Wenn man keinen Grund hat, in der letzten halben Stunde eine Full Cause Caution herbeizurufen, macht man sich eben eine - anders ist kaum zu erklären, warum plötzlich 20 Minuten vor dem Ende zeitgleich zwei Fahrzeuge, die schon weit zurückgefallen waren und ein großes Polster nach hinten hatten, ohne ersichtlichen Grund neben der Strecke stehen blieben - vermutlich auf freundliche Nachfrage der IMSA. Doch es wäre wohl gar nicht nötig gewesen, denn urplötzlich crashte Colin Braun im Autosport-Oreca, der die PC-Klasse stundenlang angeführt hatte, im Bereich der Schikane, nachdem er zuvor schon einmal neben der Strecke gewesen war. Das Fahrzeug fing Feuer und die Caution wurde länger als geplant - sieben Minuten vor Schluss konnte sie erst aufgelöst werden. Damit kam es zum Sprint über fünf Runden.

In diesem standen sich Scott Dixon im Ford-betriebenen Ganassi-Riley und Sebastien Bourdais für Action Express Racing im Corvette DP gegenüber. Bourdais hatte einen Rückstand von über 30 Sekunden vor der letzten Gelbphase, so dass mehrere Fahrzeuge zwischen ihm und Dixon lagen. Zweieinhalb Sekunden waren aber zu viel für die wenigen Runden, die noch auf dem Programm standen. Nach 740 Runden kreuzten Scott Dixon, Tony Kanaan, Kayle Larson und Jamie McMurray die Ziellinie 1,3 Sekunden vor Joao Barbosa, Christian Fittipaldi und Sebastien Bourdais.

Unfassbar: Colin Braun stopft den in der PC führenden Oreca 20 Minuten vor Schluss in die Wand!, Foto: Rolex
Unfassbar: Colin Braun stopft den in der PC führenden Oreca 20 Minuten vor Schluss in die Wand!, Foto: Rolex

Durch den unglaublichen Unfall 20 Minuten vor Schluss erbte PR1/Mathiasen Motorsport den Sieg in der PC-Kategorie mit den Fahrern Mike Guasch, Andrew Novich, Andrew Palmer und Tom Kimber-Smith. In der GTLM setzte sich Corvette Racing ganz knapp durch: Sieg für Jan Magnussen, Antonio Garcia und Ryan Briscoe mit einer halben Sekunde Vorsprung vor dem RLL-BMW von Bill Auberlen, Dirk Werner, Augusto Farfus und Bruno Spengler. In der GTD siegte Riley Motorsports mit der Dodge Viper SRT und den Fahrern Ben Keating, Dominik Farnbacher, Al Carter, Kuno Wittmer und Cameron Lawrence.

Dixon spart Sprit und behält die Nerven

Kurz nach der 20-Stunden-Marke musste VisitFlorida.com seine Siegambitionen endgültig begraben: Der Corvette DP von Richard Westbrook, Michel Valiante und Mike Rockenfeller kam zweimal unplanmäßig an die Box und verlor drei Runden. Mit fünf Runden Rückstand war vier Stunden vor Schluss kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Und schließlich erwischte es auch die Perfektionisten, die bis dato zwei Fahrzeuge perfekt durchgebracht hatten: Der Ganassi-Riley-DP von Scott Pruett, Joey Hand, Charlie Kimball und Sage Karam musste mit rutschender Kupplung aufgeben. Zusätzlich war auch der MSR-Ligier in Probleme geraten: Der Tausch der vorderen linken Radaufhängung kostete ebenfalls 20 Runden.

Damit waren es nur noch drei Protagonisten in der P-Klasse. Scott Dixon spielte den Reichweiten-Vorteil seines Ford EcoBoost Motors in den letzten Stints aus und ging beim letzten Full Service in Führung. Damit hatte Chip Ganassi Racing schon einmal den Track-Position-Vorteil.

Wayne Taylor Racing machte einen fatalen Strategiefehler, Foto: IMSA
Wayne Taylor Racing machte einen fatalen Strategiefehler, Foto: IMSA

Nach dem letzten Splash&Dash bemerkte Wayne Taylor ein Problem: Jordan Taylor war dabei, seine maximale Fahrzeit zu überschreiten. Er hatte keine Wahl als die Siegambitionen aufzugeben und die letzte Gelbphase zum Fahrerwechsel zu nutzen. Somit war Wayne Taylor Racing am falschen Ende des Feldes, als es drauf ankam. Zu allem Überfluss hatte man auch noch zu wenig Sprit dabei, Taylor/Taylor/Angelelli begnügten sich mit Platz drei und wichtigen Meisterschaftspunkten. Zum erhofften Duell in den letzten Runden kam es nicht; Dixons Vorsprung war zu groß und Bourdais konnte ihn nicht mehr einholen, obschon er Boden gutmachte.

BMW zum zweiten Mal knapp geschlagen

Bisher von gröberen Vorfällen verschont, erwischte es drei Stunden vor Schluss dann doch noch das Corvette-Werksteam: Tommy Milner war beim Überrunden zu ungeduldig und fuhr einem DP ins Heck, der eingangs des Ovals querstand. Dabei beschädigte er sich seine Corvette C7.R an der Front und musste zur Reparatur. Vier Runden zogen dabei ins Land, das Ende aller Siegträume. Somit machten nur noch Antonio Garcia und Dirk Werner den Sieg in der GTLM unter sich aus. Auch mit dem waidwunden BMW drückte Werner nach der letzten Caution, konnte aber nicht überholen, Corvette Racing setzte sich mit dem einzigen GTE-Boliden, der nicht in irgendeiner Form in diesem Rennen beschädigt wurde, letztlich durch. Für BMW war es die zweite knappe Niederlage; im Vorjahr musste sich RLL mit einem ähnlichen Abstand hinter Porsche anstellen.

Die siegreiche Corvette war das einzige Fahrzeug, das ohne Probleme oder Schäden durchkam, Foto: IMSA
Die siegreiche Corvette war das einzige Fahrzeug, das ohne Probleme oder Schäden durchkam, Foto: IMSA

Rätsel um den Braun-Unfall

PR1/Mathiasen Motorsports brachte es tatsächlich fertig, sich noch in die Führungsrunde der PC-Kategorie zu bringen. Dennoch schien die Klasse zugunsten von Core Autosport entschieden, als Colin Braun den Sieg 20 Minuten vor Schluss in die Tonne warf. Was genau passiert war, ging aus den Bildern nicht hervor: Er stand zunächst im Gras, schien aber weiterfahren zu können; das nächste, was man sehen konnte, war ein Wrack von Oreca FLM09 eine halbe Runde weiter. PR1/Mathiasen Motorsports ging in Führung und hatte noch eine Runde Vorsprung auf BAR1 Motorsport, der Sieg war sicher.

In der GTD führte Riley Motorsports die Vorentscheidung frühzeitig herbei: Die Viper fuhr eine Minute Vorsprung auf den Alex-Job-Porsche von Cooper MacNeil, Leh Keen, Andrew Davis und Shane van Gisbergen heraus. Damit lagen in der letzten Caution so viele Fahrzeuge zwischen den beiden Protagonisten, dass Dominik Farnbacher über drei Sekunden Vorsprung für den Schlussspurt hatte - mehr als genug, um den Sieg einzufahren. Zuvor war bereits der Scuderia-Corsa-Ferrari von Sweedler/Bell/Lazzaro/Segal aus dem Kampf herausgefallen, den dritten Platz holte so der im Brumos-Design gehaltene Wright-Porsche von Madison Snow, Jan Heylen, Patrick Dempsey und Philipp Eng.