Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein, sang einst Reinhard Mey. Alle Ängste und Sorgen sollen darunter verborgen liegen, meinte er. Dass es darunter auch meistens wie aus Eimern gießt, ist eine andere Sache. Was also tun, wenn man gerade am Campingplatz eingecheckt hat und sich zu siebt in einem Mini-Zelt zusammenkauern muss, weil der Wettergott der Ansicht ist, dass es schon genug Schönwetter gab und etwas Abwechslung doch durchaus spannend wäre.

Nico, Sebastian, Adrian, Hulk, Michael, Sebastien und Timo hatten viel Zeit, darüber nachzudenken, auch wenn auf den fünf Quadratmetern, die sie sich teilen mussten, nicht wirklich viel Platz zum Nachdenken war. Nico schlug vor, es einfach auszusitzen. "Aber nur, wenn wir Glück haben und es nicht zu lange oder zu stark regnet." Denn das Zelt war nicht nur klein, es hatte auch Löcher. Das Campingplatz-Wirtshaus wäre da durchaus eine Alternative gewesen, angesichts des Niederschlags aber nur schwer zu erreichen. "Wir müssen also abwarten und schauen, was morgen passiert", betonte Nico deswegen noch einmal.

In einer Minute kann schon wieder alles ganz anders sein, Foto: Sutton
In einer Minute kann schon wieder alles ganz anders sein, Foto: Sutton

Alles Blödsinn, meinte Sebastian, der darauf hoffte, einen erfrischenden Energy Drink aus der Kühltruhe in seinem Auto holen zu können. "Bei diesen Bedingungen können zwei Minuten einen großen Unterschied ausmachen", meinte er und setzte dazu an, kurz einmal den Finger unter den freien Himmel zu halten. "Der richtige Ruf zur richtigen Zeit kann entscheidend sein oder nicht", erklärte Sebastian und hetzte drauflos, nur um nach einem Meter umzukehren und sich ein Handtuch zu suchen, weil er bereits patschnass war.

"Manchmal ist es schwierig einzuschätzen, wo viel Wasser ist und wo nicht", versuchte Adrian Sebastian ein wenig zu beruhigen, bevor er sein Wetterradar auspackte und mit den technischen Spielereien des Elektronik-Herstellers seines Vertrauens aufwartete. Nach ein paar Augenblicken hetzte er los und konnte zur Überraschung aller tatsächlich vier Getränkedosen ergattern, bevor er wieder zurückkehrte. "Die Chance genutzt und das war sehr wichtig", lächelte er, als das Prasseln der Regentropfen wieder zunahm.

Vier Getränke für sieben Leute sind aber nicht unbedingt das Wahre, also trat Hulk auf den Plan. Er wollte damit eigentlich nicht rausrücken, weil er die Eifersucht der anderen befürchtete, doch er hatte einen grünen Regenmantel dabei. Den warf er sich nun über und trat wortlos ins Freie. "Alles ist möglich bei solchen Bedingungen", murmelte er und raste in Richtung Gaststube. Die Zurückgebliebenen sahen sich nur konsterniert an und fragten sich, ob sie Hulk jemals wiedersehen würden. Fünf Minuten später kam die Antwort in Form von drei Wurstbroten. Eigentlich hatte er sieben dabei gehabt, doch der Regen hatte seine Opfer gefordert. "Da hatte ich mit Aquaplaning zu kämpfen", meinte er und präsentierte noch zwei Energie-Riegel, die er unter dem Mantel versteckt hatte. "Von daher war es heute ein guter Tag für uns", strahlte er.

Eine Stärkung kann man immer gebrauchen, Foto: Sutton
Eine Stärkung kann man immer gebrauchen, Foto: Sutton

Für Michael nicht gut genug, für ihn kann es immer noch besser werden. Doch auch er wusste: "Es liegt nicht in unseren Händen, jemand anderes bestimmt die Startzeiten." Doch ohne ein gutes Eis wollte er sich einfach nicht zufriedengeben. "Heute haben wir gelernt: Manchmal darf man der Wettervorhersage nicht trauen", sagte er seinen jüngeren Mitreisenden und vergaß jede Vernunft, um etwas Süßes zwischen die Zähne zu bekommen. Er musste bald merken, dass er schon lange keinen Regensprint mehr gemacht hatte, doch das war ihm egal. Er zog durch, schnappte sich ein Eis aus der Kühltruhe, die neben dem Strandkiosk stand und spurtete zurück. Es hatte aber alles keinen Zweck gehabt, der Regen hatte das Eis bis zum Zelt weggespült, Michaels Gewand war nur mehr durchsichtig. "Hinterher ist man immer schlauer", meinte er nur.

"Nein, es war viel mehr drin", konterte Sebastien, dem das Rein und Raus ohne konkrete Ergebnisse schön langsam zu bunt wurde. Ihm war mittlerweile alles egal, er wollte einfach nur eine gute Jause für alle zusammenstellen, damit endlich Ruhe einkehrt. Ein bisschen Mettwurst, etwas schweizer Käse, Brot und solche Sachen stellte er sich vor. "Noch ist alles möglich", ließ er die anderen wissen. "Wir waren gut unterwegs, haben nur unsere Chance nicht gut genug genutzt." Doch bevor er noch mehr sagen konnte, brach das Zelt unter der Last des Wassers ein und alle Essenspläne Sebastiens waren dahin. "Ich bin also etwas böse und frustriert", stellte er einfach nur fest.

Es sollte immer ein Handy in der Nähe sein, Foto: Sutton
Es sollte immer ein Handy in der Nähe sein, Foto: Sutton

Bis dahin hatte kaum jemand Timo bemerkt, der mit einem immer breiteren Grinsen hinten im Zelt gesessen war. Als alle in Gemeinschaftsarbeit die Stützen wieder aufgerichtet hatten, begann er laut zu lachen. "Das Thema hier ist, dass es immer sehr schnell trocknet", erklärte er. "Ich winke niemanden freiwillig vorbei, dafür solltet ihr mich gut genug kennen." Er hatte auch nicht gewinkt, sondern mit seinem Handy telefoniert.

Dabei hatte er vom Wirt in der Campingstube auch interessante Geschichten über komplett durchnässte Leute gehört, die hier und da herumrannten und irgendwas zu essen wollten. Timo hatte ihm ruhig erklärt, er möge dann doch so nett sein, ein großes Essen für sieben Leute richten und die dann beim Zelt mit einem übergroßen Schirm abholen. Als also sechs von sieben Zelthockern gerade verzweifeln wollten, klopfte es vorne. Timo machte das Zelt auf, sah sich um und die anderen hörten ihn nur noch sagen: "Ich werde alles daransetzen und sie nicht kampflos vorbeilassen."