Virgin gegen Lotus. Dieses Duell zweier neuer Teams wird seit einigen Monaten sehnlich erwartet. Zwar geht es nicht um Siege, Podestplätze oder Punkte, aber immerhin darum, welcher Teamchefs in der Fluglinie des anderen als Stewardess auftreten muss. Darum haben Tony Fernandes und Richard Branson gewettet. Die erste Runde ging im ersten Qualifying des Jahres an Virgin.

Timo Glock setzte sich im Q1, von Q2 träumen die neuen Teams realistischer Weise derzeit noch nicht, um ein Zehntel gegen Lotus-Pilot Jarno Trulli durch. "Ich bin zufrieden. Wir sind das Beste der neuen Teams", hakte Glock sein Ziel ab. Noch besser sagte ihm der geringe Abstand zu Jaime Alguersuari im Toro Rosso zu. "Wir sind in Anführungszeichen nur 2,5 Sekunden von einem etablierten Team weg. Das hat mich etwas erstaunt, bei den Tests sah der Abstand größer aus."

Unter idealen Bedingungen hätte Technikchef Nick Wirth seiner CFD-Schöpfung noch mehr zugetraut: "Wir sind überzeugt, dass das Auto fähig ist, im Qualifying Rundenzeiten von 1:58 zu fahren, aber leider kamen die Streckenverhältnisse unserer Reifenwahl heute nicht entgegen. Trotzdem haben wir es geschafft, mit den härteren Reifen, die auch langsamer sind, das Beste der neuen Teams zu sein. Das war unser Ziel."

Eine echte Bereichung

Bei den Wintertestfahrten wurden die neuen Teams von einigen belächelt. Weg fliegende Frontflügel, ständige Hydraulikprobleme, lange Standzeiten und Reparaturpausen warfen kein gutes Licht auf sie. "Aber wer geglaubt hat, dass wir hierher kommen und nur eine Sekunde zurückliegen, der lag falsch - dann wäre die F1 nicht, was sie ist. Das ist unmöglich", betonte Glock.

Lotus konnte die Favoritenrolle nicht bestätigen., Foto: Sutton
Lotus konnte die Favoritenrolle nicht bestätigen., Foto: Sutton

In diesem Punkt erhält er Rückendeckung von seinen Kollegen. "Ich finde die Neuen toll", sagte Nick Heidfeld zu Motorsport-Magazin.com. Auch Christian Danner stärkt den Rookie-Teams den Rücken: "Mit Ausnahme der davon fliegenden Räder bei Virgin haben sie sich alle ausgesprochen gut aus der Affäre gezogen." Nur die Reihenfolge im Qualifying verwunderte die Beobachter.

"Gewundert hat mich, dass der Virgin mit Timo schneller war als Lotus", sagte Heidfeld. "Ich hatte eigentlich erwartet, dass der Lotus etwas weiter vorne ist." Diese Sichtweise bestätigte uns Christian Klien: "Von den neuen Teams schätze ich Lotus als das Beste ein, obwohl sie von den Rundenzeiten her leicht geschlagen wurden. Aber sie sind am standfestesten und haben auch das meiste Potenzial."

Wie ein Sieg für HRT

Die Niederlage im Duell der Hinterbänkler erklärte Jarno Trulli damit, dass man im Freien Training nicht so viele Runden fahren konnte wie gewollt. "Wir hatten dieses Wochenende sehr viel Pech, aber das Team hat gut gearbeitet - sehr professionell", erklärte der Italiener. Das große Ziel für das Rennen teilt Lotus mit Virgin und auch Hispania Racing: Sie wollen beide Autos ins Ziel bringen und wichtige Daten sammeln.

Am nötigsten hat dies HRT, die am Freitag zum ersten Mal mit dem neuen Auto ausfuhren - mit Bruno Senna. Dessen Teamkollege Karun Chandhok kam sogar erst im Qualifying zu seinen ersten Runden im neuen Auto. "Verglichen mit Bruno gestern war es respektabel", sagte der Inder, der beim Shakedown im Qualifying auf Anhieb Zeiten fuhr, die Virgin und Lotus auf ihren ersten Runden am Freitag erzielten. "Ich habe nur Gänge rauf und runter geschalten und so, das war aber schon mehr als vor zwei Stunden [im dritten Training]."

Bruno Senna nahm für das Qualifying das erste Mal Setupveränderungen vor, die allerdings nach hinten losgingen. Das Auto übersteuerte. "Aber das passiert halt, wenn man keinerlei Erfahrungswerte hat, dann fällt man von einem Extrem ins andere", erklärte er. "Vom maximalen Ausnutzen des Potenzials waren wir immer noch weit entfernt, aber insgesamt war das für die Bedingungen, unter denen wir angetreten sind, wirklich ein guter Job vom ganzen Team, ein echter Sieg." Wenn HRT noch mehr Erfahrung mit dem Auto hat, dürfte aus dem Duell Lotus gegen Virgin bald ein Dreikampf werden.