Blick vor und nicht zurück - ich muss es noch einmal sagen, wie schon nach Valencia. Wobei das, was gerade am Samstag in Belgien passiert ist, nicht so einfach zu vergessen ist. Wenn man die Pole hatte, das Rennen auch unter nicht ganz einfachen äußeren Bedingungen kontrolliert und dann durch so eine Strafe einen fast sicheren Sieg weggenommen bekommt, dann ist das schon sehr bitter. Vor allem, wenn man halt weiß, dass so etwas so unterschiedlich gehandhabt wird. Unter praktisch den gleichen Umständen vor 14 Tagen in Valencia bei Felipe Massa kam dort Ferrari mit einer Geldstrafe davon, Felipe wurde nicht belangt - eben mit der Begründung, erstens sei es ein Teamfehler gewesen und zweitens habe Massa ja auch keinen Vorteil gehabt...

Die Verärgerung ist dem Kampfgeist gewichen., Foto: GP2 Series
Die Verärgerung ist dem Kampfgeist gewichen., Foto: GP2 Series

Den hatte ich auch nicht, ich habe ja zurückgezogen, Alberto Valerio vorbeigelassen - und bei uns waren die Bedingungen für den Stopp ja sogar noch etwas schwieriger, die Boxengasse war noch nass, wir hatten kalte Slicks drauf, dadurch hat man beim Wegfahren etwas Wheelspin, braucht länger, bis man wegkommt, was es für das Team noch schwieriger macht, den Abstand nach hinten richtig einzuschätzen. Davon mal ganz abgesehen, dass es bei uns in der GP2 in der Boxengasse generell noch enger ist, weil uns ja eine Spur fehlt und wir dazu 13 Teams haben und nicht nur zehn, die sich den Platz teilen müssen. Da wird es immer wieder eng - in Silverstone zum Beispiel wurde es mal ganz knapp, als Lucas di Grassi vor mir raus zog, ich musste auf die Bremse, er hat so sogar einen Platz gewonnen - und da gab es keine Strafe...

Blick nach vorne

Es ist nicht leicht, so eine Enttäuschung hinter sich zu lassen. Man hat das Gefühl, dass einem etwas weggenommen wurde, was einem eigentlich gehört hatte, und man kann absolut nichts dagegen tun. Da bleibt erst einmal schon eine ziemliche Leere in einem zurück... Statt praktisch punktgleich gehe ich jetzt mit elf Punkten Rückstand ins Finale in Monza. Aber es bringt jetzt nichts mehr, zurückzuschauen und zu hadern. Was passiert ist, lässt sich nicht mehr ändern, ich muss nach vorne schauen, auf das Monza-Wochenende, und dort zusammen mit meinem Team noch einmal alles geben.

Senna greift in Monza noch einmal an., Foto: GP2 Series
Senna greift in Monza noch einmal an., Foto: GP2 Series

Natürlich wird es nicht einfach, unter diesen Umständen jetzt den Titel doch noch zu holen - aber es ist auch nicht unmöglich. Und wir werden sicher alles tun. Ich habe ein tolles Team hinter mir, mein Ingenieur Gavin Jones hat mich am Dienstag extra noch mal angerufen, mir gesagt, wie entschlossen und hoch motiviert alle sind, jetzt erst recht zurückzuschlagen und allen zu zeigen, dass wir die Besten sind.

Was mich optimistisch macht, ist die Tatsache, dass wir ja im Sommer in Paul Ricard, als wir in Low-Downforce-Konfiguration für Monza getestet haben, wirklich extrem schnell waren. Deshalb rechne ich mir schon aus, wieder ganz vorne zu sein, auch wenn Monza für Giorgio Pantano ja seine Heim- und Lieblingsstrecke ist und er dort auch immer sehr stark war.

Druck ausüben

Mein erstes Ziel ist natürlich wieder die Pole-Position am Freitag, das wäre schon aus psychologischer Sicht sehr wichtig. Ich glaube, damit würde ich Giorgio schon etwas unter Druck setzen, gerade deshalb, weil er Monza ja als sein "Wohnzimmer" betrachtet. Nach den Wettervorhersagen, die ich bekommen habe, besteht eine recht große Chance, dass es am Freitag regnet - das käme mir natürlich noch zusätzlich entgegen, würde es vielleicht ein bisschen einfacher machen.

Nicht nu rim Qualifying soll auf Brunos Boxentafel die 1 stehen., Foto: GP2 Series
Nicht nu rim Qualifying soll auf Brunos Boxentafel die 1 stehen., Foto: GP2 Series

Dann wäre es wohl auch auf keinen Fall notwendig, im Qualifying irgendwelche Windschattenspielchen mit dem Teamkollegen abzusprechen, um sich gegenseitig zu ziehen. Ich bin mir generell nicht sicher, ob das in der GP2 noch soviel bringt wie zum Beispiel in der Formel 3, wo es absolut nötig war. Aber im Regen sicher nicht, da ist das schon durch die Gischt und die schlechte Sicht bestimmt kein Vorteil mehr...

Mythos Monza

Ich mag auf jeden Fall Monza als Strecke auch sehr gerne, nicht nur, weil sie schnell ist, sondern weil es durchaus auch Stellen gibt, wo man als Fahrer wirklich einen Unterschied machen, viel gewinnen oder verlieren kann. Vor allem in der Ascari-Schikane, das ist meiner Meinung nach eine absolute Schlüsselstelle. Und dann ist da ja noch die ganze Geschichte, die Monza umgibt - der Name allein ist ja schon irgendwie ein Synonym für den Rennsport überhaupt. Das bringt eine ganz besondere Atmosphäre mit sich.

Voll angreifen von Anfang an, Druck machen - und dann darauf hoffen, dass Pantano doch wieder einen Fehler macht, das muss meine Taktik für das Finale sein. Er hat ja in den letzten Rennen schon ein paar eigene Fehler drin gehabt, das zeigt, dass er trotz seiner wesentlich größeren Erfahrung nicht ganz unanfällig ist - und darauf muss ich noch einmal hoffen, nachdem es uns zuletzt durch verschiedene Umstände ja nicht immer gelungen ist, aus seinen Problemen Kapital zu schlagen. Ich will auf jeden Fall gewinnen, am besten natürlich gleich zweimal. Ob das dann reicht, die elf Punkte Rückstand aufzuholen, liegt dann nicht allein in unserer Macht.