HRT hat noch viel Arbeit, das ist jedem innerhalb und außerhalb des Teams bewusst. Dennoch war Melbourne bis zum Qualifying ein weiterer Schritt nach vorne für den Rennstall. Zwar gab es weiter Probleme, doch der Unterschied zwischen dem letzten Neueinsteiger, der auf die Strecke ging und der direkten Konkurrenz von Virgin Racing und Lotus ist kleiner geworden. "Das ist wichtig für uns", meinte Bruno Senna am Samstag. "Das ist eine gute Steigerung, vor allem wenn man bedenkt, dass wir sehr wenige Runden gefahren sind."

So konnte der Brasilianer nur die erste Session effektiv nutzen und hatte bis zum Freitag in Melbourne den Option-Reifen nicht gefahren. "Gestern waren wir das erste Mal leicht unterwegs. Wir wussten nicht, was das Auto tun würde. Es war ein kleiner Schock, von den 120 Kilo, die ich vorher hatte, auf zehn, 15 Kilo zu gehen", sagte Senna. Ansonsten gab es wieder viel an Problemen abzuarbeiten. Im zweiten Training gab es ein Leck an einer schwer zugänglichen Stelle im Tank, das Zeit zum Flicken brauchte, im dritten Training war dann in der Hydraulik ein Loch. "Das hätten wir beim Testen alles herausgefunden. Solche Dinge merkt man, wenn man mehr fährt. Wir müssen diese Sachen leider jetzt finden, aber dennoch kommen wir schön langsam heran. Obwohl wir nicht viel fahren, kommen wir den anderen näher. Das ist sehr ermutigend."

Erst Neue, dann Etablierte

Das erste Ziel bleibt es momentan aber dennoch, erst einmal die Arbeiten an den Problemen hinter sich zu lassen, um dann an der Leistung werken zu können. Wenn das soweit ist, rechnet Senna damit, zu den neuen Teams aufzuschließen und sie vielleicht sogar zu überholen. "Danach verlagert sich die Konzentration auf die etablierten Teams. Dafür brauchen wir Updates am Auto und viele Dinge, die Leistung bringen. Erst brauchen wir aber Kilometer. Wir müssen ohne Defekte fahren können, damit wir testen können."

Die Kupplung lässt sich nun voll kontrollieren, Foto: Sutton
Die Kupplung lässt sich nun voll kontrollieren, Foto: Sutton

So fehlt bislang die Laufzeit, um wirklich etwas für das Setup und die vielen kleinen Einstellungen am Auto dazulernen zu können. Die Balance ist nach wie vor weit vom Idealzustand entfernt, der Bolide schwankt noch zwischen Über- und Untersteuern, aber immerhin werden die Rundenzeiten schon besser. Senna rechnete damit, dass ohne Probleme und mit mehr Zeit für die Arbeit an der Leistung in China der Anschluss an die anderen Neulinge geschafft sein sollte. "Man weiß aber nie. Es hängt einfach davon ab, wie viel wir für das Auto machen können. Wenn wir neue Teile bekommen, die bei der Leistung helfen, dann bringt uns das weiter. Aber jeder bekommt neue Teile. Die großen Teams bekommen viele, die neuen etwas weniger und wir nicht besonders viele. Alles, was wir bekommen, wird die Leistung und die Zuverlässigkeit verbessern."

Die Limits finden

Und mit mehr Erfahrung werden auch die Abläufe im Team besser. Senna merkte bereits in Melbourne, dass alles besser zusammenwächst. "Man kann natürlich noch viel verbessern. Jeder muss wissen, wie man was macht und das braucht alles Zeit." Er selbst ist auch noch dabei, das Auto besser kennenzulernen. Die Limits kennt er nun bereits einigermaßen, aber auch noch nicht genau. "Es ist schwer, das herauszufinden. Morgen im Rennen können sicher ein oder zwei Fehler passieren, ich werde aber nichts riskieren, damit das Auto auch ins Ziel kommt. Rundenrekorde wollen wir sicher keine brechen, das würden wir sowieso nicht schaffen."

Zumindest eine weitere Premiere sollte es am Sonntag aber geben. Wenn alles nach Plan läuft, wird HRT erstmals aus der Startaufstellung ins Rennen zu gehen. Dort soll dann helfen, dass man mittlerweile eine Kupplung hat, die auch voll kontrollierbar ist. "Wir können nun ohne Probleme aus der Box fahren. Ich habe heute sogar einen Probestart gemacht, der nicht schlecht war. Im Rennen werden wir dennoch aufpassen, denn wir haben noch keine einzige Aufwärmrunde gefahren. Wir wissen da nicht, wie sehr wir das Getriebe und den Motor belasten können. Wir müssen auf Nummer sicher gehen. Das Ziel ist es, das Rennen zu beenden. Wenn es normal läuft, werden einige nicht ankommen, dann wären wir vor ihnen." Am meisten an der Zielankunft zweifeln ließ ihn das weiter vorhandene Problem mit dem fallenden Benzindruck.

Die Fahrer sind die Daten

Eine ganze Renndistanz würde dem Team aber viele wertvolle Daten bringen, die momentan auch noch fehlen. "Im Moment sind ich und Karun [Chandhok] die Daten und für zwei Rookies ist es schon schwer, das Auto abzustimmen. Es gibt da noch viel Luft nach oben im Auto. Ohne die Probleme heute könnten wir vielleicht sogar eine Sekunde schneller sein", schätzte Senna. Er hielt es sogar möglich, dass er zwischen die Virgins hätte fahren können, aber im Qualifying hatte sich ein Teil des Unterbodens gelöst und etwas verklemmt, was viel Zeit kostete.

Offener Meinungsaustausch ist wichtig, Foto: Sutton
Offener Meinungsaustausch ist wichtig, Foto: Sutton

So blieb aber alles ein Wenn und Aber und für Senna nur die Erkenntnis, dass weiter viel Arbeit wartet. Dabei versucht er auch viel mit seinem Teamkollegen Karun Chandhok zusammenzuarbeiten, der eigentlich schon viel länger in Rennautos unterwegs ist. "Im Team gibt es bei unserer Stellung keinen Unterschied. Alle arbeiten zusammen. Wir wollen positiv arbeiten. Karun und ich arbeiten schon seit der GP2 gut zusammen. Auf der Strecke gibt es Wettbewerb, aber abseits reden wir immer und ich will wissen, was bei seinem Auto ist und er will von mir das gleiche wissen. Jede Info kann uns helfen." Deswegen werden auch alle Daten geteilt, denn Senna sieht bei der Basis-Arbeit keinen Vorteil darin, irgendetwas geheim zu halten.