging in Valencia nur am Dienstag auf die Strecke, Foto: Marc VDS Racing
Moto2-Weltmeister Tito Rabat ging in Valencia nur am Dienstag auf die Strecke, Foto: Marc VDS Racing

In der Moto2 ließ der Franzose Johann Zarco nach seinem Wechsel von Caterham Moto Racing zu Ajo Motorsport in der dritten Dienstags-Session mit der absoluten Testbestzeit aufhorchen. Als einer von vier Piloten lag er dabei unter der Pole-Zeit des Saisonfinals 2014 (1:35.199). Mit seiner schnellsten Runde von 1:34.754 fuhr Zarco als einziger Fahrer unter die magische Grenze von 1:35.00 Minuten. Chapeau, Monsieur!

Auch Sam Lowes (+0,352), Weltmeister Tito Rabat (+0,391), Tom Lüthi (+0,440) sowie Xavier Simeon (+0,510) zeigten durchaus ansprechende Leistungen im Trockenen. Als Meister des Nassen und der widrigen Bedingungen erwies sich jedoch einmal mehr Regenspezialist Hafizh Syahrin. Der Malaysier lag sowohl am Mittwoch (1:47.666) als auch am Donnerstag (1:46.971) in Front.

In der Moto3 bestätigte Ausnahmetalent Fabio Quartararo bei seinem Debüt für Estrella Galicia auf seiner Honda umgehend alle Vorschusslorbeeren. In der dritten Dienstagssession raste der 15-jährige Franzose mit seiner schnellsten Runde von 1:39.392 Minuten zur absoluten Testbestzeit. Auch Danny Kent (+0,023) und Enea Bastianini (+0,277) waren auf Anhieb pfeilschnell.

der nächste Stern am Motorrad-Himmel? Fabio Quartararo gilt bereits mit 15 als potentieller Superstar, Foto: Repsol
der nächste Stern am Motorrad-Himmel? Fabio Quartararo gilt bereits mit 15 als potentieller Superstar, Foto: Repsol

Am nassen Mittwoch und Donnerstag fuhren sich vor allem zwei Piloten ins Rampenlicht: Philipp Öttl und Rookie Jorge Martin. In Abwesenheit vieler namhafter Fahrer setzte Öttl am Mittwoch mit einer 1:52.107 klar die schnellste Runde des Tages, lag gleich in zwei der drei Sessions vorne. Martin entschied nicht nur die dritte Mittwochs-Session für sich, sondern auch zwei weitere am Donnerstag. Mit seiner schnellsten Runde von 1:50.386 erwies sich der Spanier als Regengott in Valencia.

Wie schlugen sich die deutschsprachigen Piloten?

Setzen wir die persönliche Bestzeit als Maßstab an, war der Schweizer Tom Lüthi der klare Sieger des deutsch-schweizerischen Machtkampfes in der Moto2. Lüthi setzte seine beeindruckende Spätform der vergangenen Saison nahtlos fort und fuhr am Dienstag mit seiner persönlichen Bestzeit von 1:35.194 Minuten auf Gesamtrang vier der Testfahrten. Jonas Folger (9., +1,117) und Marcel Schrötter (11., +1,166) lieferten ebenfalls solide Vorstellungen ab.

Jonas Folger fuhr als einziger Deutscher unter die Top-10., Foto: AGR Team
Jonas Folger fuhr als einziger Deutscher unter die Top-10., Foto: AGR Team

Schrötter hatte dabei am Dienstag gar noch mit Motorenproblemen zu kämpfen. Dominique Aegerter als 14. (+1,455) und Sandro Cortese als 19. (+1,742) schrammten hingegen weit an den eigenen Erwartungen vorbei, wobei Cortese gar noch einen leichten Sturz zu verkraften hatte. Enttäuschend verlief der trockene Dienstag allerdings für das zweite deutschsprachige Quartett: Robin Muhlhauser (24., + 2,715), Randy Krummenacher (27., +3,367), Jesko Raffin (28., +3,498) sowie auch Florian Alt (29., +4,764) landeten allesamt unter den letzten Sechs des Test-Tableaus.

Bei nassen Bedingungen gingen nur noch Alt, Schrötter und Aegerter an den Start, ohne jedoch nennenswerte Akzente zu setzen.

In der Moto3 wusste Philipp Öttl trotz starken Auftritts im Nassen auf trockener Strecke kaum zu überzeugen. Mit einem Rückstand von 1,593 Sekunden auf die Spitze belegte er lediglich Gesamtrang 23.

Wie kam das große Test-Durcheinander zustande?

Nachdem die Piloten der Moto2 und Moto3 noch am Dienstag sehr gute Testbedingungen vorgefunden hatten, sorgten die Launen der Mutter Natur sowie defektbedingte Unterbrechungen an den letzten beiden Tagen für reichlich Chaos. Gingen am ersten Tag der Tests noch sämtliche 29 Moto2-Piloten an den Start, sank diese Zahl am Mittwoch (9) und Donnerstag (16) beträchtlich.

Bei Regen, wolkenbehangenem Himmel und kühlen Temperaturen war das Testen kein Zuckerschlecken, Foto: Milagro
Bei Regen, wolkenbehangenem Himmel und kühlen Temperaturen war das Testen kein Zuckerschlecken, Foto: Milagro

Aus Risiko-Scheu sowie für die Tests ineffektiven Mischbedingungen entschieden sich viele Piloten zum Verzicht. Vor allem der Dienstag verkam weitestgehend zur Farce. Bei nasskühlen Bedingungen ging in der ersten Session des Tages kein einziger Pilot auf die Strecke. Auch in der zweiten Session kam nur einer der vier Piloten in den zweistelligen Rundenbereich. Nachdem ein Ölleck eines Moto3-Piloten am Donnerstag einige Kurven verschmutzte, fiel eine gesamte Session der Moto2 der Streckenreinigung zum Opfer.

Auch bei der Moto3 zeigte sich ein beträchtlicher Teilnehmerabfall: Von 32 Piloten am Dienstag sank die Zahl zum Mittwoch auf bescheidene neun. Am Donnerstag trauten sich immerhin 18 Piloten auf die Strecke, kamen jedoch nicht groß zum Testen. Nach nur vier Runden wurde die Mittelsession aufgrund des Öllecks an Stefano Manzis Bike abgebrochen. Der Morgen und Nachmittag wurde aufgrund schwieriger Bedingungen (einstellige Asphalttemperaturen) kaum von den Piloten zum Testen genutzt.

Welche Aussagekraft hat der Test?

Aufgrund der schwierigen Bedingungen sowie der mageren Teilnahme der Piloten am Mittwoch und Donnerstag sollte das Ergebnis des Tests mehr denn ohnehin schon mit Vorsicht genossen werden. Zumindest der Dienstag lieferte aber einen ersten vorsichtigen Eindruck eines Kräfteverhältnisses im Feld.

Alex Marquez verkaufte sich beim Moto2-Debüt deutlich unter Wert, Foto: Marc VDS
Alex Marquez verkaufte sich beim Moto2-Debüt deutlich unter Wert, Foto: Marc VDS

Wenig überraschend zeigten sich bei der Moto2-Weltmeister Rabat und Lüthi vorne mit dabei, die auch in der Vorsaison für Furore sorgten. In der Moto3 deutete Supertalent Fabio Quartararo sein enormes Potential an. Jedoch gab es in beiden Serien auch einige negative Überraschungen, die eine stichhaltigere Aussage hinsichtlich jedweder Hierarchien unmöglich erscheinen lassen.

Wer blieb hinter den Erwartungen zurück?

Vor allem vom Gesamt-Vierzehnten Aegerter und Alex Marquez (26., +3,019) dürften im Feld der Moto2 schon bald deutliche Sprünge erwartet werden. Vizeweltmeister Mika Kallio kam nach seinem Wechsel zum Italtrans Racing Team ebenfalls nicht richtig in die Gänge und belegte lediglich Rang 15 (+1,655). Ob der Finne eine ähnlich starke Saison hinlegen kann wie 2014 bei Marc VDS, darf aber bezweifelt werden. Außer Lüthi, Folger und Schrötter sollten sämtliche deutschsprachigen Piloten hoffen, dass der Test nicht das wahre Kräfteverhältnis widerspiegelt. Cortese und Marquez stachen als negative Überraschungen am deutlichsten hervor.

In der Moto3 präsentierte sich das Feld gewohnheitsgemäß zeitentechnisch relativ nahe beieinander. So trennten die schnellsten zwanzig Piloten gerade einmal 1,3 Sekunden. Aus deutscher Sicht mutete der 23. Gesamtrang von Öttl dennoch eher enttäuschend an - vor allem, da er sich von seinem Wechsel von Kalex auf KTM viel versprochen hatte. Auch der zweimalige Rennsieger 2014 Efren Vazquez (25., +1,643) fuhr seiner Bestform doch deutlich hinterher und zog sich zudem einen kleinen Knochenbruch im Fuß zu. Auf gleichem Material belegte sein Teamkollege Danny Kent Gesamtrang zwei.

Moto2-Test Valencia, Gesamtergebnis:

P.FahrerNat.TeamMotorradZeitDiff.
1Johann ZarcoFRAAjo MotorsportKalex1:34,754
2Sam LowesGBRSpeed Up RacingSpeed Up1:35,1060.352
3Tito RabatESPMarc VDSKalex1:35,1450.391
4Tom LüthiSWIDerendinger InterwettenKalex1:35,1940.440
5Xavier SimeonBELGresiniKalex1:35,2640.510
6Alex RinsESPPaginas AmarillasKalex1:35,6300.876
7Luis SalomESPPaginas AmarillasKalex1:35,6870.933
8Franco MorbidelliITAItaltransKalex1:35,8131.059
9Jonas FolgerGERAGRKalex1:35,8711.117
10Simone CorsiITAForwardKalex1:35,8950.141
11Marcel SchrötterGERTech 3Tech 31:35,9201,166
...
14Dominique AegerterSWITechnomagKalex1:36,2091,455
19Sandro CorteseGERDynavolt IntactKalex1:36,4961,742
24Robin MulhauserSWITechnomagTech 31:37,4692,715
27Randy KrummenacherSWIJIRKalex1:38,1213.367
28Jesko RaffinSWISAGKalex1:38,2523,498
29Florian AltGERIodaSuter1:39,5184,764

Moto3-Test Valencia, Gesamtergebnis:

P.FahrerNat.TeamMotorradZeitDiff.
1Fabio QuartararoFRAEstrella Galicia 0,0Honda1:39,392
2Danny KentGBRLeopard RacingHonda1:39.4150,023
3Enea BastianiniITAJunior Team GresiniHonda1:39.6690,277
4Niccolo AntonelliITAOngetta-RivacoldHonda1:39.7840,392
5Miguel OliveiraPORRed Bull KTM AjoKTM1:39.8050,413
6Isaac VinalesESPHusqvarna Factory LaglisseHusqvarna1:39.8410,449
7Karel HanikaCZERed Bull KTM AjoKTM1:39.9820,590
8Romano FenatiITASky Racing Team VR46KTM1:40.0170,625
9Juanfran GuevaraESPMapfre Mahindra TeamMahindra1:40.1190,727
10Jorge MartinESPMapfre Mahindra TeamMahindra1:40.1540,762
...
23Philipp ÖttlGERSchedl GP RacingKTM1:40.9851.593