Mit 25 Jahren ist Esteve Rabat Bergada - von allen liebevoll nur 'Tito' genannt - endlich am Ziel seiner Träume angekommen. In beeindruckender Manier und mit der Konstanz eines Schweizer Uhrwerks sicherte sich der am 25. Mai 1989 geborene Schlacks aus Barcelona in Diensten von Marc VDS Racing den Titel in der Moto2-Weltmeisterschaft. Somit tritt Rabat in seiner neunten Saison als Stammfahrer der offiziellen Motorrad-Straßen-WM nicht nur in die Fußstapfen von Stefan Bradl (2011), sondern ist nach Toni Elias (2010), Marc Marquez (2012) sowie Pol Espargaro (2013) bereits der vierte Spanier, der sich den Titel in nur fünf Jahren der neugeschaffenen Mittelklasse sichert.

Sieben Siege, zwei zweite Plätze und vier 'Bronze-Ränge'in siebzehn Rennen: Rabats Jahresbilanz 2014 lässt keine Zweifel daran zu, dass sich der richtige Pilot zum Titelträger der Moto2 krönte. Auch als er Mitte der Saison drei Mal in Serie das Podest verpasste und Teamkollege Mika Kallio groß aufkam, bewahrte Rabat stets Ruhe und Übersicht. So punktete er mit kontrollierter Vorsicht beständig im Eichhörnchen-Stil, zog sich nach und nach durch harte Arbeit und beständige akribische Vorbereitung rechtzeitig vor dem Verlust der WM-Führung mit drei Siegen in Serie in Brünn, Silverstone und Aragon quasi selbst wieder aus dem 'Sumpf'.

Mit seinem Sieg in Brünn stellte Rabat endgültig die Weichen Richtung Moto2-Titel, Foto: Marc VDS Racing
Mit seinem Sieg in Brünn stellte Rabat endgültig die Weichen Richtung Moto2-Titel, Foto: Marc VDS Racing

November 2005: Aller Anfang ist schwer

Als der junge Katalane aus Barcelona am 06.11.2005 beim Saisonfinale der 125er-Klasse in Valencia im Alter von gerade einmal 16 Jahren erstmals offiziell in der niedrigsten Klasse der Motorrad-Weltmeisterschaft antrat, schien ein derartiger Karrieresprung jedoch nahezu unmöglich. Mit einer Wildcard angetreten, fiel Rabat im Rennen kaum auf und sah die Zielflagge als 24. von 39 Startern. Auch in der kommenden Saison war der ruhige Feingeist Rabat, der sich seine Freizeit am liebsten mit Lesen und Motocross-Fahren vertreibt, zunächst weitestgehend zum Zusehen verdammt. Nach einigen weiteren Wildcard-Einsätzen in der ersten Saisonhälfte der 125er-WM 2006 machte ihn Honda BQR für die letzten Grands Prix des Jahres schließlich zum Stammfahrer.

Mit elf WM-Punkten in elf Einsätzen beendete er das Jahr immerhin als Gesamt-23. Im Repsol-Honda-Team ging Rabat als 17-jähriger dann seine erste vollständige Saison als Stammpilot an, fuhr in China als Dritter erstmals aufs Podest und wurde mit 74 Zählern WM-Elfter. 2008 wechselte Rabat wie das gesamte Repsol-Team von Honda auf KTM. Für den arbeitswütigen Katalanen, der seine 'Defizite' in Sachen Talent nach wie vor stets durch unermüdlichen Einsatz und harte Arbeit auszugleichen versucht, bedeutete dies allerdings zunächst einen Rückschritt. An der Seite des höchsttalentierten Marc Marquez bekam Rabat seine Grenzen damals recht deutlich aufgezeigt.

Dream-Team bei Repsol: Marc Marquez und Tito Rabat gingen in der 125er-WM 2008 gemeinsam an den Start, Foto: Repsol
Dream-Team bei Repsol: Marc Marquez und Tito Rabat gingen in der 125er-WM 2008 gemeinsam an den Start, Foto: Repsol

Rabat auf Aprilia: Erste 'Sackgasse' der Karriere

Obwohl Tito drei Rennen mehr absolvierte als der teils schwer verletzte Marquez, landete er mit 49:63 WM-Punkten als Gesamt-14. 2008 einen Platz hinter dem Teamkollegen. Zudem schaffte er es kein einziges Mal aufs Podest. Auch im Folgejahr ging die Abwärtsspirale Rabats weiter. Auf Aprilia gelangen ihm in seinem letzten Jahr in der 125er-Klasse lediglich 27 WM-Zähler, die nur zu Gesamtrang 18 gereichten. Technikfreak Rabat, der mit großem Verständnis für sein Arbeitsgerät gesegnet ist, bisweilen gar selbst Hand anlegt und fleißig schraubt, schien in einer Sackgasse seiner Karriere zu stecken. Zwar machte ihm in Sachen Arbeitseifer kaum ein Pilot etwas vor, jedoch gelang dem ehrgeizigen 19-Jährigen nach wie vor nicht der Durchbruch. Erste Zweifel am WM-Piloten Rabat kamen auf.

Im zweiten Jahr auf Aprilia ließ der Pasta-Fan aus Barcelona 2010 dann jedoch erstmal sein großes Potential aufblitzen: Zwei dritte Ränge in Jerez und Brünn, 147 WM-Punkte und Gesamtrang sechs standen für Rabat letztlich zu Buche. Der nächste Karriereschritt ließ prompt nicht lange auf sich warten. In der neugegründeten Moto2-Serie gab Jorge Martinez Rabat eine Chance, als Moto2-Pilot bei Aspar in der im Vorjahr neugegründeten Serie zu starten. Dies entpuppte sich für Rabat schnell als der entscheidende Moment für den weiteren Aufstieg. Der knapp 1,80 Meter große Racer kam auf den 600ccm-Maschinen auf einmal deutlich besser zurecht, und legte als Gesamtzehnter mit 79 WM-Zählern sowie einem dritten Rang in Indianapolis einen beeindruckenden Einstand hin.

2011 sicherte sich Tito Rabat im ersten Jahr in der Moto2-WM direkt seinen ersten Podestplatz, Foto: Milagro
2011 sicherte sich Tito Rabat im ersten Jahr in der Moto2-WM direkt seinen ersten Podestplatz, Foto: Milagro

Rabat: Trotz Titel weiterhin der Mann der kleinen Schritte

Bereits im Folgejahr rangierte Rabat - in Diensten von 40 HP Pons - auf Endrang sieben, sicherte sich starke 114 WM-Zähler und in Motegi als Dritter ein weiteres Podium. Den endgültigen Durchbruch zum Topfahrer schaffte Rabat dann im Jahr 2013 für Tuenti HP 40. Hinter dem Top-Duo Pol Espargaro und Scott Redding wurde er in seiner dritten Saison in der Mittelklasse der Motorrad-Straßenweltmeisterschaft mit 215 Punkten Gesamtdritter, siegte drei Mal und stand insgesamt sieben Mal auf dem Podest. Im 113. Rennen seiner Karriere siegte Rabat in Jerez dabei erstmals, wiederholte dieses Kunststück in Indianapolis und Sepang. Nach dem Abgang der beiden WM-Leader stand Rabat 2014 von Beginn an im Rampenlicht - und enttäuschte nicht.

Tito Rabat wird seinen Moto2-Titel 2015 bei Marc VDS verteidigen, Foto: Marc VDS
Tito Rabat wird seinen Moto2-Titel 2015 bei Marc VDS verteidigen, Foto: Marc VDS

Trotz seines Erfolges entschied sich der bescheidene und stille Spanier jedoch gegen einen überhasteten Aufstieg in die Königsklasse - und wird 2015 seinen Titel an der Seite von Alex Marquez bei Marc VDS in der Moto2 verteidigen. Rabat, dessen Vater sein Geld im Schmuckgeschäft verdient und seinen Sohn von jeher tatkräftig unterstützte, wird seinen Weg der kleinen Schritte beständig weiter gehen - und sollte früher oder später auch den Weg in die Königsklasse MotoGP finden. Bereits im kommenden Jahr stellt Marc VDS mit Scott Redding erstmals einen Fahrer im Oberhaus. Wenige würde es überraschen, sollte Rabat nach einer sicherlich ebenfalls erfolgreichen Moto2-Saison 2015 mit einem zweiten Bike seines aktuellen Arbeitgebers an Reddings Seite gegen die Elite des Motorradsports kämpfen.