Mit Red Bull und Brawn GP kämpften zwei unerwartete Rivalen um die WM-Krone 2009. Zu Saisonbeginn 2010 war nur einer der beiden Titelkandidaten des Vorjahres siegfähig - und das war nicht der Doppelweltmeister von 2009 und neue Mercedes-Werksrennstall.

"Der Red Bull ist stark und sie werden in Zukunft auch wieder mit beiden Autos vorne sein", glaubt Christian Danner. "In der WM sieht es erst einmal nach einem Duell Red Bull gegen Ferrari aus." Dahinter sieht er Mercedes und McLaren gleichauf. "Fernando Alonso hat in Bahrain nur gewonnen, weil der Red Bull kaputt gegangen ist. Klar, Ferrari ist auch schnell, aber sie haben nicht verdient gewonnen."

Reifenflüsterer Red Bull

Damit spricht er Christian Horner aus der gepeinigten Seele. Der sagt überzeugt: "Wir hatten Ferrari im Rennen und im Qualifying im Griff." Den Sieg hat man wegen einer defekten Zündkerze an Sebastian Vettels Auto verloren. Der flüchtete sich in positive Erkenntnisse: "Es gibt viel Positives, wir haben einen großen Schritt beim Reifen-Management gemacht. Im ersten Stint hatten die Ferrari mehr Probleme als wir, das ist sehr positiv. Der Speed ist da, das ist gut, das Resultat fehlt."

Ferrari stimmt ihm nur zum Teil zu. "Mit den weichen Reifen war Red Bull schneller als wir, mit den harten waren wir viel besser", erläuterte Felipe Massa. "Auf den härteren Reifen waren wir heute sehr gut, aber auf den weicheren Reifen hatte ich Probleme, an Vettel dran zu bleiben", stimmte Alonso zu. "Warten wir ab, wer in Australien das beste Auto hat. Die vier Top-Teams werden sicher dabei sein."

Unverschämt schneller Red Bull

Deren Reihenfolge reihte Christian Klien so: "Von den Rundenzeiten hat man gesehen, dass Ferrari und Red Bull hier die Schnellsten waren, gefolgt von McLaren und Mercedes GP." Davon geht auch Nick Heidfeld aus: "Red Bull und Ferrari waren in Bahrain eindeutig stärker. Auf anderen Strecken erwarten uns andere Charakteristiken - andere Kurven, andere Temperaturen, mehr Bodenwellen. Mal abwarten, ob es da genauso aussieht."

Fernando Alonso kassierte Sebastian Vettel nur wegen eines Problems., Foto: Sutton
Fernando Alonso kassierte Sebastian Vettel nur wegen eines Problems., Foto: Sutton

Selbst Lewis Hamilton sieht Red Bull derzeit klar vorne. "Das Auto von Red Bull ist nahezu unverschämt schneller als alle anderen Autos", sagte der Ex-Weltmeister. "Es ist verrückt. Der Anpressdruck, den sie im letzten Jahr hatten, war manchmal doppelt so hoch wie unserer und sie haben auch jetzt einen Vorteil. Fernando war schnell und sie waren näher dran, aber es ist schon noch eine halbe Sekunde."

Kein Wunder, dass Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali trotz des Doppelsiegs zum Auftakt tiefstapelt. "Wir hatten ein paar Probleme, die wir lösen müssen. Deshalb würde ich uns mit einer Acht bewerten", sagte der Italiener. Man habe gesehen, dass die Liste der Probleme lang war. "Wir müssen sichergehen, dass wir sie bis Australien gelöst haben. Das Feld der Konkurrenten, die die Weltmeisterschaft gewinnen wollen, ist groß. Wir wissen, dass die Situation in Australien schon wieder ganz anders aussehen kann."

Duell der silbernen Verfolger

Vier Silberpfeile mischen in diesem Jahr die Startaufstellung auf. Martin Whitmarsh freute sich bei der McLaren-Präsentation schon auf den ersten Vierfachsieg - nur über die Reihenfolge hätte man sicher eine andere Vorstellung als die "Freunde von Mercedes", meinte der Teamboss damals.

Im Freien Training sah es in Bahrain einmal kurz danach aus, als es dann ab dem Qualifying um die Wurst ging, war jedoch Schluss mit der silbernen Herrlichkeit - Red Bull und Ferrari gaben den Ton an. Jenson Button war erstaunt: "Der Rückstand ist massiv."

Hamilton schätzt das Kräfteverhältnis hinter Red Bull und Ferrari so ein: "Wir selbst sind auf dem Niveau von Mercedes, wir haben an dem Wochenende vielleicht einfach nur den besseren Job gemacht. Aber unser direkter Gegner ist derzeit Mercedes, mal sehen, wer als Erster einen weiteren Schritt nach vorn machen kann."

Die rote und dunkelblaue Spitze sieht Hamilton weit voraus. "Es wird schwierig für uns, die Lücke gleich zu schließen", kündigte er an. "Wir brauchen ein paar Upgrades und wir müssen so viele davon vorziehen, wie wir können." Auch Button wünschte sich Neuerungen für den MP4-25, die er in Melbourne teilweise erhalten wird. "Wir haben nur wenig Zeit, um neue Teile anzubauen, aber es gibt eine kleine Zahl an Komponenten, die wir beim Rennen erwarten", erklärte Whitmarsh.

Rosberg erwartet erstes Podest

Wartet das erste Comeback-Podium in Melbourne?, Foto: Sutton
Wartet das erste Comeback-Podium in Melbourne?, Foto: Sutton

Auch bei Mercedes wird fleißig am W01 gewerkelt, um den Silberpfeil schneller zu machen und mehr nach dem Geschmack von Michael Schumacher zu gestalten. Der Rekordweltmeister war mit Platz 6 beim Comeback zufrieden. "Es wäre ja vermessen anzunehmen, ich käme da hin, setze mich ins Auto und fahre allen um die Ohren - ich jedenfalls hatte das nicht angenommen."

In Melbourne möchte er noch besser in den Rhythmus kommen. Nico Rosberg erwartet sogar noch mehr: "Die Strecke liegt uns besser als Bahrain. Wir wollen unser erstes Podium", kündigte er an. "Dass wir gleich beide aufs Treppchen fahren, glaube ich nicht. Aber einer von uns schafft es." Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug macht den Fans für die nächsten Rennen noch mehr Mut: "Vielleicht sehen wir den ersten Sieg früher als viele denken! Wir sind nicht zufrieden, bis wir ganz oben auf dem Podest stehen."

Aber Vorsicht: Mit Renault wittert noch ein Team Morgenluft. "Robert Kubicas Pace war sehr konkurrenzfähig - genauso schnell wie die beiden Mercedes und der McLaren von Jenson Button", analysierte Chefingenieur Alan Permane. "Natürlich spielen wir nicht in der gleichen Liga wie Ferrari und Red Bull, aber die Performance in Bahrain stimmt mich zuversichtlich, dass wir in diesem Jahr um gute Ergebnisse fahren können." Es könnte also etwas Schwarz und Gelb in den silbernen Zweikampf gelangen.