Die Tifosi springen von den Sitzen. Michaels roter Ferrari hängt drei Runden lang im Getriebe von Jenson Buttons Honda. Dann geht er am Briten vorbei und macht sich sogleich auf die Jagd nach dem Führenden. Ab Runde 50 füllt der F2005 mit der Startnummer 1 den Rückspiegel von Fernando Alonso voll aus. Michael zuckt hier raus, probiert dort vorbeizugehen.

Die Fans sind von den letzten zwölf Runden des Rennens wie elektrisiert. Am Ende überquert Michael die Ziellinie gerade einmal zwei Zehntel nach dem Spanier. "Es gab einige Stellen, wo ich es hätte versuchen können, aber es hat nie gereicht", analysiert er seine Fahrt auf Platz 2, die er von der 13. Startposition beginnen musste.

Schumacher musste die Podestmomente 2005 genießen., Foto: Sutton
Schumacher musste die Podestmomente 2005 genießen., Foto: Sutton

"Alles, was ich machen konnte, als ich endlich hinter ihm war, war zu pushen und zu hoffen, dass er einen kleinen Fehler machen würde", so Michael. "Diesen Gefallen hat er mir nicht getan. Er hat nicht die kleinste Schwäche gezeigt. Aber es hat viel Spaß gemacht. Imola war das Highlight einer seltsamen Saison."

Einer Saison, in der Michael nur ein einziges Rennen gewinnt, das sich allerdings nicht unbedingt für die Kategorie Highlight qualifiziert. In Indianapolis stehen nur sechs Autos am Start. Die beiden Ferrari von Michael und seinem Teamkollegen Rubens Barrichello, die beiden Jordan und die beiden Minardi. Alle Michelin-Fahrer fahren nach der Einführungsrunde an die Box zurück - die Gefahr ist nach den Reifenschäden im Freien Training zu hoch. Michael siegt vor Barrichello und Tiago Monteiro.

Die Saison beginnt Ferrari, wie schon 2003 und 2004, mit dem Vorjahresauto. Der F2004 M wurde im Winter einer Radikalkur unterzogen. Die neuen Regeln sehen eine Beschneidung der Aerodynamik, Zweiwochenendmotoren und langlebige Reifen vor, die während des Rennens nicht gewechselt werden dürfen. Schon beim ersten Rennen des Jahres in Australien lernt Michael die Tücken dieses Reglements kennen. Nach einem verregneten Qualifying, einem Motorwechsel und der entsprechenden Strafversetzung startet er von ganz hinten. Die Zielflagge sieht er nach einer Kollision mit Nick Heidfeld nicht.

Auch in Malaysia läuft es nicht nach Plan, Platz 7 ist das höchste der Gefühle mit dem modifizierten Vorjahreswagen. Ein Jahr zuvor begann Michael die Saison mit fünf Siegen aus fünf Rennen. In dieser Saison hat er nach zwei Rennen gerade einmal zwei Punkte auf dem Konto. In Bahrain debütiert der neue F2005 früher als geplant, doch Michael fällt wegen eines Hydraulikproblems aus - zum ersten Mal seit Hockenheim 2001 wegen eines technischen Defekts.

Der einzige Saisonsieg gelang beim Skandalrennen in Indy., Foto: Sutton
Der einzige Saisonsieg gelang beim Skandalrennen in Indy., Foto: Sutton

Im Gegensatz zu den ungefährdeten Siegen der Saison 2004 muss Michael in diesem Jahr hart kämpfen, um Platzierungen und Punkte. Das muss aber nicht immer negativ sein. "Manchmal war es einfach nur toll", sagt er. "Wie in Monaco, das hat richtig Spaß gemacht. Natürlich will ich am liebsten um den Sieg kämpfen, aber ein guter Zweikampf ist nie schlecht."

Neben dem Sieg in Indianapolis fährt Michael in San Marino, Kanada und Ungarn als Zweiter aufs Podest. Aus den letzten zehn Rennen holt er 28 Punkte und sichert sich so den dritten Platz in der Fahrerweltmeisterschaft. "Auf eine gewisse Weise ist es wahr, dass dies die härteste Saison war, seit ich zu Ferrari gestoßen bin. Aber das stimmt nur, wenn man rein auf die Ergebnisse schaut - und das mache ich nicht."

Klar, habe er weniger Rennen gewonnen als in jeder anderen seiner Ferrari-Saisons, "aber wir hatten wirklich viel härtere Jahre - jene bevor ich zum ersten Mal die WM mit Ferrari gewonnen habe. Sie mögen aus Statistiksicht viel erfolgreicher gewesen sein, aber sie waren psychisch viel anstrengender." Also alles halb so schlimm.

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