Punktgleich waren die beiden Meisterschaftsführenden Luiz Razia und Davide Valsecchi in den viertletzten GP2-Lauf des Jahres in Monza gestartet - den weit besseren Ausgang erwischte am Ende der italienische Lokalmatador. Während Valesecchi sich mit Platz sechs wertvolle Punkte und eine hervorragende Ausgangposition für den Sprint am Sonntag sichern konnte, kollidierte Razia noch in der ersten Rennhälfte unsanft mit Fabio Leimer, wonach sein Rennen beendet war. In der zweiten Schikane geriet der Meisterschaftsleader mit dem Schweizer aneinander, der innen jedoch mindestens eine halbe Wagenlänge hinter ihm lag, ihn am Hinterrad traf und umdrehte.

Anschließend setzte Razias Bolide auf dem hohen Kerb auf - trotz aller Bitten des Brasilianers, konnten die Streckenposten ihn von diesem nicht wieder hinunter und zurück ins Rennen schieben. Das Aus bedeutete auch einen massiven Rückschlag in der Meisterschaft - nicht nur, dass Razia am Samstag seine Führung einbüßte. Während Valsecchi am Sonntag als Dritter losfährt, muss der Arden-Pilot den Sprint vom letzten Platz aus aufnehmen. Für den größten Jubel bei den italienischen Zuschauern sorgte im Königlichen Park allerdings nicht der Titelvorteil von acht Punkten für Valsecchi sondern die sensationelle Leistung von Luca Filippi. Nach einem Jahr Pause, in dem der Italiener erfolglos versucht hatte, ein Programm in der IndyCar-Serie auf die Beine zu stellen, kehrte er für sein Heim-Wochenende in Monza zur Scuderia Coloni in die GP2 zurück.

Das Team hatte sich erst kürzlich von Stefano Coletti getrennt, der daraufhin zu Addax gewechselt war. Bereits in der Qualifikation hatte Filippi geglänzt, seinen Boliden auf P3 gestellt. Erste Erinnerungen an das Märchen aus dem Vorjahr kamen auf - damals wechselte der 27-Jährige zur Saisonmitte von Super Nova zu Coloni - anschließend konnte er noch vier Rennen gewinnen und sich den Vizetitel sichern. Bereits am Start am Samstag schlug Filippi ein neues Kapitel in seinem Liebesroman mit dem italienischen Rennstall auf. Gleich zu Beginn setzte er sich in Führung, musste den Platz an der Sonne dann aber kurzfristig wieder an Pole-Mann Max Chilton abgeben, da er die erste Schikane abgekürzt hatte.

Chilton wird durchgereicht

Eine furchtbare erste Runde erwischte der Zweitplatzierte Giedo van der Garde. Schon auf den ersten Metern fiel der Caterham-Fahrer weit zurück, dann ganz aus dem Rennen. In einem Rennen mit vielen intensiven Zweikämpfen, sorgte weiter hinten Fabio Onidi mit einem beschädigten Frontflügel für Aufsehen. Auf Grund der gefährlichen Beschädigung an seinem Auto, wurde er von der Rennleitung bald mit der schwarz-orangenen Flagge zu Reparaturarbeiten an die Box gerufen. Ungewöhnlich früh stoppten auch viele der Top-Piloten. Filippi, Valsecchi und Leimer kamen alle schon nach acht Runden zum Reifenwechsel. Dann demonstrierte Julian Leal mit einem tollen Manöver gegen Rio Haryanto vor der Variante della Roggia Razia und Leimer, wie man es hätte richtig machen sollen.

Harte Zweikämpfe: Gideo van der Garde kam am Samstag nicht weit, Foto: GP2 Series
Harte Zweikämpfe: Gideo van der Garde kam am Samstag nicht weit, Foto: GP2 Series

Nach dem Crash des Titelaspiranten aus Brasilien, der gleichsam seinen allersten Ausfall in der Saison bedeutete, verlagerte sich der Fokus wieder auf das Geschehen an der Spitze. Nachdem auch der in Führung liegende Chilton an der Box war, konnte er seine Spitzenposition zunächst knapp vor Filippi halten. In der Variante Ascari spielte der Lokalmatador jedoch seine ganze Streckenerfahrung aus und schnappte dem Briten die Führung weg, nur um anschließend vier Sekunden vor seinen Verfolgern einen ungefährdeten wie sensationellen Comeback-Sieg nach Hause zu fahren. "Es mag schon ein Jahr her sein, dass ich zuletzt gefahren bin, aber es fühlt sich an, wie wenn es erst gestern gewesen wäre - als hätte die Zeit angehalten. Das macht die Emotionen jetzt noch überwältigender", jubelte der überglückliche Sieger nach der Zieldurchfahrt auf dem Podium. Seine Karriere habe bereits beendet ausgesehen. "Nun glaube ich mehr denn je an mich."

In einen Aufreger kurz vor Schluss war erneut Leimer verwickelt - wieder geriet er in der zweiten Schikane in ein Duell, wieder ging es für seinen Gegner - in diesem Fall DAMS-Pilot Felipe Nasr, der daraufhin ausschied - schlecht aus. Für positivere Schlagzeilen sorgte in jedem Fall Johnny Cecotto, der klug Reifen gespart hatte und so, trotz einer Rückversetzung um fünf Positionen für seinen Startunfall in Spa, Chilton schlussendlich noch P2 abtrünnig machte. Das gelang ein paar Runden später auch Marcus Ericsson, der den Briten auf Platz vier durchreichte und damit knapp vom Podium stieß. Fünfter wurde trotz aller Zwischenfälle Leimer, vor Valsecchi, Palmer und Coletti - der Italiener startet am Sonntag daher von der Pole.