Wie ist der erste Test gelaufen?

Anderthalb Testtage absolvierte Michael Schumacher in dieser Woche. Am Montag übernahm er am Nachmittag den neuen MGP W01 von seinem Teamkollegen Nico Rosberg und drehte bis zum Testende noch 40 Runden, die schnellste davon gut eine halbe Sekunde schneller als sein Teamkollege Rosberg. "Das war ein super-Rollout heute, alles lief sehr gut, und ich habe mich im Auto auf Anhieb wieder wohl und normal gefühlt", sagte Schumacher. "Nach den drei Jahren Pause war es heute ein bisschen so wie damals 1991, als ich in die Formel 1 gekommen bin: in der ersten Runde dachte ich, uups, ist das schnell, und dann in der zweiten Runde war es schon perfekt."

Am Mittwoch durfte Schumacher dann zum ersten Mal einen kompletten Testtag im neuen Silberpfeil absolvieren. "82 Runden, das ist doch schon mal ein guter Anfang", urteilte er. "Die Rückkehr in den Formel-1-Rennsport hier in Valencia verlief problemloser als ich erwartet hatte - ich war schneller wieder im Rhythmus, ich hatte weniger Umstellungsprobleme, alles lief sehr gut."

Hielt der Nacken?

"Den Nacken habe ich gut eingeölt", sagte Schumacher nach seinem ersten Test in einem aktuellen Formel-1-Auto seit Anfang 2008. "Alles Rostige ist entfernt, insofern kann es vorangehen. Ich fühle mich sehr gut. Ich denke, dass die Zeiten das halbwegs bestätigen." Kollegen wie Rubens Barrichello waren überrascht wie fit Schumacher nach seiner dreijährigen Pause ist. "Jeder von uns kann beobachten, wie er wirkt, wie er sich bewegt und das drückt schon diese Eleganz und Schnelligkeit aus", erklärte Schumachers Arzt Dr. Johannes Peil.

"Man merkt, dass man es hier nicht mit einem 41-Jährigen zutun hat", erklärte Peil. Das Fragezeichen, das lange Zeit hinter dem Nacken des siebenfachen Champions stand, ist weg. "Michael konnte sich voll und ganz auf das Fahren konzentrieren. Er war durch nichts eingeschränkt." Jetzt müsse man das Gesamtbild im Auge behalten. "Der größte Fehler, den man jetzt machen kann, ist sich nur auf den Nacken zu konzentrieren", so Peil. "Dann hält zwar der Nacken, aber etwas anderes ist das Problem. Wichtig sind Beweglichkeit, Geschicklichkeit, dann kommt die Ausdauer und dass man konzentriert 90 bis 120 Minuten durchhält."

Wie schnell war Schumacher?

An den Speed der Ferrari kam Schumacher nicht heran., Foto: Sutton
An den Speed der Ferrari kam Schumacher nicht heran., Foto: Sutton

Der erste halbe Testtag war nur eine Art Shakedown - für Auto und Fahrer. Trotzdem war er schon schneller unterwegs als sein Teamkollege Nico Rosberg am Vormittag. Das hatte jedoch zwei Gründe: Rosberg fuhr die ersten Runden mit dem neuen Auto, schaute also vor allem auf Systemchecks und erste Setuparbeiten. In diesem Stadium sollte das Auto normalerweise grundsätzlich mit jedem Anlauf schneller werden. Zweitens hatte der jüngere der beiden Mercedes-Piloten Probleme mit dem Sitz, er rutschte zu weit nach unten und sah kaum noch etwas.

Den zweiten Testtag schloss Schumacher mit einer Zeit von 1:12.438 Minuten auf Platz 3 ab - knapp eine Sekunde hinter Bestzeithalter Fernando Alonso. "Ich kann mit den anderen mithalten", sagte der Rekordchampion. "Ob ich das letzte bisschen noch herausholen kann wie früher, wird sich zeigen." Ross Brawn war mit seinem alten Wegbegleiter zufrieden. "Mich hätte es mehr überrascht, wenn er nicht dort gewesen wäre, wo er am ersten Tag war. Die Zeiten waren genau das, was wir - Michael und ich - erwartet haben", sagte der Mercedes GP-Teamchef. "Er ist erst ein, zwei Sessions gefahren, zuvor saß er drei Jahre lang nicht in einem F1-Auto. Deshalb ist seine Performance echt beeindruckend."

Welche Probleme gab es?

Das Debüt des neuen Silberpfeils verlief weitestgehend ohne Kinderkrankheiten. Wie alle Autos des 2010er Jahrgangs war der MGP W01 auf Anhieb standfest - das ist angesichts der wenigen Testfahrten bis zum Saisonbeginn besonders wichtig. "Am Montag hatte ich eine etwas kürzere Fahrtzeit, heute dafür fast einen ganzen Tag, der dann durch ein Hydraulikproblem etwas früher als gedacht beendet wurde", nannte Schumacher das einzige technische Problem, das ihn die letzte Teststunde am Mittwoch kostete.

"Insgesamt aber lief es sehr gut, unser Fokus war es, so viele Runden wie möglich zu absolvieren und zu sehen, wie zuverlässig das Auto ist. Um Rundenzeiten ging es dabei eher noch nicht", betonte er. "Das Ganze ist eine tolle Herausforderung und natürlich mit dem neuen Team eine neue Erfahrung, aber dass ich Ross so gut kenne und weiß wie er arbeitet, macht das alles sehr einfach." Bei der Zuverlässigkeit sieht Schumacher eine gute Basis für die Saison.

Wie schnell ist das Auto?

An allen drei Tagen führte ein Ferrari die Zeitenliste in Valencia an. An diese Zeiten kamen Michael Schumacher und Nico Rosberg im neuen Mercedes nicht heran. "Es ist immer schwer, es zu beurteilen. Bei vollen Tanks sahen wir gestern nicht so schlecht aus, aber wir waren bei der Pace ein bisschen zurück", gestand Ross Brawn. "Wir sind nicht so schnell wie Ferrari und Lewis Hamilton sah gestern auch schnell aus. Es scheint so, als hätten wir etwas Arbeit vor uns."

Ross Brawn war mit Schumacher zufrieden, mit dem Auto ist ere s noch nicht., Foto: Sutton
Ross Brawn war mit Schumacher zufrieden, mit dem Auto ist ere s noch nicht., Foto: Sutton

Schumacher stimmt der Sicht seines Teamchefs zu. "Ich denke, dass wir konkurrenzfähig sein werden, aber ob wir von Beginn an ein Siegauto haben werden, ist eine andere Geschichte", sagte er. "Wir sind ein neues Team, man muss sich aneinander und an die Art zu arbeiten gewöhnen, aber mit Ross habe ich da den richtigen Mann an der richtigen Stelle." Die Saison sei lang, weshalb es wichtig sei, dass man am Anfang zumindest in die Punkte fährt. "Ich rechne nicht damit, dass wir von Beginn an gewinnen. Das ist auch nicht das, was ich erwartet habe. Aber wir müssen, was die Entwicklung betrifft, stark sein."

Welche Verbesserungen sind geplant?

Die Entwicklungsmaschinerie bei Mercedes GP läuft bereits. Schon bei der Teamvorstellung in Stuttgart kündigte Brawn an, dass man bis zum Auftaktrennen in Bahrain eine komplett neues Aero-Paket entwickeln werde. Bereits für die kommenden Testfahrten in Jerez ab dem 10. Februar sollen einige Veränderungen auf dem Plan stehen. Unter anderem soll die Gewichtsverteilung am Auto von Schumacher verändert werden. Außerdem soll der MGP W01 in Jerez mit dem endgültigen Frontflügel und Diffusor auf die Strecke gehen.

"Es gibt Probleme mit dem Handling und der Balance des Autos, die wir bis Jerez beheben können", verspricht Brawn. "Wir wissen, was das Problem ist." Bei der Behebung soll Schumacher helfen. "Michael ist sehr präzise in seiner Beschreibung, was im Auto vorgeht und was er will. Das war immer bemerkenswert in seiner Karriere. Rubens [Barrichello] und Jenson [Button] waren auch gut darin, aber Michael ist einfach präziser in seiner Meinung", verriet Brawn.

Im Moment arbeitet man bei Mercedes GP daran, das Auto kontinuierlich zu verbessern. "Das ist ein konstanter Prozess und keine spezifische Sache. Wir versuchen das Auto zu verstehen und zu verbessern." Schumacher gefällt auch diese Herausforderung. Er sagt: "Natürlich werden wir bei den kommenden Tests viel arbeiten müssen, aber das macht ja Spaß."

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