Erst einmal: Es tut auch mir ein bisschen leid, dass ich an diesem Wochenende beim LMS-Rennen am Nürburgring nicht am Start sein werde - ich weiß, dass sich einige meiner deutschen Fans wieder auf ein Treffen gefreut hätten. Aber es werden sich sicher in der Zukunft wieder Möglichkeiten ergeben... Oreca hat nun mal entschieden, aus Teaminteresse lieber das "Petit Le Mans" Ende September in Road Atlanta anzutreten und dafür aus Budgetgünden den Nürburgringeinsatz streichen müssen. Ob ich in Road Atlanta fahren werde, steht noch nicht fest, das hängt auch von Terminen und den Entwicklungen meiner Formel-1-Verhandlungen ab, mal sehen...

Konkurrenzfähig wären wir sicher auch in der Eifel wieder gewesen - zuletzt in Portimao hatte ich ja zusammen mit meinem Teamkollegen Tiago Monteiro mein bisher bestes LMS-Wochenende. Sicher - ich war auch beim Debüt in Barcelona schon mal als Dritter auf dem Podium, aber da hat uns damals doch noch viel Speed gefehlt und wir haben von Ausfällen profitiert. Diesmal waren wir die ganze Zeit über gut unterwegs - so dass am Ende vielleicht sogar ein kleines bisschen mehr drin gewesen wäre als der dritte Platz.

Tolles Wochenende in Portugal

So ein Wochenende beginnt mit einem genrellen Briefing vor dem ersten freien Training, also diesmal am Donnerstag Mittag - danach haben wir dann nach jeder Session noch ein Debriefing. Wie lange diese Briefings dauern, ist unterschiedlich - was mir in Portimao aufgefallen ist, ist, dass sie da generell etwas kürzer waren als bei den anderen Rennen, wo Stephane Ortelli mein Partner war - denn der kam immer noch mit hunderttausend Kleinigkeiten an. Kürzer heißt allerdings nicht unbedingt weniger effektiv - denn so gut wie an diesem Portimao-Wochenende waren wir bei   Oreca das ganze Jahr über noch nicht aufgestellt.

Der Start in Portimao, Foto: LMS
Der Start in Portimao, Foto: LMS

Im ersten freien Training hatten wir zwar noch Probleme mit dem Getriebe, da sind zwei Gänge gebrochen, so dass ich erstmal nur sehr kurz zum Fahren kam, außerdem hat auch noch in der Elektronik ein bisschen was gesponnen, aber in der zweiten Session, schon im Dunklen, habe ich schon gleich gemerkt, dass unser Auto diesmal ziemlich gut war, wesentlich besser fahrbar als noch bei den letzten Rennen. Wir hatten erstmals einen neuen englischen Ingenieur, der vielelicht ein bisschen mutiger ist als die anderen im Team, der bereit war, einige der Sachen in der Abstimmung zu probieren, die ich schon seit einiger Zeit haben wollte - und prompt hat das Auto wesentlich präziser reagiert, ich hatte endlich das Gefühl, dass es wirklich das macht, was ich will.

Das hat sich dann auch alles am Freitag im dritten freien Training bestätigt, als ich Schnellster war, obwohl wir da 30 statt der üblichen 20 Kilo Sprit im Tank hatten, weil es ein kleines Problem beim Abpumpen gegeben hatte. Jedenfalls habe ich mir dann schon Hoffnungen auf die Pole-Position gemacht, und war dann am Abend im ersten Moment schon ein bisschen enttäuscht, dass es doch nicht geklappt und nur für Platz drei gereicht hat. Ich hatte mir das som schön vorgestellt, gleich ganz am Anfang rauszufahren, so dem Verkehr zu entgehen, ein, zwei Runden, eine Zeit hinknallen und fertig. Nur blieb das leider pure Theorie - denn  der Verkehr hat mich trotzdem erwischt, jedesmal bin ich in den ersten schnellen Runden immer an den unglücklichsten Stellen, dort, wo man nun wirklich nicht überholen kann, auf ein langsames Auto aufgelaufen. So musste ich meine schnellste Zeit dann ganz am Ende, mit schon ziemlich gebrauchten Reifen fahren. Dass das überhaupt ging, zeigte allerdings, dass die Reifen bei uns recht gut hielten - für das Rennen eine vielversprechende Ausgangsposition. Umd dass ich in der Idealzeit, also der Addition der schnellsten Sektorzeiten, über zwei Zehntel vorn lag, war ja auch nicht ganz zu verachten, zeigte, dass der Speed an sich da war.

Der Samstag wurde dann ein extrem langer Tag, was natürlich auch am Zeitplan lag. Obwohl unser Rennen - als Nachtrennen - ja erst nach 19 Uhr gestartet wurde, war das Warm-up schon um kurz vor 11. Das heißt, ich musste um halb zehn an der Strecke sein. Im Warm-up gab es dann auch gleich eine kleine Schrecksekunde, als Tiago auf der Out-lap eine kleine Feindberührung hatte, aber zum Glück ist dabei nicht allzuviel passiert., der Schaden ließ sich mit einem kurzen ungeplanten Boxenaufenthalt beheben.

Im Gegensatz zu den Tagen vorher hatte ich diesmal in der Wartezeit bis zum Rennstart auch einiges zu tun, ein paar PR- und Interview-Termine, dazu war am Mittag Chris Goodwin, mein Manager, aus England gekommen, wir hatten da noch Meetings mit einigen Leuten , dazu die offizielle Autogrammstunde... Die Zeit verging also recht schnell, an großes Ausruhen und Entspannen war nicht unbedingt zu denken - und auch nicht daran, mich umfassender mit meinem "Twitter" (BSenna) zu beschäftigen, was ich den Tagen davor durchaus mal getan hatte. Aber trotzdem war ich recht locker, als es dann losging - auch aus dem Wissen heraus, dass wir diesmal zumindest wieder gute Chancen auf einen Podiumsplatz haben würden.

Sechs Stunden lang immer bereit

Bruno Senna steigt ins Cockpit, Foto: adrivo Sportpresse
Bruno Senna steigt ins Cockpit, Foto: adrivo Sportpresse

Ich bin kein so großer Freund der fliegenden Starts, erstens Mal, weil für mein Gefühl ein Fahrer bei einem stehenden Start durch eigene Leistung mehr gewinnen kann, zweitens, weil bei den fliegenden Starts auch zusätzliche Probleme auftauchen können. Diesmal war zum Beispiel das Safety-Car vor uns so langsam unterwegs, dass niemand die Reifen auch nur annähernd auf Temperatur gebracht hat - der Start und die erste Runde war also ziemlich kritisch. Mit meinem kleinen Ausrutscher im ersten Turn, der mich etwa fünf Sekunden gekostet hat, hatte das freilich nichts zu tun. Da war ich sehr knapp hinter dem einen Aston Martin, so, dass dann plötzlich der Abtrieb wegwar und ich durchs Kiesbett musste, um größeren Schaden zu vermeiden.Tiago hat dann später auch noch mal einen kleinen Ausrutscher gehabt, der etwa 20 Sekunden gekostet hat, aber das war nicht entscheidend im Kampf um Platz zwei.

Tatsache ist, dass wir im dichten Verkehr keine wirkliche Chance gegen den Pescarolo hatten, selbst der Aston tut sich da ja schwer, aber wir noch mehr. Das liegt sicher zum Teil an der Erfahrung der Piloten, aber auch am Auto. Uns fehlt da einfach die Motorleistung, um eben da und dort noch mal so vorbeihuschen zu können, der Oreca ist nun mal im Bereich Abtrieb stärker als im Topspeed. Der zweite Platz gegen den Aston wäre allerdings vielleicht drin gewesen, wenn wir eine andere Strategie gefahren wären, drei Stints mit einem Satz Reifen statt zwei. Mit den harten, die ich im ersen Stint fuhr, wäre das auch mit Sicherheit gegangen, usrsprünglich hatten wir das auch mal vorgehabt, aber das Team hat sich dann halt doch für den konservativeren Weg entschieden... Generell verlieren wir auch bei unseren Boxenstopps immer noch ein bisschen gegenüber der Konkurrenz. Das liegt nicht am Fahrerwechsel, der dauert zwischen von Tiago auf mich im Optimalfall 20 Sekunden, umgekehrt 25 - er ist ein bisschen kräftiger, dadurch dauert es etwas länger, den Gurt zu schließen. Aber entscheidend für die Dauer sind sowieso die Reifenwechsel - ich glaube, da müssten wir mal die ganze "Choreographie" bei uns durchgehen. Andere Teams machen das etwas anders - und das scheint schneller zu sein.

Im Gegensatz zu Le Mans, wo man sich ja zwischen den eigenen Stints schon mal zum Ausruhen und Schlafen ins Motorhome zurückzieht, bleibe ich bei einem Sechs-Stunden-Rennen immer in der Box, auch schon deshalb, um jederzeit bereit zu sein, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Vorher hatte ich dann schon immer meine "Essensbestellung" bei unserem Koch aufgegeben und mir dann ein bisschen was in die Box liefern lassen. Ich muss ja unheimlich aufpassen, auch gerade unter der Belastung eines Rennwochenendes, genug zu essen - mein Körper verbrennt Nahrung nun mal sehr schnell. Durch mein intensives Training war ich kürzlich auf 66 Kiloo unten - das ist aber entschieden zu wenig, das habe ich dann auch gemerkt, dass mir da bei einen Leistungstest Substanz gefehlt hat. Seitdem achte ich wieder noch genauer drauf, wirklich genug zu mir zu nehmen...

Nach meinem zweiten Turn war dann eigentlich schon klar, dass wir normalerweise Dritter werden würden - es galt also "nur", in der Box zu warten, dass Tiago das in Ruhe nach Hause bringt. Ganz schön nervenaufreibend - aber es klappte ja, so konnten wir dann um etwa zehn nach eins an der Boxenmauer jubeln. Für mich war es wirklich ein tolles Gefühl, bei der Siegerehrung wieder auf dem Podest zu stehen. Gerade nach den Unfällen in Spa und Le Mans war es mir unheimlich wichtig, dieses Wochenende ohne irgendwelche größere Zwischenfälle zu absolvieren - und dass wir generell wieder deutliche Fortschritte gemacht haben, war natürlich auch sehr schön.

Ganz zu Ende war der lange Tag damit allerdings noch nicht:  Pressekonferenz, TV-Interviews, danach noch ein längeres Gespräch mit meinen Ingenieuren in der Box, um alle Erkenntnisse noch frisch auszuwerten - von der Strecke weggekommen bin ich schließlich um kurz nach halb drei, bis ich im Hotel war, war es drei Uhr. Und am "nächsten" Morgen ging schon ziemlich früh der Flieger zurück nach London...