Knapper geht es kaum: Anderthalb Runden trennten Daniel Abt in seiner Rookie-Saison vom Titelgewinn in der GP3 - am Ende ging die Meisterschaft dann doch an Mitch Evans, den dominierenden Mann der Saison, der am Samstag noch so viel Pech gehabt hatte. Dieses Pech kam nur einen Tag später in umgewandelter Form als Glück zurück - letzten Endes auch ohne eigenes Zutun des Neuseeländers, der nach seinem Ausfall im ersten Rennen ganz hinten von Platz 25 aus starten musste, sich mit einer unglaublichen Fahrt den schier unmöglichen Weg bis in die Punkteränge bahnte, dann jedoch von einem Reifenschaden erneut zurückgeworfen und am Ende 20. wurde - anschließend galt es für ihn am Sonntag einfach nur noch zu hoffen. Und das half...

Monza-Drama: Für Daniel Abt ging es knapp nicht auf, Foto: GP3 Series
Monza-Drama: Für Daniel Abt ging es knapp nicht auf, Foto: GP3 Series

Was den Zuschauern in Monza im zweiten Lauf geboten wurde, war nicht weniger als ein Motorsport-Thriller der Extraklasse. Unglaubliche sechs Mal wechselte die Meisterschaftsführung im Laufe des ohnehin schon kurzen Sonntagsrennens. Die Ausgangslage für Abt war klar: Er musste das Rennen gewinnen, bahnte sich jedoch gleich auf den ersten Metern seinen Weg von Platz acht auf P5 nach vorne. Anschließend überholte er in der Parabolica seinen Lotus-Teamkollegen Conor Daly, nur um danach auch an Marlon Stockinger vorbeizugehen. In Runde vier schnappte der Deutsche sich David Fumanelli, einen Umlauf später ging er vorbei an Giovanni Venturini und in Führung, was zu diesem Zeitpunkt den Titelgewinn mit einem Punkt Vorsprung bedeutet hätte.

Zeitgleich rollte von hinten jedoch Evans das Feld auf - er musste entweder Achter werden oder die beiden Punkte für die schnellste Runde einfahren, dann aber zumindest in den Top-10 ankommen. Auf Grund einiger Zwischenfälle im Hinterfeld konnte er sich seinen Weg trotz seiner scheinbar aussichtlosen Ausgangslage tatsächlich nach vorne bahnen. Zudem fuhr er im sechsten und siebten Umlauf jeweils die schnellste Rennrunde. Nachdem er in Runde zehn Robert Visoiu überholt hatte und Zehnter war, holte er sich die zwischenzeitliche Gesamtführung zurück. Nur Sekunden später krachte es jedoch vor ihm - durch den Unfall von Patric Niederhauser musste Evans in der Schikane abkürzen.

Spannung pur im Königlichen Park

Wie schon am Vortag beschädigte er sich dabei beim Ritt über den Poller das Auto - die Variante della Roggia musste er daraufhin ebenso auslassen, nur um mit einem Reifenschaden rechts hinten in den Lesmo-Kurven durchs Kiesbett zu fahren. Das machte plötzlich wieder Abt zum potenziellen Gewinner, da Evans an die Box musste, um sich neue Reifen zu holen und außerhalb der Top-10 keine Punkte für seine schnellste Runde bekommen würde. Das Einzige, was dem verzweifelten Arden-Piloten jetzt noch helfen konnte, war irgendetwas, das Abt auf dem Weg zum Sieg aufhalten würde - letztendlich fand er diese Hilfe in Tio Ellinas. Bereits am Vortag hatte der Manor-Pilot mit seiner starken Pace in der Schlussphase auf sich aufmerksam gemacht und war erstmals in dieser Saison aufs Podium gefahren.

Tio Ellinas sicherte sich am Ende den letzten Sieg des Jahres, Foto: GP3 Series
Tio Ellinas sicherte sich am Ende den letzten Sieg des Jahres, Foto: GP3 Series

Dieses Kunststück wiederholte er auch am Sonntag. Nachdem er Venturini überholt hatte, machte Ellinas sich an die Verfolgung Abts. Zu Beginn ihres Duells konnte sich Abt in der ersten Schikane noch verteidigen - am Ausgang dieser büßte er dadurch aber zu viel Speed ein, wodurch Ellinas in der Curva Grande gleichzog und ihn anschließend überholte. Doch Abt gab so schnell nicht auf - in Runde 14 holte er sich auf der Start-Zielgeraden seine Führung und damit zwei Runden vor Schluss auch die Führung in der Meisterschaft zurück. In der vorletzten Runde wiederholte Ellinas sein Überholmanöver in der Curva Grande und Variante della Roggia jedoch und diesmal kam Abt anschließend nicht mehr nah genug an seinen Vordermann ran, um abermals zu kontern.

Während sich Ellinas seinen ersten Saisonsieg ganz vorne mit einer Sekunde Vorsprung auf den letzten Metern nicht mehr wegnehmen ließ, bekam Abt in Person von Venturini noch zusätzlichen Druck von hinten - P2 rettete er zwar trotzdem nach Hause. Für die Meisterschaft reichte das jedoch denkbar knapp nicht. Der Titel ging um zwei Punkte an Evans, der sein Glück im Ziel kaum fassen konnte. Während der Neuseeländer mit seiner Arden-Truppe feierte, komplettierten Stockinger, Antonio Felix da Costa und Matias Laine die Top-6 eines mehr als denkwürdigen Meisterschaftsfinals 2012.