Mit dem Aus des USF1 Teams endet kurz vor Saisonbeginn 2010 ein weiteres Kapitel in der unendlichen Geschichte "Amerika und die Formel 1". Der ehemalige F1-Ingenieur Ken Anderson und der ehemalige F1-Teammanager und F1-Journalist Peter Windsor wollten sich einen Traum erfüllen, an dem sie angeblich seit mehreren Jahren gearbeitet hatten.

Amerika sollte der perfekte Standort für ein Formel-1-Team werden - die Infrastruktur, die Zulieferer, die genialen amerikanischen Geniestreiche, all das sollte in der NASCAR-Hochburg Charlotte in North Carolina zuhauf vorhanden sein und den F1-Einstieg von USF1 zum Kinderspiel machen. Weit gefehlt.

Schon bald musste sich das Team mit leeren Fabrikhallen und weißen Bürowänden mit Bildern von Jim Clark (einem britischen, nicht amerikanischen F1-Weltmeister) in Internetsatirevideos als Toasterfabrik verspotten lassen. Der Untergang des amerikanischen Traums hatte begonnen. Nun ist klar: USF1 steigt aus, bevor es überhaupt eingestiegen ist.

Kein Rennen in den USA

Die US-Fans lieben die NASCAR, nicht USF1., Foto: NASCAR
Die US-Fans lieben die NASCAR, nicht USF1., Foto: NASCAR

Doch nicht nur amerikanische Teams hatten es schwer. Ein Rennen gibt es bereits seit Jahren nicht mehr, daran ändert auch die Rückkehr nach Kanada in diesem Jahr nichts mehr. Obwohl Nordamerika trotz wirtschaftlich schlechter Zeiten nach wie vor einer der wichtigsten Märkte für die Automobilindustrie und dementsprechend wichtig für die Hersteller in der Formel 1 ist, scheint eine baldige Rennrückkehr in die Vereinigten Staaten - trotz Verhandlungen von Bernie Ecclestone über einen New York Grand Prix - eher unwahrscheinlich.

Zu festgefahren ist die Beziehung zwischen der Königsklasse und der USA. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten scheint zur Formel-1-Diaspora zu werden. Immer wieder hat die Formel 1 versucht im Land der unbegrenzten Möglichkeiten Fuß zu fassen, immer wieder ist man gescheitert. "Amerika bringt uns nur Ärger. Wir haben dort nie Sponsoren bekommen und selbst in Malta haben wir mehr TV-Zuschauer als dort", erklärte Bernie Ecclestone nach dem Reifenskandal von 2006. Dieser sollte der Letzte einer Reihe von Skandalen in der Geschichte des US-Grand Prix sein.

Parkplatzrennen & Katastrophen

Dabei hätte man vorgewarnt sein müssen. Schon die ersten Annäherungsversuche zwischen der Formel 1 und Amerika gestalteten sich äußerst mühevoll. 1950 wurde das Indy 500 in den Formel-1-Rennkalender aufgenommen - wirklich teilgenommen hat aber niemand der F1-Piloten. Beim letzten zur Formel 1 zählenden Indy 500 im Jahre 1959 gab es keine einzige Nennung aus Europa und auch der erste echte "Grand Prix der USA" - dieser fand im selben Jahr in Sebring statt - war nicht von Erfolg gekrönt.

Danach folgte ein Strecken-Wechsel-Dich-Spiel durch ganz Amerika: man fuhr in Riverside (1960), Watkins Glen (1961 - 1980), Long Beach (1976 - 1980), auf dem Parkplatz des Ceasar's Palace-Casinos (1981, 1982) und wanderte weiter nach Dallas (1984). Längere Aufenthalte fanden noch in Detroit (1982 - 1988) und Phoenix (1989 - 1991) statt. Dort sollte für lange Zeit der letzte Große Preis der USA ausgetragen werden.

In den USA suchte die Formel 1 einige waghalsige Austragungsorte auf., Foto: Sutton
In den USA suchte die Formel 1 einige waghalsige Austragungsorte auf., Foto: Sutton

Erst 2000 wagte die Formel 1 erneut den Versuch, sich in den Staaten zu etablieren. Auf dem berühmten Ovalkurs von Indianapolis - für die Formel 1 noch mit einem engen Infield ausgestattet - wollte sich die Königsklasse den Amerikanern präsentieren. Doch schon der erste Auftritt vor der versammelten US-Presse ging gründlich in die Hose. Auf die Frage, welches Gefühl es sei, auf dem legendären "Brickyard" zu fahren, antwortete Michael Schumacher: "Das ist ein Rennen wie jedes andere auch."

Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass sich der siebenfache Champion den Groll der Amerikaner auf sich zog. 2002 folgte der nächste Eklat: Michael Schumacher und sein damaliger Ferrari-Adjutant Rubens Barrichello wurden ob der ewigen Siege ein wenig übermütig. Ausgerechnet in Indianapolis versuchten die Beiden herauszufinden, ob man auf das Tausendstel genau über die Ziellinie huschen kann - wie sich herausstellte, kann man es nicht. Die Folge: Obwohl Michael Schumacher vom Start weg das Rennen dominierte, gewann am Ende Rubens Barrichello. Für die wettfreudigen Amerikaner war das schlicht und einfach eine schallende Ohrfeige mitten ins Gesicht.

Reifenskandal als Tiefpunkt

Es schien als würde die Formel 1 nichts unversucht lassen, um sich in jenem Land, welches mit der NASCAR-Serie puren Motorsport gewöhnt ist, unbeliebt zu machen. Den Vogel schoss man beim Großen Preis der USA im Jahr 2005 ab - er ging in die Geschichtsbücher als "Petit Prix" ein. Auslöser für den Skandal war ein neuer Streckenbelag auf der Nudeltopfstrecke von Indianapolis, der die Michelin-Reifen regelrecht killte. Der französische Reifenhersteller empfahl aus Sicherheitsgründen den sieben von ihm ausgerüsteten Teams, nicht am Grand Prix teilzunehmen.

Am Ende bekamen die Fans an der Strecke nur die sechs Autos von den drei Bridgestone-Teams Ferrari, Jordan und Minardi zu sehen. Die internationale Presse sparte nach dem Rennen nicht an Kritik. "Der Große Preis der USA war eine Farce. Die Formel verkommt zum Zirkus. Die Formel 1 hat einen Riesenflop gelandet. Diese Blamage muss Konsequenzen haben", titelte die Corriere della Sera. Der Daily Mirror ging noch weiter: "Ruhe in Frieden, Formel 1. Das war der Tag, an dem der Rennsport in Amerika gestorben ist."

Den Fans sagte der Mini Prix von 2005 nicht so richtig zu., Foto: Sutton
Den Fans sagte der Mini Prix von 2005 nicht so richtig zu., Foto: Sutton

Eine Rückkehr in die Staaten ist nach diesem Skandal ausgeschlossen, das glaubt zumindest Frank Williams. "Die Verhandlungen mit Indianapolis sind seit dem Reifenskandal festgefahren, es gibt aber auch keine Formel 1 taugliche Alternative zu der Strecke im Nudeltopf", erklärte Williams die Problematik. McLaren Mercedes-Teamchef Martin Whitmarsh will sich damit nicht abfinden und fordert mehr Einsatz von den Teams. "Wir brauchen wieder ein Rennen in Amerika. Wir müssen strategisch vorgehen, um das zu erreichen. Es darf nicht darum gehen, wer uns das meiste Geld gibt, um dort Rennen zu fahren", stellte der Brite klar - auch wenn das Bernie Ecclestone nicht gerne hören wird.

In der April-Ausgabe 4/2009 des Motorsport-Magazins schrieben wir nach der Ankündigung des USF1-Einstiegs: "Ob das USF1-Team mit einem oder sogar zwei möglichen US-Piloten doch noch für ein Happy End in dieser unendlichen Geschichte sorgt, bleibt abzuwarten. Denn schon Juan Pablo Montoya, der sowohl Formel 1- als auch NASCAR-Erfahrung besitzt, musste bereits schmerzlich feststellen: 'Die Formel 1 ist ein ganz anderes Tier.'" Wie wir seit heute wissen, sollte Montoya recht behalten. Die Beziehung zwischen der Königsklasse des Motorsports und dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten bleibt eine Geschichte voller Missverständnisse - und Toaster.