Alex Tai hat schon in vielen Bereichen Erfahrung gesammelt. Er war bei der Royal Air Force, schloss sich danach Virgin an und arbeitete sich dort bis zum CEO von Virgin Galactic hoch. In der Formel 1 wartet nun als Teamchef eine ganz neue Herausforderung auf ihn, Angst davor hat er aber keine. "Ich muss sagen, es gibt da einen gewissen Mystizismus in der Formel 1, dass dies eine Art Mafia ist, mit der man sich einlässt. Aber die Marke Virgin war in der Vergangenheit schon in schwierigeren Situationen", meinte Tai. "Richard begann in der Musikindustrie, nicht die einfachste Industrie; im Fluglinien-Geschäft gibt es sehr viele schmutzige Tricks - die alle gut dokumentiert sind -, die Virgin alle umschifft hat; und Richard hat British Rail in ein tolles Bahnunternehmen verwandelt. Das sind Dinge, die viel Biss und Entschlossenheit verlangen."

Tai meinte weiter, dass Virgin seinen eigenen Charakter in die Formel 1 bringe, in einen Sport, der rund 1,4 Milliarden Dollar umsetze, wohingegen Virgin 24 Milliarden Dollar umsetze. "Wir sind eine sehr große Gruppe und wir sind sehr vielfältig. Wir haben eine bestimmte Einstellung; das ist etwas, das Richard jedem von uns einbläut, der Geschäfte mit dem Namen Virgin leitet. Der Name Virgin ist nicht leicht zu bekommen. Der Grund, warum wir uns jetzt präsentieren anstatt im neuen Jahr, ist der, dass wir uns die Lorbeeren erst verdienen müssen, Richard muss also einen ordentlichen Businessplan sehen, etwas, das leistbar ist", sagte Tai. Denn Virgin Racing hat nicht die Absicht, nach einem Jahr wieder aus dem Sport zu verschwinden. Deswegen wurde auch lange an einem Geschäftsmodell gearbeitet, das auch funktioniert und mit dem das Team erhalten werden kann.

Anders sein

Doch Virgin will nicht nur finanziell auf sicheren Beinen stehen, man will auch anders sein. "Als es Virgin Records gab, als Virgin Trains kam und als Virgin Atlantic kam, mussten sie etwas Anderes bieten. Wir wollen für das Geld auch einen Wert bieten - unseren Sponsoren und den vielen Fans auf der ganzen Welt. Es gibt sehr viel Leidenschaft, das haben Richard und ich gespürt, als wir voriges Jahr zu Brawn kamen. Diese Leidenschaft wird der Öffentlichkeit nicht sehr gut kommuniziert. Die Medien brauchen mehr Zugang zum Lifestyle unserer Fahrer." Daher will Virgin Racing auch kein klinisch sauberes Rennteam sein, auch wenn professionell gearbeitet werden soll.

Das Team will auch Spaß vermitteln, Foto: Sutton
Das Team will auch Spaß vermitteln, Foto: Sutton

"Das ist so wie bei Virgin Atlantic. Das ist eine sehr professionelle und sicherheitsbewusste Fluglinie, aber sie hat auch ihre eigene Art und bietet ein wenig Spaß. Es wird besser mit den Passagieren kommuniziert. Das ist genau das, was wir bieten müssen. Richard hat in Heathrow einen Club für Passagiere der höheren Klassen entworfen und er gibt 14 Millionen Pfund dafür aus, um Leute zu versorgen, bevor sie ins Flugzeug steigen. Jetzt kommen sie zehn Stunden früher, um unsere Flüge zu nehmen." Genau so etwas will Tai mit Virgin Racing auch in der Formel 1 schaffen, es soll einfach mehr Wert für die Fans geboten werden. Zunächst will Tai sich allerdings den Respekt der Mitbewerber im Paddock verdienen.

Zusammenarbeiten

Dabei will er sich ebenfalls offen zeigen und nicht auf Konfrontation gehen, auch wenn er dank seiner früheren Berufserfahrungen durchaus weiß, wie er sich zur Wehr setzen kann. "In der Luft- und Raumfahrt-Industrie war es mein Job, auf Kongress-Level bei der Federal Aviation Authority im Weißen Haus Lobbying zu betreiben - und das ist eine Industrie, wo man merkt, dass American Airlines und South West und Blue nicht weniger hart kämpfen als Ferrari, McLaren oder Williams. Was wir bemerken und was ich in der F1 Kommission und der FOTA gemerkt habe, ist, dass jeder auf die gemeinsame Gesundheit des Sports schauen muss. Wir merken auch, dass es viel Hilfe und Unterstützung durch die anderen Teams gibt, da wir alle erkennen, dass die gemeinsame Gesundheit auf einer stabilen Plattform des Sports basiert", erklärte Tai.

Auf der Strecke werde verbissen und um jeden Zentimeter für den Erfolg gekämpft, abseits davon werde man sich sehr kollegial verhalten, kündigte er für sein Team an. Das ist seiner Meinung nach im Moment auch sehr wichtig und Tai ist der Ansicht, dass die FOTA jene Stabilität und Geschlossenheit schafft, die notwendig ist. "Ich muss sagen, das ist kein 'Piranha Club', da wimmelt es nicht von Haien und wir waren früher in schwierigeren Situationen. Richard hat seine CEOs und Manager viel trainieren lassen, um solche Situationen zu meistern."

Nachwuchs-Akademie

Eine weitere Sache, die Virgin für sich meistern will, ist der Aufbau einer Fahrer-Akademie, in der Nachwuchspiloten im Manor-Team durch verschiedene Nachwuchs-Kategorien nach oben gebracht werden sollen. Dabei sollen alle Fahrer die gleichen Chancen erhalten, egal aus welchen Verhältnissen sie kommen oder welches Geschlecht sie haben. "Wir wollen den Sport zugänglicher machen und nicht nur erreichbar für reiche Kinder. Das ist keine Demokratisierung des Sports. Wir suchen Wege, um ihn zu öffnen und Fahrern aus allen wirtschaftlichen Hintergründen, jeden Geschlechts und aus jedem Land Zugang zum Sport zu geben. Das ist etwas, dass jedes neue Team sagt, wenn es in den Sport kommt, also bevor wir etwas Definitives dazu sagen, wie wir das machen, werden wir das System erst einem Belastungstest unterziehen und sicherstellen, dass es funktioniert - und dann werden wir die Pläne veröffentlichen."