Mike Gascoyne kann die Kritik an den neuen Teams nicht mehr hören. Er hatte in der Vorbereitung auf die Saison wieder und wieder betont, Lotus werde dabei sein, man werde professionell arbeiten und zuverlässig sein. Das hat das Team mit der doppelten Zielankunft in Bahrain erreicht. "Jetzt werden wir an Tempo zulegen. All jenen, die gemeint haben, die neuen Teams sollten nicht dabei sein: als ihr Heikki [Kovalainen] gegen Hülkenberg kämpfen gesehen habt, na... wir sind hier, wir fahren... f**** euch!", erklärte der Lotus-Technikchef gewohnt undiplomatisch gegenüber GPWeek.

Sorgen hatte Gascoyne in der Vorbereitung nur darüber, wie gut oder schlecht das Team zu Saisonbeginn aufgestellt sein würde. Dass man es schaffen werde, daran zweifelte er nie. Das Auto sei immer im Plan gewesen, viel schwieriger sei es gewesen, die Leute rechtzeitig zu bekommen und die Fracht termingerecht zu verschiffen. "Wenn man ein etabliertes Team ist, merkt man sowas nicht. Aber wenn alles in einem Rutsch durch die Hintertür kommt, dann merkt man, dass da viel anfällt. Ich meine, das alles kam im letzten Monat zusammen. Zu Weihnachten waren wir immer noch nur 20 Leute."

Fernandes hat den Hut auf

Bei der Personal-Rekrutierung verließ sich Gascoyne auf alte Bekannte, mit denen er schon früher zusammengearbeitet hatte. Völlig freie Hand bekam er von Tony Fernandes aber nicht, immerhin hat der Teamchef viel in den Rennstall investiert. "Wir müssen uns rechtfertigen und sehr schmale Budgets einhalten, das ist auch richtig und passt. Als Malaie, Geschäftsmann und kommerziell gewinnorientierter Mensch hat er natürlich den Hut auf. Er steht technisch hinter uns, aber er hat Input", erklärte Gascoyne. Zu seinem "Nein" für die 107-Prozent-Regel stand er nach wie vor und fragte noch einmal, wie Teams wie HRT auf Tempo kommen sollen, wenn sie nicht fahren dürfen. "Wir selbst sind klar innerhalb der 107 Prozent, also kümmert uns das einen Scheiß", war seine klare Ansage.

Nach seiner Ansicht muss der Einstiegs-Prozess länger laufen, denn mit einem Jahr Vorlauf hätte Lotus mit Sauber und Toro Rosso mitfahren können, war er sich sicher. "Und man braucht neues Blut, sonst wird die Formel 1 verwelken und sterben. Außerdem, in Le Mans fahren Autos mit enormen Geschwindigkeitsunterschieden, so eine Minute pro Runde, und sie fahren bei Nacht und im Regen", sagte er. Lotus versucht, sich durchaus neu zu präsentieren. So vertritt man zwar einen großen Rennsportnamen und Gascoyne schätzt die Errungenschaften von Colin Chapman sehr, im Lotus-Werk in Norfolk laufen die Uhren nun aber etwas anders. "Wir haben einen Flipper-Automaten und einige der alten Retro-Spielautomaten. Erinnert ihr euch an die alten Kaffeetisch ähnlichen in den Pubs? So einen habe ich in meinem Büro. Und dann gibt es eine PS3 mit Rennsitz. Tony wollte es anders haben... etwas, womit die Jungs entspannen können."