Austin, Texas. Mit 750.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt des US-Bundesstaates Texas, dessen Hauptstadt sie ist. Gegründet unter dem Namen "Waterloo" im Jahr 1835. Ihr Slogan lautet: "Keep Austin Weird". Austin soll verrückt und ungewöhnlich bleiben. Das ist der Stadt mit einem Zehnjahres-Deal für die Austragung des Großen Preises der USA gelungen.

Denn für die Amerikaner ist die Formel 1 wahrlich ungewöhnlich, für alle anderen ist sie wirklich verrückt. Was passiert, wenn beide Welten aufeinandertreffen, die Königsklasse des Motorsports und das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, zeigt die Kuriositätensammlung der bisherigen F1-Austragungsorte in Amerika.

Parkplatzrennen & Katastrophen

Zwei Jahre fuhr die F1 auf einem Parkplatz in Las Vegas, Foto: Sutton
Zwei Jahre fuhr die F1 auf einem Parkplatz in Las Vegas, Foto: Sutton

Schon die ersten Annäherungsversuche zwischen der Formel 1 und Amerika gestalteten sich äußerst mühevoll. 1950 wurde das Indy 500 in den Formel-1-Rennkalender aufgenommen - wirklich teilgenommen hat aber niemand der F1-Piloten. Beim letzten zur Formel 1 zählenden Indy 500 im Jahre 1959 gab es keine einzige Nennung aus Europa und auch der erste echte "Grand Prix der USA" - dieser fand im selben Jahr in Sebring statt - war nicht von Erfolg gekrönt.

Das Rennen fand zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Formel 1-Weltmeisterschaft längst entschieden war, weshalb Ferrari gar keine Autos über den großen Teich schickte. So musste der aufsteigende Komet Phill Hill, der zuvor den Italien-Grand Prix gewonnen hatte, auf einen gewissen British Racing Partnership-Cooper umsteigen. Auch nach diesem halbherzigen Auftritt verzichtete man auf eine Wiederholung.

Danach folgte ein Strecken-Wechsel-Dich-Spiel durch ganz Amerika: man fuhr in Riverside (1960), Watkins Glen (1961 - 1980), Long Beach (1976 - 1980), auf dem Parkplatz des Ceasar's Palace-Casinos (1981, 1982) und wanderte weiter nach Dallas (1984). Längere Aufenthalte fanden noch in Detroit (1982 - 1988) und Phoenix (1989 - 1991) statt. Dort sollte für lange Zeit der letzte Große Preis der USA ausgetragen werden.

20 Jahre Watkins Glen

Die F1-Fahrer liebten die Strecke in Watkins Glen, Foto: Sutton
Die F1-Fahrer liebten die Strecke in Watkins Glen, Foto: Sutton

Für 20 Jahre war Watkins Glen die Heimat des US Grand Prix. Zum ersten Mal fuhr die F1 im Jahr 1961 in Watkins Glen - hier fühlten sich die Formel 1-Piloten wohl, die Strecke gefiel ihnen. Vor allem die britischen Piloten waren von der Strecke angetan - die ersten sieben Jahre stand immer ein Brite ganz oben auf dem Siegerpodest. Ende der Sechzigerjahre wurde Watkins Glen zu gefährlich, weshalb man den Kurs breiter anlegte und ihn nebenbei sogar um ein gutes Stück verlängerte. Den Piloten gefiel der Kurs noch besser - die Formel 1 blieb Watkins Glen bis ins Jahr 1980 treu.

Neben dem Watkins-Glen-Rennen gab es noch weitere, mehr oder weniger erfolgreiche, Auftritte in Amerika. Ab 1976 wurde in Long Beach ein Grand Prix auf einem wunderschönen Stadtkurs abgehalten. Natürlich gab es auch den schlimmen Unfall von Clay Regazzoni im Jahr 1980, der große Kämpfer saß danach im Rollstuhl. Doch nicht die Mauern und die mangelnde Sicherheit waren der Grund, warum hier nicht weitergefahren wurde. Ende 1983 konnten Bernie Ecclestone und die Veranstalter keine finanzielle Einigung erzielen, das Rennen war Geschichte.

1981 und 1982 trat die Formel 1 in Las Vegas auf, auf dem Parkplatz des Ceasar's Palace-Casinos. Mit dem F1-Rennen wollten die veranstaltenden Geschäftsleute angeblich das Mafia-Image loswerden. Doch weil nur wenige Zuschauer zu den Rennen erschienen, wurde die Partnerschaft beendet. Ebenfalls im Jahr 1982 konnte die Formel 1 ein weiteres Gastspiel in den Staaten etablieren - den Grand Prix in Detroit. Dort blieb man bis 1988. Im Jahr 1984 gab die Formel 1 ein einmaliges Gastspiel in Dallas, welches wegen Misserfolgs nicht wiederholt wurde. 1989 wanderte man nach Phoenix.

Skandale im US-Motorsportmekka

Schumacher und Barrichello scheiterten beim Fotofinish, Foto: Sutton
Schumacher und Barrichello scheiterten beim Fotofinish, Foto: Sutton

Erst 2000 wagte die Formel 1 erneut den Versuch, sich in den Staaten zu etablieren. Auf dem berühmten Ovalkurs von Indianapolis - für die Formel 1 noch mit einem engen Infield ausgestattet - wollte sich die Königsklasse den Amerikanern präsentieren. Doch schon der erste Auftritt vor der versammelten US-Presse ging gründlich in die Hose. Auf die Frage, welches Gefühl es sei, auf dem legendären "Brickyard" zu fahren, antwortete Michael Schumacher: "Das ist ein Rennen wie jedes andere auch."

Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass sich der siebenfache Champion den Groll der Amerikaner auf sich zog. 2002 folgte der nächste Eklat: Michael Schumacher und sein damaliger Ferrari-Adjutant Rubens Barrichello wurden ob der ewigen Siege ein wenig übermütig. Ausgerechnet in Indianapolis versuchten die Beiden herauszufinden, ob man auf das Tausendstel genau über die Ziellinie huschen kann - wie sich herausstellte, kann man es nicht. Die Folge: Obwohl Michael Schumacher vom Start weg das Rennen dominierte, gewann am Ende Rubens Barrichello. Für die wettfreudigen Amerikaner war das schlicht und einfach eine schallende Ohrfeige mitten ins Gesicht.

Hey Mann, wo sind all die Autos?, Foto: Sutton
Hey Mann, wo sind all die Autos?, Foto: Sutton

Es schien als würde die Formel 1 nichts unversucht lassen, um sich in jenem Land, welches mit der NASCAR-Serie puren Motorsport gewöhnt ist, unbeliebt zu machen. Den Vogel schoss man beim Großen Preis der USA im Jahr 2005 ab - er ging in die Geschichtsbücher als "Petit Prix" ein. Auslöser für den Skandal war ein neuer Streckenbelag auf der Nudeltopfstrecke von Indianapolis, der die Michelin-Reifen regelrecht killte. Der französische Reifenhersteller empfahl aus Sicherheitsgründen den sieben von ihm ausgerüsteten Teams, nicht am Grand Prix teilzunehmen.

Am Ende bekamen die Fans an der Strecke nur die sechs Autos von den drei Bridgestone-Teams Ferrari, Jordan und Minardi zu sehen. Die internationale Presse sparte nach dem Rennen nicht an Kritik. "Der Große Preis der USA war eine Farce. Die Formel verkommt zum Zirkus. Die Formel 1 hat einen Riesenflop gelandet. Diese Blamage muss Konsequenzen haben", titelte die Corriere della Sera. Der Daily Mirror ging noch weiter: "Ruhe in Frieden, Formel 1. Das war der Tag, an dem der Rennsport in Amerika gestorben ist." Im Jahr 2012 wird sie in Austin, Texas wiederbelebt.