Sehr viele Runden bin ich an diesem Wochenende in Melbourne leider nicht gefahren - dennoch war es insgesamt für uns alle bei HRT wieder ein Schritt nach vorn. Am Freitag in der ersten Session ging es erstmal gut los, als wir wirklich fast unser gesamtes Programm durchziehen konnten. Da habe ich schon gemerkt, dass wir seit Bahrain einfach durch das Mehr an Informationen, das wir als Grundlage hatten, schon einiges erreicht haben, das Auto sich um einiges besser fährt.

Allerdings hat sich gegen Ende des Trainings ein Problem mit dem Benzindruck angedeutet, möglicherweise verursacht durch irgendwelchen Dreck, der bei den Arbeiten in dem neuen Tank, den wir in Melbourne hatten, entstanden ist. Jedenfalls war das eine sehr langwierige Angelegenheit, das zu beheben, so dass ich in der zweiten Session gar nicht mehr rauskam.

Blaulicht und Sirene

Am Freitag Abend war ich dann Augenzeuge des Ärgers, den Lewis Hamilton mit der australischen Polizei bekommen hat. Ich bin nämlich zufällig gleichzeitig mit ihm raus gefahren - und ich muss ihn da jetzt wirklich mal verteidigen. Denn das war überhaupt nicht wild, was er da gemacht hat - und schon gar nicht gefährlich für irgendjemanden.

Vielleicht ist er ein bisschen gedriftet, ein bisschen sideways mit dem Mercedes, aber völlig harmlos, auf einer abends nach neun völlig menschenleeren Straße noch im Bereich der Rennstrecke. Leider stand halt da ganz in der Nähe ein Polizeiwagen - und die wollten offensichtlich ein Exempel statuieren, haben auch gleich eine ziemliche Show abgezogen mit Blaulicht und Sirene...

Beschädigter Unterboden

Samstag früh bin ich leider wieder nur acht Runden draußen gewesen. Ein Hydraulikschlauch hatte sich durchgescheuert, das sind halt all diese kleinen Dinge, die man normalerweise beim Testen merkt, die wir aber halt jetzt an den Rennwochenenden aussortieren müssen. Dafür lief das Qualifying sogar dann verhältnismäßig gut, obwohl da ja wirklich alles neu war.

Bruno Senna würde gerne mehr Kilometer zurücklegen., Foto: Sutton
Bruno Senna würde gerne mehr Kilometer zurücklegen., Foto: Sutton

Zum ersten Mal mit den weichen Reifen, zum ersten Mal mit einem relativ leeren Auto - mit 20 Kilo Sprit musste ich allerdings immer noch raus fahren, denn wenn wir mit der Benzinmenge zu weit runter kommen, haben wir immer noch Probleme mit dem Benzindruck, trotz des neuen Tanks. Das liegt wohl auch an der inneren Aufteilung des Tanks, an den verschiedenen Kammern, da passt was noch nicht, wie es sollte - das sind alles Sachen, die auf der Liste der notwendigen Veränderungen stehen, die jetzt Schritt für Schritt kommen sollen.

Jedenfalls bin ich das Quali mit dem ersten Satz Reifen noch ein bisschen vorsichtig angegangen, um mich erst mal an alles zu gewöhnen, mit dem zweiten habe ich dann attackiert - nur leider hatte sich an meinem Unterboden ein Teil gelöst und hing herunter, das war natürlich der Aerodynamik und dem Fahrverhalten nicht gerade zuträglich. Das wurde auch immer schlimmer, die letzte Runde war schon ein ziemliches Abenteuer - aber ich wollte halt unbedingt noch eine halbwegs vernünftige Zeit herausholen. Ohne das Problem wäre sicher noch etwa eine halbe Sekunde drin gewesen, damit wäre ich absolut in der Region von Virgin gewesen - das war schon ganz vielversprechend.

Der Teufel steckt im Detail

Am Sonntag sind wir zum ersten Mal aus der Startaufstellung ins Rennen gegangen, durch den Regenschauer war das nicht ganz einfach, ich bin das Auto ja auch vorher noch nie mit Intermediates gefahren. Trotzdem habe ich einen ganz ordentlichen Start hingekriegt, nicht optimal, aber auch nicht schlecht, habe auch erstmal ein paar Plätze gut gemacht, die dann allerdings in der ersten Kurve wieder verloren, weil ich doch sehr vorsichtig sein wollte, als sich da das Chaos anzubahnen begann.

Das Ziel war ja, das Auto unbedingt ins Ziel zu bringen - leider hat das bei mir nicht geklappt. Wieder ein Hydraulikproblem, alle Gänge waren weg - gleich nach der Safetycar-Phase. Und wieder war es so eine Kleinigkeit: Eine Schlauchschelle aus Aluminium, die gebrochen ist, dadurch ist Öl ausgelaufen... Wir haben das gleiche Teil in soliderer Metallversion am Sonntag noch geliefert bekommen, es dann aber nicht mehr eingebaut gekriegt - und auch nicht wirklich gedacht, das so was kaputt geht...

Der Teufel steckt eben wirklich im Detail. Aber dass mein Teamkollege Karun das Auto über die Distanz gebracht hat, gibt allen im Team gewaltigen Auftrieb, und auch mir eine Menge Zuversicht. Natürlich wäre ich unheimlich gern auch durchgefahren, aber ich weiß jetzt, dass das Auto prinzipiell sehr wohl in der Lage ist, über die Distanz zu kommen, wenn diese Kleinigkeiten einmal aussortiert sind.

Party in Melbourne

Am Sonntag nach dem Rennen konnte Bruno etwas entspannen., Foto: Sutton
Am Sonntag nach dem Rennen konnte Bruno etwas entspannen., Foto: Sutton

Immerhin habe ich mich Sonntag Nacht noch gut amüsiert, da gab es eine tolle Party im "Boutique", einem angesagten Club ein Melbourne, mit einer Menge Fashion-TV-Models - es waren eine ganze Menge Fahrer da, auch Michael Schumacher und Nico Rosberg zum Beispiel, und von uns Brasilianern auch Felipe Massa und Lucas di Grassi.

Wir hatten eine Menge Spaß, es ist auch recht spät geworden - aber so ein bisschen entspannen und abschalten vor dem nächsten Rennen tut ganz gut, vor allem jetzt, wo es gleich in Malaysia weitergeht. Ich fliege heute, am Montag, noch dahin, werde mich am Dienstag mit dem Team schon mal an der Strecke treffen, da werden wir uns gleich mal weiter mit den gesammelten Daten aus Australien beschäftigen.

Ich denke, ich werde dann auf der Strecke ein bisschen laufen gehen, etwas Hitzetraining, um mich an die Verhältnisse anzupassen, kann sicher nicht schaden. Am Mittwoch stehen dann wahrscheinlich noch PR-Termine an und ab Donnerstag geht es schon wieder voll in die Rennvorbereitung.

Ich kenne die Strecke in Malaysia von 2008 aus der GP2 Asia ganz gut, ich denke, wir sollten dort sogar besser zurechtkommen als in Australien, die höheren Temperaturen und der ebenere Belag sollten uns entgegenkommen, auf den Buckeln und Bodenwellen in Melbourne war es extrem schwierig, das Auto abzustimmen.

Fahren, fahren, fahren...

Insgesamt war Melbourne auf jeden Fall ein Fortschritt - auch wenn wir noch viel zu tun haben, allein schon um wirklich eine solide Grundabstimmung zu finden. Überspitzt gesagt, müssen wir Front- und Heckpartie des Autos irgendwie zusammenbringen. Im Moment fühlt es sich vorne noch wie ein Auto an, hinten wie ein ganz anderes, vor allem auf einer so welligen Piste.

Natürlich wäre ich gerne schon weiter, würde lieber mit den anderen schon wirklich um Positionen kämpfen, aber man muss sich eben mit der Vorstellung anfreunden, dass man erst einmal nur daran arbeitet, das Auto zu verbessern. Ich muss da einfach Geduld haben - wir kommen schon dahin. Man merkt auch, wie das Team immer besser zusammenwächst, wir hatten hier noch einmal ein paar neue Leute, die schon etwas mehr Formel-1-Erfahrung mitbringen, das hat auch einiges gebracht.

Bruno Senna ist mit den Fortschritten zufrieden., Foto: Sutton
Bruno Senna ist mit den Fortschritten zufrieden., Foto: Sutton

Und der Einsatz, mit dem alle arbeiten, ist weiterhin unglaublich, ich bin sicher, dass das bald weiter belohnt werden wird. Natürlich ist es für mich im ersten Moment frustrierend, wenn das Auto im Rennen wieder stehenbleibt - denn ich könnte und wollte mit jedem Kilometer weiter dazu lernen. Aber ich bin bis eben erst etwas mehr als 300 Kilometer mit dem Auto gefahren, da ist das normal, das muss man dann immer wieder sagen und einfach weitermachen.

Mal sehen, was wir in Malaysia und Shanghai noch an Verbesserungen erreichen können, alles, was wir da noch an Neuerungen bekommen könnten, wäre schon eine große Hilfe, aber realistisch gesehen werden die großen Schritte, auch ein neues Aeropaket, um unser Downforce-Defizit anzugehen, wohl erst in Europa kommen. Wenn wir bis dahin aber die Kleinigkeiten aussortiert haben, so dass wir dann wirklich zum Fahren und Entwickeln kommen, dann wäre schon viel erreicht.