Wer ist dein großes Vorbild?
Scott Redding: Früher war es immer Capirossi und all die anderen älteren Fahrer. Heute habe ich keine wirklichen Vorbilder mehr. Ich habe Respekt vor gewissen Leuten wie Jorge Lorenzo. Er hat sich schwer verletzt und kam zurück, davor habe ich großen Respekt. Genauso wie vor Marc Marquez. Er ist gestürzt und direkt wieder auf sein Motorrad gestiegen. Scheinbar denkt er gar nicht daran, sobald er wieder drauf sitzt. Ich habe mehr Respekt vor anderen Fahrer, als dass ich zu ihnen aufblicke.

Loris Capirossi war früher das große Vorbild von Scott Redding, Foto: Milagro
Loris Capirossi war früher das große Vorbild von Scott Redding, Foto: Milagro

Wie schwer ist es für dich, ein Moto2-Rennen zu gewinnen?
Scott Redding: Zu gewinnen ist ganz schön schwer. In Assen zum Beispiel hatte ich etwas Vorsprung auf Espargaro herausgefahren, aber sobald du auch nur das kleinste Problem hast, ist der Vorsprung wieder dahin. Wir hatten mit dem Top-Speed ein paar Probleme, aber mein Team hat wirklich hart gearbeitet und das für den Moment erst einmal gelöst. Ich weiß, dass es an den kleinen Dingen hängt und wir müssen versuchen, eben diese kleinen Dinge im Auge zu behalten. Ich weiß, dass meine Größe ein Nachteil ist, also müssen wir an anderen Bereichen arbeiten.

In diesem Jahr bist du konstant an der Spitze mitgefahren. Die letzte Saison sah weniger konstant aus. Was hat sich geändert?
Scott Redding: Ja, ich war dieses Jahr etwas konstanter. Letztes Jahr wollte ich manchmal einfach zu viel und bin mit dem Bike übers Limit gegangen. Mental war ich nicht konzentriert genug. Jetzt kann ich mich an einem Rennsonntag richtig konzentrieren, das ist wohl die Hauptänderung für mich.

Wie bist du mit Mika Kallio als Teamkollegen zurechtgekommen? Habt ihr euch gegenseitig geholfen oder ist das wegen deiner Körpergröße eher schwer?
Scott Redding: Das Gute an dem Verhältnis zwischen Mika und mir ist, dass wir ziemlich gute Freunde sind. Wir kommen echt gut miteinander klar, es gibt keine Reibereien zwischen uns. Wir sind zwei verschiedene Fahrertypen. Was das Fahren angeht, lerne ich nicht viel und ich denke nicht, dass er viel von mir lernt, denn er gibt zum Beispiel ganz anders Gas als ich. Das Wichtigste am Teamkollegen ist aber ein gutes Gefühl und keinen Stress miteinander zu haben.

Du hast im letzten Jahr die GP-Ducati getestet und bist auch Supermoto und Kevin Schwantz' 500er gefahren. Wo lagen für dich die Hauptunterschiede?
Scott Redding: Der Hauptunterschied war, dass die 500er von Schwantz die beste Maschine war. Das Bike war für mich einfach wunderbar! Ich kann kaum in Worte fassen, wie großartig sich das für mich angefühlt hat. Wenn das Bike zwei Räder und einen Lenker hat, macht es ansonsten für mich aber keinen so großen Unterschied, das ist alles gleich.

Was denkst du über die ganzen elektronischen Hilfsmittel nach dem Fahren der 500er?
Scott Redding: Mit dem MotoGP-Bike habe ich noch nicht allzu viel ausprobiert. Für mich wäre es aber enorm schwer, die Kraftentfaltung zu kontrollieren, wenn man keine Elektronik hätte. Mit der 500er kann man etwas herumspielen. Sicher ist das ein bisschen riskant, aber die Zweitakter hat nicht ganz so viel Power wie die aktuellen GP-Maschinen. Ich denke, ein GP-Bike wäre für die Rennen für mich aber besser.

Wie sieht ein normaler Tag in deinem Leben aus?
Scott Redding: Das ist unterschiedlich. Jeder Tag ist anders. Ich habe keinen Plan. Ich fahre nicht nach Hause, ich lebe in einem Wohnwagen und fahre immer herum. Ich fahre dahin, wo ich hin will und mache das, worauf ich Lust habe. An einem lustigen Tag fahre ich Supermoto oder Motocross. Ich genieße es aber auch, zu trainieren und mich an meine eigenen Grenzen zu bringen. Jeder Tag bringt ein eigenes kleines bisschen Spaß mit sich. Wenn die Saison vorbei ist, fahren wir nach Hause, also zurück nach England für eine kurze Zeit. Ich mag es nicht, ständig an einem Ort zu sein. Ich liebe meine Freiheit und will das tun, worauf ich Lust habe.

Scott Redding macht sich keine Pläne, Foto: Marc VDS Racing Team
Scott Redding macht sich keine Pläne, Foto: Marc VDS Racing Team

Verfolgst du andere Sportarten?
Scott Redding: Nicht wirklich. Es ist schwer, etwas ernsthaft zu verfolgen, wenn man immer unterwegs ist. Der Sport, den ich mag, den betreibe ich selbst. Ich mag kein Fußball, ich schaue mir nie Fußball an. Auch die Formel 1 sehe ich mir nie an. Ich sitze generell nie vor dem TV. In der Woche vor dem Deutschland GP war ich in Belgien und habe den Fernseher in einer ganzen Woche nicht einmal eingeschaltet. Ich bin ein Mensch, der gerne draußen ist und Spaß mit dem Mountainbike oder irgendetwas anderem hat.

Was bedeutet der Begriff 'Racing' für dich?
Scott Redding: Um ehrlich zu sein kenne ich nichts anderes. Die ersten Erinnerungen an meine Kindheit sind die, als ich noch vier war und schon Motocross gefahren bin. Das ist einfach etwas, das sich bis heute gehalten hat. Ich liebe es jetzt. Wenn die Ergebnisse noch kommen, kann man es noch mehr genießen. Für mich ist es schon wie ein Fixpunkt im Leben, den ich brauche, seien es die Rennen in der Moto2 oder Supermoto... Ich versuche immer, aus allem einen Wettkampf zu machen, selbst wenn es nur Training ist.

Du hast gerade gesagt, dass du mit Motocross begonnen hast. Hast du jemals daran gedacht, in diesem Bereich zu bleiben?
Scott Redding: Ich denke nicht, dass ich in der Lage wäre, im Motocross eine Karriere zu starten. Ich würde gerne ein paar Rennen fahren, aber es ist sehr gefährlich. Denn wenn man auf dem MX Bike während der Saison stürzt - oder selbst vor der Saison, ist die WM in Gefahr. Es ist zu gefährlich. Wenn ich etwas anderes machen müsste, würde ich nach meinem Ausflug im Auto in Spa bestimmt eher in den Autorennsport gehen. Einen Wagen selbst zu fahren macht Spaß, aber nur zuzuschauen ist für mich langweilig.

Was war der härteste Moment deiner Karriere?
Scott Redding: Ich hatte einige schwere Momente, die ganze Saison 2009 zum Beispiel, als das Bike wirklich schlecht war. Ich konnte keine guten Ergebnisse holen und meine Karriere war fast zu Ende, nur weil andere Probleme hatten. Mental war das schlimmste aber der Unfall von Shoya Tomizawa. Das war wirklich schwer zu verkraften. Heute bin ich dadurch aber vielleicht ein stärkerer Fahrer. Ich habe ihn immer bei mir. Wir wissen, dass so etwas im Rennsport passieren kann und wir müssen damit leben. Er war ein guter Mensch und ein Freund von mir und jetzt starten wir trotzdem in jedem Rennen. Er sitzt aber auf meiner Schulter, wenn ich fahre.

Was ist deine Lieblingsstrecke?
Scott Redding: Ich habe keine wirkliche Lieblingsstrecke, denn wenn man als Fahrer einen bestimmten Kurs nicht mag, dann ist man dort schon geschlagen, bevor man überhaupt ankommt. Ich mag im Grunde jede Strecke, nur eine oder zwei gefallen mir nicht so gut. Barcelona zum Beispiel. Ich mag das Layout, aber die hohen Kerbs nicht. Mit meinem Fahrstil ist das schwer. Meine schlechteste Strecke war Estoril, aber die ist nicht mehr im Kalender. Also habe ich keine wirklich schlechten Strecken mehr.

Gelassenheit ist für Scott Redding das Wichtigste, Foto: Marc VDS Racing Team
Gelassenheit ist für Scott Redding das Wichtigste, Foto: Marc VDS Racing Team

Was kannst du an deinen Fahrfähigkeiten noch verbessern?
Scott Redding: Ich lerne jeden Tag etwas dazu, selbst wenn ich nicht Moto2 fahre. Man lernt immer, ob auf der Supermoto oder beim MX, aber man weiß nicht genau, was man lernt. Du weißt, dass du irgendetwas anders machst, aber die Dinge kommen einfach von alleine. Ich denke mir jetzt nicht, dass ich meinen Stil ändern will, wir lernen einfach und sehen dann, wie es ist. Das Wichtigste für mich im Moment ist, ruhiger zu sein. Ich bin ein aggressiver Fahrer und arbeite immer daran, etwas ruhiger zu werden.

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