Luca di Montezemolo ist kein Mann kleiner Worte und beim traditionellen Ferrari-Jahresabschluss-Dinner machte der Ferrari-Präsident so richtig Druck. Er verlangte zwischen jetzt und 2012 Verbesserungen in der Formel 1 und drohte damit, dass sich Ferrari andernfalls durchaus auch anderswo umsehen könnte. "Ich will, dass sich die Formel 1 zwischen jetzt und 2012 verbessert, wenn wir ein neues Concorde Agreement unterschreiben. Wenn nicht, werden wir woanders Motivation finden", waren seine Worte. Er selbst hat genaue Vorstellungen davon, wie sich die Formel 1 entwickeln soll und er hofft darauf, dass sich unter Zusammenarbeit der Teams, der FIA und der Rechteinhaber in Richtung dieser Vorstellungen arbeiten lassen kann.

Mehr Kontakt

Als Erstes wäre ihm wieder der nähere Kontakt zu den Fans und Zuschauern wichtig. "Ich war in Le Mans und war beeindruckt. Wir können keine großen Lücken zwischen den Fahrern, der Presse und der Öffentlichkeit zulassen. In der Vergangenheit waren die Boxen voll von gut aussehenden Mädchen, jetzt ist es wie ein Konzentrationslager. Und wir müssen überholen", griff er gleich seinen nächsten Punkt auf. Nach Montezemolos Meinung sind viele Antworten gefragt und es brauche gute Leute bei der FIA, um sie zu finden. Mit Neo-Präsident Jean Todt - ehemaliger Ferrari-Teamchef - sieht der Ferrari-Präsident bereits einen passenden Mann an der Spitze des Weltverbands, der die Formel 1 kennt und von dem er glaubt, dass er wieder Dialog und eine gute Atmosphäre schaffen will.

"Bernie [Ecclestone] kommt ans Ende seiner Laufbahn, aber ich bin mir sicher, er wird nach vorne schauen. Und die FOTA war sehr hilfreich. Es muss eine starke Beziehung zwischen diesen drei Parteien geben", erklärte Montezemolo. Er würde zunächst einmal schauen, wo das Produkt Formel 1 positioniert werden soll. Nach seiner Meinung muss es in ihr extreme Technologie, Leistung und Forschung geben. "Zweitens müssen wir Kosten sparen, ohne die ansprechenden Elemente zu verlieren. Karbonbremsen sind zur Verwendung in Straßenautos beispielsweise ungeeignet und wir können ein Standard-Getriebe akzeptieren, ohne die Charakteristika der Formel 1 zu verlieren", sagte er. Doch er würde auch große Umschwünge vorschlagen, um letztendlich dorthin zu kommen, wo man hin will und nicht ständig kleine Schritte, die einen nirgends hinbringen.

Einen Mittelweg finden

Ebenfalls nicht glücklich ist er mit dem Reglement des Testverbots. So ist es für ihn wider die Natur des Sports, dass Felipe Massa aktuell nicht testen darf. Zwar versteht Montezemolo den Spargedanken hinter dem Testverbot, die Zukunft sieht er darin aber nicht. "Drittens denke ich, dass es nicht unbedingt das Beste ist, wenn Hersteller-Teams durch Teams ersetzt werden, von denen ich nicht weiß, ob sie bereit sein werden und in welchem Zustand sie sein werden", betonte er. Ihm wäre vor allem eine Balance bei all den Änderungen wichtig. Dazu musste er wieder das Testverbot ansprechen. Vor ein paar Jahren hätte man noch jeden Tag testen können, nun ginge das gar nicht mehr. "Man braucht da Balance. Das ist wie in Italien. Einen Tag raucht der Arzt während er operiert, aber wenn man jetzt auf der Straße raucht, wird man umgebracht. Wir brauchen etwas in der Mitte", erläuterte der Ferrari-Präsident.

Und natürlich wollte er die Show verbessert sehen. Für ihn beginnt das schon bei den Rennzeiten. Er fragte es sich, ob es richtig ist, die Rennen an einem Sommernachmittag um 14:00 Uhr oder 15:00 Uhr in Europa zu starten. "Ich weiß nicht. Im Fußball spielen sie um 16:00 Uhr oder 17:00 Uhr oder sogar um 20:00 Uhr oder 21:00 Uhr. Ist es in Ordnung, dass wir Zwei-Stunden-Rennen haben? Vielleicht sind sie zu lange. Diese Dinge müssen wir besprechen." Auch die Kartenpreise würde er gerne durchdiskutieren, denn, so meinte Montezemolo, heutzutage könne ein junger Mann mit seiner Freundin billiger ein Mal um die Welt fliegen als das Wochenende des Monza GP auf den besten Plätzen zu besuchen. "Ist so etwas richtig? Ich will nicht arrogant oder anmaßend sein, aber ich will professionelle Werkzeuge, um das genauer zu studieren."

Gott sei Dank

Dass Hersteller die Formel 1 verlassen haben, konnte er dagegen noch akzeptieren, auch wenn er es zu bedauern schien. Denn nach Montezemolos Meinung war der Beginn des neuen Jahrtausends die beste Zeit, was Aufmerksamkeit und Zuschauer betraf. "Es gab neue Strecken, Promotion und Investitionen der Auto-Hersteller", blickte er zurück. Mit Todt an der Spitze der FIA glaubte Montezemolo aber, dass alles auf Kurs gebracht werden kann - und zwar ohne die politischen Streitereien der vergangenen Jahre. "Zusammen mit Bernie bin ich der Älteste im Paddock und wir teilen eine ehrliche Leidenschaft. Jetzt beginnt für die FIA eine neue Ära, Gott sei Dank, auch wenn ich sagen muss, dass Mosley bei der Sicherheit prinzipiell gute Arbeit geleistet hat. Aber nach dem, was in den vergangenen beiden Jahren passiert ist, mit der Polemik, mit Hersteller-Ausstiegen, unvorhersehbaren Urteilen, Gott sei Dank gibt es nun frischen Wind."