Im Sprintrennen von Monaco bist du als Zweiter gestartet, aber nicht optimal weggekommen und zurückgefallen. Was ist da passiert?
Rene Binder: Es hat fünf Minuten vor dem Start noch einmal leicht geregnet, da wollte ich ganz besonders gefühlvoll mit der Kupplung umgehen, um zu viel 'Wheel-spin' zu vermeiden. Das ist leider ziemlich danebengegangen. Gott sei Dank konnte ich den Schaden in Grenzen halten und mich zumindest auf P6 wieder einfädeln.

Trauerst du der großen Chance auf ein Podium hinterher oder bleibt am Ende die Freude über gute Punkte?
Rene Binder: Da gibt es nicht viel zu trauern. Es war insgesamt ein großartiges Wochenende für uns und sicher nicht die letzte Chance auf einen Podestplatz. Wenn man zum ersten Mal in Monaco fährt und dann gleich 10 Punkte holt, sollte man damit zufrieden sein. Außerdem war ich im Sprintrennen mit alten Hinterreifen unterwegs, da musste ich gegen Sam Bird und später gegen Kevin Ceccon alle Register ziehen, um vorne zu bleiben.

Im Hauptrennen warst du beim Startunfall hautnah dabei. Am Ende haben dich die Streckenposten angeschoben und du bist noch Siebter geworden - wie hast du diese kuriose Situation erlebt?
Rene Binder: Du konzentrierst dich voll auf die erste Kurve und rechnest nicht damit, dass du im nächsten Moment im Stau stehst. Ich hab Daniel [Abt] gerade noch berührt und mir dabei meinen Frontflügel verbogen. Dass ich überhaupt noch zurück an die Box fahren konnte, habe ich ein paar hilfsbereiten Streckenposten zu verdanken. Wenn die mich in der St. Devote-Kurve in den Ausgang geschoben hätten, wäre das Wochenende für mich wohl gelaufen gewesen.

Du bist dann den mit Abstand längsten ersten Stint gefahren und konntest dich so nach vorne schieben. Ist die Taktik voll aufgegangen?
Rene Binder: Die Taktik war sicher gut, aber ich glaube auch, dass mein Fahrstil gut zu diesen Reifen passt. Wir wollten sogar noch länger draußen bleiben, aber dann gab es den Unfall von Rosenzweig, da wollten wir auf keinen Fall riskieren, dass das Safety-Car auf die Strecke geht und mein Vorteil wieder dahin ist.

Rene Binders Weg führt steil nach oben, Foto: Foto Pellegrini
Rene Binders Weg führt steil nach oben, Foto: Foto Pellegrini

Was sind deine generellen Eindrücke aus Monaco? Hast du auch auf der einen oder anderen Party vorbeigeschaut?
Rene Binder: Die Stadt ist schon sehr beeindruckend, wobei ich von der Partyszene nicht sehr viel berichten kann. Wir sind am Freitagabend nur einmal kurz von Rascasse bis hinüber zum Schwimmbad spaziert. Da war natürlich die Hölle los und auch die Yachten haben wir uns einmal aus nächster Nähe angeschaut. Schon ein Wahnsinn, welche Spielzeuge sich gewisse Leute leisten können.

Die Saison nähert sich langsam der Halbzeit, wie zufrieden bist du mit deiner bisherigen Performance?
Rene Binder: Sehr zufrieden, weil wir schon wesentlich weiter sind, als man erwarten konnte. Das Ziel war ehest möglich in die Punkte zu fahren, und das haben wir schon beim Saisonauftakt in Sepang geschafft. Dann kamen die Rennen in Bahrain und Barcelona, wo wir schuldlos um Punkte gebracht worden sind. Und jetzt Platz 6 und 7 in Monte Carlo - das war mein bislang erfolgreichstes Rennwochenende in der GP2 und hat unserer gesamten Mannschaft von Venezuela GP Lazarus sehr viel Auftrieb gegeben.

Deinen Teamkollegen Kevin Giovesi hast du voll im Griff. Ein gutes Zeichen?
Rene Binder: Ich gehe meinen eigenen Weg und versuche, mich ständig zu verbessern, nur das zählt. Ein gutes Zeichen ist für mich, dass ich mich seit meinem Aufstieg in die GP2 in allen Bereichen gesteigert habe und dass es weiterhin aufwärts geht.

Pirelli ist derzeit ein großes Thema. Wie kommst du mit den Reifen in der GP2 zurecht?
Rene Binder: Wie schon gesagt, komme ich mit den Reifen sehr gut zurecht. Ich mag es, wenn man mit dem Gasfuß feinfühlig umgehen muss und die Autos nicht von der ersten bis zur letzten Runde wie auf Schienen fahren. Im Qualifying ist natürlich noch immer Aggressivität gefragt, aber mit einem guten Set-up und der richtigen Strategie ist selbst aus den hinteren Startreihen fast alles möglich.

Die Zusammenarbeit mit dem Team funktioniert hervorragend, Foto: Foto Pellegrini
Die Zusammenarbeit mit dem Team funktioniert hervorragend, Foto: Foto Pellegrini

Bei Hilmer Motorsport gab es bisher sehr viele Fahrerwechsel, wie verfolgt man das als Konkurrent?
Rene Binder: Ich hab genug mit meiner eigenen Arbeit zu tun, da kann ich mich nicht auch noch mit Fahrerwechseln bei anderen Teams beschäftigen. Positiv sehe ich da nur, dass wir mit Robin Frijns den aktuellen Meister der Renault World Series in der GP2 Serie haben. Er ist einer von mehreren Formel-1-Ersatzfahrern in der GP2.

Hast du dein Cockpit sicher oder musst du auch zittern, ausgewechselt zu werden?
Rene Binder: Zittern muss ich Gott sei Dank nicht. Wir planen zumindest auf zwei Jahre und fühlen uns bei Venezuela GP Lazarus sehr wohl. Dass wir inzwischen schon von zwei Teams angesprochen worden sind, die zu den Topadressen der GP2 gehören, ist allerdings auch kein schlechtes Zeichen.

Ein Wort zur Konkurrenz: Stefano Coletti und Felipe Nasr haben sich in der Meisterschaft abgesetzt. Was haben sie den anderen Piloten voraus?
Rene Binder: Stefano Coletti fährt mittlerweile seine vierte Saison in der GP2. Bei ihm passt inzwischen einfach alles und dasselbe gilt für Felipe Nasr, der in seinem zweiten Jahr schon unheimlich konstant unterwegs ist. Er hat sicher die besten Chancen, 2014 in die Formel 1 aufzusteigen.

Was können wir von dir in der zweiten Saisonhälfte erwarten? Bist du mittlerweile in der GP2 voll angekommen?
Rene Binder: Ich möchte noch möglichst oft in die Punkte fahren und spüre, dass da noch deutlich mehr geht. Wenn ich mir anschaue, was einige Fahrer hier schon an internationalen Erfolgen eingefahren haben, bin ich manchmal selbst überrascht, wie gut wir als kleines Team schon bei der Musik sind.

Wie schaut die weitere Vorbereitung für die nächsten Rennen in Silverstone aus?
Rene Binder: Ich werde wieder Onboard-Videos studieren und eine Einheit am Simulator absolvieren. In Silverstone habe ich bisher nur einmal mit einem Formel 3 getestet, deshalb hoffe ich auf ein problemfreies freies Training, damit ich mich gut an die schwierigen Passagen herantasten kann.