Mit dem Grand Prix von St. Petersburg startet am kommenden Wochenende die IndyCar-Serie in die neue Saison, die ein knappes halbes Jahr später und wie bereits im Vorjahr am 19. Oktober in Fontana zu Ende gehen wird. Die großen Veränderungen im Vergleich zur letzten Saison bleiben heuer zwar aus - an den Feinheiten im Oberhaus des US-Formelsports wurde aber auch auf der anderen Seite des Atlantiks gefeilt. So sind mit Honda und Chevrolet beispielsweise nur noch zwei Motorenlieferanten mit von der Partie, wenngleich der Lotus-Wegfall auf Grund der teilweise erbärmlichen und gerade in der zweiten Saisonhälfte 2012 mit lediglich einem Auto am Ende des Feldes vorgetragenen Performance des Zulieferers, wohl kaum auffallen dürfte.

Da die beiden verbleibenden Wettbewerber an der Motorenfront ihre Entwicklung aber keinesfalls eingestellt haben, wird insgesamt von einem Leistungs- und damit auch Speed-Anstieg ausgegangen. Bereits bei den Wintertests wurde dieses Bild bestätigt, purzelten die Zeiten doch fortlaufend. Doch nicht nur bei den Herstellern liegt der Fokus schon wieder voll auf dem sportlichen Geschehen - auch an der Fahrerfront, an der viele eine Fortsetzung des Titelduells zwischen Will Power und dem Champion von 2012, Ryan Hunter-Reay, erwarten. Dieser sagte mit Blick auf die anstehende Saison, die aus 19 spannungsgeladenen Rennen bestehen wird: "Zum Glück kann mir und dem Team niemand mehr den Titel vom letzten Jahr wegnehmen. Dieses Kapitel ist abgeschlossen, wir haben ihn eingefahren und verdient."

Zwei große Favoriten

Im Umkehrschluss ergebe sich daraus aber auch die Frage: "Wie macht man nach so einem wahnsinnigen Jahr weiter? Eine richtige Antwort habe ich darauf noch nicht", lachte der Amerikaner. Klar dürfte aber sein: Der zeitlebens als Underdog geltende Andretti-Pilot, dürfte heuer zum Gejagten avancieren - das liegt in der Natur der Sache. Hunter-Reay war sich der Ausgangslage bewusst, fügte jedoch auch hinzu: "Wir fangen alle neu und bei null an. Zwar sind wir der Titelverteidiger, aber das bringt uns außer mehr Druck auch nichts, wenn erstmals die grüne Flagge fällt." Dem Texaner war eigentlich nur wichtig, die Nummer eins auf seinem Auto mit Würde zu verteidigen und eine solide Leistung auf die Beine gestellt zu bekommen.

Andretti & Hunter-Reay peilen die Titelverteidigung an, Foto: IndyCar
Andretti & Hunter-Reay peilen die Titelverteidigung an, Foto: IndyCar

"Es liegt an uns: Wir müssen ein gutes Rennauto auf die Strecke bringen und konkurrenzfähig sein, um erneut um Siege kämpfen zu können." Dabei sei es hart, ein erfolgreiches Paket zusammenzustellen. "Darauf müssen wir alle Konzentration verwenden. Ich weiß vorab eigentlich nur eines: Es wird interessant, denn die letzten sechs Jahre dauerte der Titelkampf immer bis zum letzten Saisonrennen und ich garantiere, dass es dieses Jahr wieder so laufen wird." Hunter-Reay meinte: "Das wird der härteste und knappeste Wettbewerb, den wir in der IndyCar-Serie seit langer, langer Zeit gesehen haben." Wird dem so sein, dann dürfte das wohl auch der Verdienst von Will Power sein, dem Vizechampion der vergangenen drei Jahre, der 2013 endlich seinen lange überfälligen Premierentitel einfahren will.

Bei den Testfahrten zuletzt im Barber Motorsports Park toppte der Australier gleich alle vier Sessions und katapultierte sich folgerichtig ein weiteres Mal in die Position des Topfavoriten. "Der Winter lief wirklich gut. Ich glaube aber trotzdem, dass die Andretti-Jungs ähnlich schnell sind wie wir", so Power. Mit Blick auf seine Fabelzeiten, wollte er die Euphorie bremsen. "Ich hatte Glück, neue Reifen drauf und die richtigen Temperaturen. Außerdem habe ich den Boostbutton benützt und alle Werkzeuge, die mir sonst noch so zur Verfügung standen, um diese Mega-Runde hinzukriegen", erklärte der Penske-Pilot mit Blick auf seine Bestzeit.

Powers Trumpf: Straßenkurse

Mit Blick auf die anstehenden Herausforderungen sagte er: "Meiner Meinung nach wird es für die Serie eine normale Saison, deswegen aber nicht minder hart. Und hoffentlich kann auch ich wieder mein Ding durchziehen." Gemeint ist damit wohl die vom Australier oftmals demonstrierte Dominanz. Mit dieser will Power am besten gleich beim Auftakt in St. Petersburg beginnen. "Das ist ein Straßenkurs und jeder weiß ja, wie sehr ich das mag", so der 32-Jährige, der in der Szene als ausgewiesener Spezialist für alles abseits von Ovalrennen gilt. Warum das so ist, konnte er sich in Bezug auf seine Vorliebe für Straßenkurse allerdings nicht erklären. "Ich habe auf denen einfach immer mehr Spaß und das ist die Hauptsache. Warum dem so ist, weiß ich aber auch nicht."

Findet die Ganassi-Truppe zu alter Stärke zurück?, Foto: IndyCar
Findet die Ganassi-Truppe zu alter Stärke zurück?, Foto: IndyCar

Einmal abgesehen von der Spitze, hat sich im Hinterfeld der Serie dann aber doch noch einiges getan, sowohl an der Teamfront wie auch bei den Fahrern. So hat Conquest Racing sein Dallara-DW12-IndyCar-Chassis beispielsweise verkauft und wird sich zukünftig ausschließlich auf das Sportwagenprogramm des Team in der ALMS konzentrieren. Wenig positive Neuigkeiten gab es auch bei Katherine Legge - ihr Team Dragon trennte sich von ihr, was zu einem Rechtsstreit führte, wähnte sich die Britin doch im Besitz eines gültigen Arbeitspapieres. Lachende Gesichter gab es hingegen bei Penske, wo man die Rückkehr des verlorenen Sohnes AJ Allmendinger feierte - nach über sechs Jahren in der NASCAR-Szene, feierte der ehemalige Champ-Car-Pilot bei den Testfahrten in Sebring sein Comeback im Formelauto, welches er mit zwei Renneinsätzen in Indianapolis und Alabama heuer noch krönen soll.

Während Rubens Barrichello die IndyCar-Serie nach nur einem Jahr wieder in Richtung seiner brasilianischen Heimat verlassen hat, gibt es 2013 mit Tristan Vautier nur einen echten Rookie im Jahrgang. Der Indy-Lights-Champion von 2012 ergatterte bei Schmidt Peterson Motorsport das Cockpit neben Simon Pagenaud. Während Ryan Briscoe nach seiner Ausbootung bei Penske überraschend keinen Platz mehr fand, haben neben Vautier noch weitere neue Piloten den Weg in die Serie gefunden, wobei sich die Betreffenden nur zum erweiterten Kreis zählen dürfen, da Chase Austin (A. J. Foyt), Carlos Munoz (Andretti) und Stefan Wilson (Dale Coyne) anders als der Franzose noch kein volles Saisonprogramm bestreiten.

Viel Bewegung auf dem Fahrermarkt

Mit Ana Beatriz (von Andretti zu Dale Coyne), Mike Conway (von A. J. Foyt zu RLL), Sebastian Saavedra (von Andretti zu Dragon), James Jakes (von Dale Coyne zu RLL), Simona de Silvestro (von HVM zu KV Racing), Graham Rahal (von Ganassi zu RLL), Takuma Sato (von RRL zu A. J. Foyt) und EJ Viso (von KV Racing zu Andretti) haben zudem diverse Piloten das Team gewechselt, wenngleich viele von ihnen, ähnlich wie bei den Neulingen, nur vereinzelte Einsatzzeiten bekommen werden. In Sachen Reglement wurden auf umfassende Modifikationen hingegen verzichtet. So werden trotz einiger Diskussionen zum Beispiel auch zukünftig empfindliche Strafen gegen Piloten verhängt, die das Limit von fünf Motoren pro Saison überschreiten oder deren Aggregat gewechselt werden muss, bevor es die vorgeschriebene Laufleistung abgespult hat.

Er ist zurück: AJ Allmendinger sitzt wieder im Monoposto, Foto: IndyCar
Er ist zurück: AJ Allmendinger sitzt wieder im Monoposto, Foto: IndyCar

In jedem Fall müssen die betroffenen Fahrer mit einer Rückversetzung um zehn Startplätze im Rennen rechnen. Für einige Läufe wurden für 2013 zudem die Renndistanzen angepasst. Auch wagte man sich an eine Überarbeitung des Punktesystems, sodass alle Fahrer zwischen den Plätzen 19 und 25 nicht mehr zwangsläufig gleich viele Zähler erhalten, so wie es in der Vergangenheit der Fall war. Auch im Falle einer Blockade im Qualifying wurden die Regeln verschärft und die zeitliche Verzögerung des Boostbuttons wurde auf Bitten der Fahrer hin wieder abgeschafft. Erstmals ausgetragen werden drei sogenannte Double-Header-Wochenenden mit je einem Rennen am Samstag und Sonntag, wobei dafür die Events in Detroit, Toronto und Houston vorgesehen sind. Dort wird dann auch vom üblichen Startprozedere abgewichen: Anstelle von fliegenden Starts werden die Rennen stehend begonnen.

Zur Aufwertung der Serie und des allgemeinen Rennformats bei den IndyCars dient auch die Einführung einer kleinen Extra-Meisterschaft in der Meisterschaft: Die sogenannte 'Triple Crown' umfasst die drei Ovalevents in Indianapolis, Pocono und Fontana. Gewinnt ein Fahrer alle diese drei Rennen, erhält er die stattliche Prämie in Höhe von einer Million US-Dollar - bei zwei Siegen aus drei Rennen der 'Triple Crown' kann der siegreiche Pilot immerhin noch eine Viertelmillion einsacken. Spätestens dann sollte wieder Vollgasaction garantiert sein, bereits am Sonntags heißt es zum Glück aber erstmals im Jahr 2013: 'Gentlemen, start your engines!'